Freitag, 31. Mai 2013

Gern gespielt im Mai 2013

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

HANABI: Wer denkt, nach 25 könne nichts mehr kommen, irrt. Abgesehen von den bunten Karten wäre da noch der neu entflammte Ehrgeiz, den Highscore mit sämtlichen Mitspielerzahlen zu schaffen.

QWIXX: Laminieren war auch keine gute Idee, weil nach x Partien inzwischen die Stifte leer sind. Also doch sechs Blöcke nachgekauft... von denen einer zwei bereits wieder futsch ist sind. (Update vom 08.06.2013)

RIALTO: Überraschend schön, mal wieder in Venedig zu sein!

POTATO MAN: Namenswettbewerb: Die blauen heißen inzwischen „Mister Jeans Potato“, die grünen „Miss Beach Potato“. Wie sollen die gelben und die roten Kartoffelcharaktere heißen?

DER HEIDELBÄR: Hat eigentlich schon mal jemand „Wetterhaini“ erfolgreich erklärt?

DIVINARE: Dauernd gewinnt dieser John-Paul Kramer. Vollkommen zu Recht wird in der Spielanleitung aufgezeigt, was für ein mieser Schuft er doch ist.


Donnerstag, 30. Mai 2013

Escape

Wenn in alten Tempeln Schätze gefunden werden, dann handelt es sich folgerichtig um alte Schätze? - Im Film mag dies so sein. Im Spiel ist es anders. Die Tempel sind hier im Ursprung leer. Erst die neuzeitlichen Eindringlinge sind es, die dort fette Klunker hinterlegen. Als eine Art Austrittsgeld.

Wie geht ESCAPE? Wir neuzeitlichen Eindringlinge spielen kooperativ. Jeder besitzt eine Figur und fünf Würfel. Alle würfeln ohne Rundenbegrenzung  nach eigenem Tempo und Ermessen. Um Tempel-Räume zu entdecken und die eigene Figur vorwärts zu ziehen, sind bestimmte Symbol-Kombinationen erforderlich. Die eingesetzten Würfel müssen anschließend neu geworfen werden. Alle anderen dürfen aufgespart oder ebenfalls neu gewürfelt werden – mit einer Ausnahme: Die schwarze Seite des Würfels ist verflucht. Solche Würfel müssen liegen bleiben. Erst mit einem gelben Symbol darf man bis zu zwei schwarze Würfel wieder befreien. Das gilt auch für Würfel eines Mitspielers, sofern sich beide Figuren in derselben Kammer befinden.
Team-Arbeit ist ebenso gefragt, wenn in den Räumen Edelsteine abgelegt werden sollen. Je mehr Edelsteine die Gruppe platziert, desto leichter gelingt im Finale die Flucht aus der Schlusskammer. Um Edelsteine abzulegen, sind bis zu zehn gleiche Symbole erforderlich. Das schafft kein Abenteurer allein.
Die Spieldauer von ESCAPE beträgt zehn Minuten. Eine CD mit Soundtrack misst die Zeit. Außerdem startet sie zweimal einen Countdown, vor dessen Ablauf die Spieler zurück zum Startpunkt eilen sollten. Wer das nicht schafft, verliert einen Würfel. Die Spieler gewinnen, wenn der Ausgang entdeckt wird, sich alle dort einfinden und genügend passende Symbole würfeln, um das Labyrinth rechtzeitig zu verlassen.

Was passiert? Mit normal (also: wenig) spielerfahrenen Menschen ist eine regelkonforme Partie ESCAPE fast unmöglich. Schwarze Würfel werden versehentlich neu gewürfelt; gelbe Symbole verschenkt, obwohl man nicht am selben Ort steht. Die ungewöhnlichen Abläufe provozieren überdies so viel Unverständnis („Was soll ich tun?“), dass man jedem Spieler einen Helfer an die Seite setzen müsste. Oder man spielt als Trockenübung erst mal eine angeleitete Zeitlupen-Partie.
Mit erfahrenen Spielern klappen die Abläufe auf Anhieb. Zwar treten auch hier Regelfehler auf, aber es hält sich im Rahmen. Die Würfelorgie ist eine Herausforderung mit manchmal sehr knappem Ausgang. Die Zeitnot sorgt für positiven Stress, dramatische Pannen und Adrenalin. Vor allem der Zwang, zwei Mal zum Ausgangspunkt zurückkehren zu müssen, ist eine tolle Idee, die die Spannung hochhält und für zugespitzte Situationen sorgt. Eine geübte Gruppe wird allerdings bald keine Schwierigkeiten mehr haben, außer die Würfel fallen katastrophal. Die enthaltenen Module bewahren den Spielspaß noch für ein paar Partien länger.

Was taugt es? Kooperation in Echtzeit und mit Würfeln: Das ist eine Kombination, die ESCAPE sehr innovativ macht. Mit vielen Testpersonen aus der Zielgruppe der Normalspieler habe ich allerdings Schiffbruch erlitten. Sie kommen einfach nicht klar oder finden das überwiegend solitäre Gewürfel reizlos. Dem Spiel liegt eine Sanduhr bei, um auch ohne CD-Player spielen zu können. Es hat sich aber herausgestellt, dass der Soundtrack entscheidend zum Erlebnis beiträgt.
Diese beiden Erfahrungen beschneiden die Einsatzmöglichkeiten von ESCAPE ziemlich. Ich sehe es inzwischen als originelles Zwischendurchspiel für eher erfahrene Spieler.
Die Entscheidungen beruhen auf Fragen wie: Soll ich einen gelben Würfel auf Vorrat liegen lassen? Breche ich den Versuch ab, viele rote Symbole zu würfeln, um erst mal meiner schwarzen Würfel Herr zu werden? Wesentlich entscheidender aber geht es um Tempo und schnelle Auffassung. Um dauerhaft in die ESCAPE-Welt eintreten und das System mit Erweiterungen vertiefen zu wollen, ist die Spielidee für mein Empfinden nicht groß genug.

ESCAPE von Kristian Amundsen Østby für einen bis fünf Spieler, Queen Games.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Rialto

Es gab mal eine Zeit, in der ich von Mehrheitenspielen begeistert war. Autor dieser Spiele war eigentlich immer... Moment mal, das stimmt überhaupt nicht! Vieles, was nach EL GRANDE kam, ging mir ziemlich auf den Keks. Alles in allem sind Mehrheiten wohl nicht mein liebstes Spielelement.
Das hat aber weniger mit den Mehrheiten an sich zu tun, sondern eher mit der Zähigkeit vieler Genrevertreter: Ich stelle Pöppel in ein Gebiet, dann stellt der Mitspieler Pöppel in dasselbe Gebiet, dann rüste ich nach, dann rüstet der Mitspieler nach, dann kommt ein Dritter und schmeißt Pöppel wieder heraus... gähn, schnarch, unspannend.

Wie geht RIALTO? Auch RIALTO ist ein Mehrheitenspiel, erspart uns aber langwieriges Hin und Her. Im ersten Durchgang werden Pöppel in Gebiet eins eingesetzt, im zweiten in Gebiet zwei und so weiter. Nach sechs Durchgängen ist Schluss. Wie viele Punkte die Gebiete zählen, klärt sich erst im Laufe der Partie. Wir verbinden die Stadtviertel mit Brücken und Gondeln, welche Zahlen zwischen eins und sechs tragen. Zu jedem Gebiet weisen am Schluss bis zu vier Zahlen. Ihre Summe ist der Punktwert für die Mehrheit dort.
Motor sind Karten. Sechs Sorten plus Joker gibt es. Jeder Spieler besitzt sieben Handkarten. Reihum werden die einzelnen Sorten abgefragt. Zunächst spielen alle Spieler Dogen-Karten, dann Gold-Karten, dann Gebäude-Karten und so weiter. Grundsätzlich bekommt man für jede gespielte Karte eine Gegenleistung. Wer die meisten Karten einer Sorte auslegt, bekommt obendrein ein Extra.
Dritte Zutat von RIALTO ist eine auf die Spitze getriebene Reihenfolge-Skala. Sie bestimmt nicht nur, in welcher Reihenfolge die Spieler aus mehreren offen liegenden Kartenpaketen ihr Blatt für den kommenden Durchgang wählen. Sondern sie entscheidet auch sämtliche Gleichstände. Und davon gibt es viele: sowohl beim Kartenausspielen als auch in der Mehrheitenabrechnung bei Spielende.

Was passiert? Sieben Handkarten klingen nach wenig Gestaltungsspielraum. Und die Tatsache, dass man zunächst acht bekommt und eine abwirft, ändert daran noch nichts. Aber es gibt ja noch die Gebäude. Sie werden mit Gebäude-Karten gebaut und erhöhen zum Beispiel das Handkartenlimit oder erlauben, Karten falscher Sorten auszuspielen. Jede Gebäudenutzung kostet allerdings Geld. Wer mit Gebäudemacht Zusatzkarten und Flexibilität einkauft, schafft sich den Zwang, ständig für Münznachschub sorgen zu müssen.
Der Ausspiel-Reigen ist sowohl spannend als auch interaktiv als auch taktisch und erinnert vom Spielgefühl an STRASBOURG: Um möglichst viel aus meinem Blatt herauszuholen, will ich hier und da Boni für die meisten gespielten Karten einer Sorte mitnehmen. Wann also zücke ich meine Joker? Und worauf spekuliert die Konkurrenz? Tja, und immer nur auf irgendwelche Boni zu spielen, funktioniert auch nicht, denn ich muss mich um stetigen Pöppelnachschub kümmern, brauche für meine Gebäude einen bestimmten Grundbestand an Münzen und so weiter.
Niemals kann man bei RIALTO alles in den Griff bekommen. Habe ich in einem Stadtteil die Pöppel-Mehrheit, wird es mir vermutlich nicht gelingen, dort auch noch lauter wertvolle Brücken anzulegen. RIALTO ist ein Mittelding aus Planen und Hoffen. Bei weniger Spielern etwas mehr Planung, in größerer Runde mehr Hoffnung.

Was taugt es? RIALTO bindet die Spieler ständig ein. Man ist an allen Fronten beschäftigt, das Timing beim Kartenausspiel sorgt für prickelnde Momente. Vor der ersten Partie gibt es zwar reichlich zu erklären, die Abläufe selbst erweisen sich als gut verzahnt und schlank, so dass RIALTO in knapp über einer Stunde gespielt ist, ohne dass die Spannungskurve abfällt.
Mehrere Male habe ich inzwischen erlebt, dass jemand gewann, ohne je einen Schritt auf der Reihenfolge-Skala zu machen. Einmal gewann einer, der insgesamt nur zwei Pöppel einsetzte. Dass jemand ohne Häuser gewinnen kann, glaube ich nicht, aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren. Auf jeden Fall läuft RIALTO nicht immer gleich ab und bietet Raum, verschiedene Vorgehensweisen und Gebäudekombinationen auszuprobieren. Den merklichen Glücksfaktor muss man aushalten können. Die Kartenhand gibt die Gestaltungsmöglichkeiten für den kommenden Durchgang recht deutlich vor.
Grafisch gefällt mir RIALTO mit einer Ausnahme: Die Zählleiste ist misslungen. Dass die Wertungssteine zwischen die Lichterpunkte gesetzt werden sollen, hat bislang noch fast jeden irritiert.

RIALTO von Stefan Feld für zwei bis fünf Spieler, Pegasus Spiele.

Samstag, 18. Mai 2013

Vor 20 Jahren (5): Tutanchamun

Bekanntermaßen hob die Jury Spiel des Jahres 2011 als dritten Hauptpreis das „Kennerspiel des Jahres“ aus der Taufe. Um den Journalisten diese Neuerung begreiflich zu machen, wurde während der Preisverleihung ein Aufklärungsfilm gezeigt, in dem unter anderem eine Spielrunde beim STRASBOURG-Spielen zu sehen war. An eine Szene erinnere ich mich noch bestens: Als einer der Protagonisten im Film sagte, er kaufe sich „für schlanke zwei Euro“ ein Feld und sei jetzt im Rat „der Schinkenkönig“, stöhnte ein zuschauender Verlagsmitarbeiter hörbar auf. „Euro“ und „Schinkenkönig“ wichen nämlich grob von den im Spiel verwendeten und vermutlich historisch wesentlich korrekteren Termini ab. Wieder einmal hatten sich Spieler als üble Banausen entlarvt.

Es ist paradox: Natürlich wünscht man sich als Spieler, dass Spiele historisch stimmen. Trotzdem sagt bei TUTANCHAMUN vermutlich nur eine Minderheit zur Alabasterflasche „Alabasterflasche“. Bei uns hieß das Ding kurz und prägnant „Knüppel“. Andere Plättchen hießen „Spießer“, „Grill“ und „Keksdose“. Es ging mit solchen Benennungen gar nicht darum, besonders witzig zu sein. Man wollte sich lediglich mit den anderen Spielern verständigen können. Ein Wortungetüm wie „Königskartusche“ hätte einen doch bloß in fragende Gesichter blicken lassen, bis irgendwann vielleicht einer drauf gekommen wäre: „Ähm, meinst du etwa die Keksdose...?“

Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass wir damals, 1993, in der angeblich guten, alten Zeit, noch die Muße besessen hätten, alle Spiele regelmäßig zu spielen, ohne dass Perlen unverdient in den Regalen versauerten. Es war aber nie so. Ab da, wo man anfing, überhaupt ein Bewusstsein für Spiele-Perlen zu entwickeln und regelmäßig Spiele zu erwerben, war man auch schon verdorben. Denn zugleich setzte die Angst ein, etwas eminent Wichtiges zu verpassen. Alles Unbekannte schien deshalb grundsätzlich interessanter als das Bekannte.

Und so wurde auch das gute TUTANCHAMUN im Laufe der Zeit durch anderes ersetzt und fing unverdient an zu verstauben. Am ersten Abend hätte ich das niemals für möglich gehalten. Ich erinnere mich, dass wir ununterbrochen eine Partie nach der anderen spielten. Wieder und wieder und wieder. In diesen Partien wurden auch die Benennungen für die Plättchen geboren. „Keksdose“ war übrigens gar nicht mein Favorit. Stattdessen versuchte ich, „Sardinenbüchse“ zu etablieren, was sich aber leider nicht durchsetzte. Wahrscheinlich hatte es zu viele Silben und ging deshalb nicht flüssig genug von den Lippen. Da hätte man ja gleich „Königskartusche“ sagen können.

Dienstag, 14. Mai 2013

Nieuw Amsterdam

Es gab mal eine Zeit, in der ich von Versteigerungsspielen begeistert war. Autor dieser Spiele war eigentlich immer Reiner Knizia, und er hatte es drauf, seine Spiele so zu verschlanken, dass alle Elemente dem zentralen Bietreigen zuarbeiteten. Auf diese Weise kitzelte der große Meister ein Maximum an Reiz aus den Auktionen heraus.
Auch in NIEUW AMSTERDAM ist die Versteigerung recht zentral, obendrein erzählt das Spiel sogar noch eine Geschichte. – Äh, eine was...? Also, das hätte es früher beim Knizia nicht gegeben!

Wie geht NIEUW AMSTERDAM? Es ist das Jahr 1621. Wir sind neu in Amerika, tauschen Felle mit den Indianern, erschließen Farmland und bauen eine Stadt, von der wir denken, dass sie Nieuw Amsterdam heißt. Irgendwann später kommen die Briten, nehmen uns alles weg und bringen das Kaff unter dem Namen New York ganz groß raus.
Versteigert werden in diesem Spiel die Aktionen. Drei Mini-Aktionen pro Zug hat jeder ohnehin. Zwei oder drei Hauptaktionen kommen hinzu, je nachdem welches der zufällig zusammengelosten Sets mit Aktions-Scheiben jemand ersteigert. Nachdem jeder ein Paket gekauft hat, werden die Aktionen der Reihe nach abgewickelt.
Zunächst die Stadt-Aktionen: Hier darf man entweder für Holz neue Häuser bauen oder Punkte für alle Stadtviertel kassieren, in denen man an der Häuser-Mehrheit beteiligt ist. Hat man zwei Stadtaktionen ergattert, kann man natürlich auch beides kombinieren. Die Häuser müssen allerdings mit Getreide ernährt werden, und das wiederum macht die Land-Aktionen attraktiv. Man nimmt sich entweder ein neues Landstück oder (sobald man dieses mit einer Mini-Aktion besiedelt hat) rodet es und erntet hier nun regelmäßig Korn. In der Handels-Aktion schließlich tauscht man entweder mit den Indianern Waren gegen Fell oder lädt die erworbenen Felle auf ein Schiff nach Europa. Das bringt Punkte und ein regelmäßiges Einkommen an Waren.

Was passiert? Zunächst herrscht Freude darüber, dass alles so gut ineinander greift. Bei fünf Spielern ergeben sich eher Mischstrategien. In kleiner Runde kommen häufiger Extrem-Spielweisen vor. Von Vorteil ist es natürlich, einen Bereich möglichst konkurrenzlos zu beackern. Ich habe Partien erlebt, die jemand gewann, ohne je ein Fell von den Indianern gekauft zu haben (allenfalls auf dem Schwarzmarkt). Das ist angesichts des Spielthemas zwar ein bisschen irritierend, dennoch erklärlich: Fortschreitende Arbeitsteilung macht es eben unnötig, dass jeder ins Indianerland reitet. Was die Gefühle für NIEUW AMSTERDAM letztlich bald abkühlt, ist das sehr rechnerische Spielgefühl.
Um ein sinnvolles Gebot abgeben zu können, muss man seine Spielzüge des gesamten Durchgangs vorab durchrechnen: Welche Miniaktionen werde ich machen? Was kommt an Geld und Getreide rein? Wie hoch kann ich demnach maximal bieten? Je mehr Mitspieler, desto länger zieht sich dieser Prozess hin. Erhalte ich nämlich nicht den Zuschlag, muss ich auf andere Aktionsmarken bieten, wodurch sich meine Spielzugplanung verändert und ich von vorne losrechnen kann. Wer sich da einmal grob vertut, fällt weit zurück. Und weil am Schluss alle Ressourcen noch Punkte zählen, könnte man in der letzten Versteigerung sogar alle Möglichkeiten für alle Spieler in sein Gebot einkalkulieren.

Was taugt es? NIEUW AMSTERDAM ist thematisch stimmig. Je weiter sich die Weißen ausbreiten, desto mehr ziehen sich die Indianer zurück, und der Handel mit ihnen erschwert sich. Das ist fein umgesetzt... auch wenn es sich in keiner meiner Partien spürbar ausgewirkt hätte. Angetan bin ich auch von der Spielregel, geradezu begeistert von der funktionalen, fast selbst erklärenden Spielplangrafik. Die Versteigerungen dagegen reizen mich nicht.

NIEUW AMSTERDAM von Jeffrey D. Allers für zwei bis fünf Spieler, White Goblin Games.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Die Tasse zum Jubiläum

Wie bereits gemeldet, feiert REZENSIONEN FÜR MILLIONEN sein 5-jähriges Bestehen. Gestern trafen in der Redaktion auch endlich die überfälligen Geschenke ein. Oder zumindest das erste: ein exklusives einteiliges Geschirr-Set mit Jubiläumsaufdruck. Man sagte mir, das Bild enthalte ein Wortspiel [können Bilder Wortspiele enthalten?], und obwohl auf der Hand lag, dass es irgendwas mit der Wäscheleine und der Wäscheklammer zu tun haben müsse, kam ich nicht drauf...

Dienstag, 7. Mai 2013

Dicht dran

Jeder hat so seine Traumata: Ich jedenfalls fühle mich bei der Kartenauslage von DICHT DRAN sofort an einen Stuhlkreis erinnert. Das ist eine Sozialform im Unterricht, bei der man viel besser miteinander ins Gespräch kommt als in der frontalen Sitzordnung. Theoretisch.
Praktisch besteht das Problem, dass der doofe Lehrer sowieso nur über Sachen quatschen will, die mit Unterricht zu tun haben. Und deshalb finden Schüler Stuhlkreise einfach nur lästig.
Was viele nicht wissen (weil ich ja nicht so bekloppt bin, es einfach auszuplaudern): Ich war mal Lehrer. Und um Lehrer zu werden, habe ich natürlich auch ein Referendariat gemacht. Das Schönste damals waren die Unterrichtsbesuche. Dort konnte man unter Beweis stellen, wie sehr man es pädagogisch drauf hatte. Mit meinen Stuhlkreisen war ich ganz weit vorn.

Wie geht DICHT DRAN? So, Leute, jetzt machen wir erst mal einen Kartenkreis! Sechs Zahlenkarten mit Werten zwischen 1 und 100 liegen so, dass sie total gut miteinander ins Gespräch kommen. Eine Karte wird in die Mitte geschoben und ist nun die „Zielkarte“ (im Bild die 100). Jeder Spieler wählt eine der anfangs acht Karten aus seiner Hand; alle decken simultan auf. Wer am dichtesten an der 100 ist, gewinnt die darauf abgebildeten Knallschoten als Pluspunkte und ersetzt die 100 durch die eigene Karte.
Für alle anderen geht es nun nur noch darum, wessen Kartenwert in die „Lücke“ passt. Im Beispiel liegt die Lücke zwischen 41 und 89, also den ehemaligen Nachbarn der in die Mitte geschobenen „Zielkarte“. Wer die Lücke nicht getroffen hat, muss zur Strafe so viele Karten nachziehen, wie seine gespielte Karte Schoten zeigt. Hat jemand sein Blatt komplett runtergespielt, zählen alle auf der Hand verbliebenen Schoten minus.

Was passiert? Man spielt mitnichten bloß eine Karte und guckt, was passiert, sondern darf sich durchaus Gedanken dazu machen: Spekuliere ich auf die Zielkarte oder bleibe ich sicherheitshalber in der Lücke? Besitze ich eine 95, ist die Chance, der 100 am nächsten zu kommen, gar nicht so schlecht. Bin ich jedoch nicht der Glückliche, verfehle ich die Lücke und muss eklige drei Karten nachziehen.
Da immer die im Uhrzeigersinn nächste Karte zur Zielkarte wird (im Beispiel würde die Gewinnerkarte aus der Mitte herausrutschen und die 41 hinein), kann man in etwa abschätzen, in welchen Zahlenbereichen sich künftige Lücken befinden, und passende Karten aufbewahren.
Zweifelsohne ist aber auch viel Glück im Spiel. Manchmal verliert man, obwohl man nur einen Punkt vom Zielwert entfernt ist (bei Gleichstand gewinnt die höhere Karte), manchmal gewinnt man völlig überraschend trotz 25 Punkten Abstand. Das allerdings sorgt auch immer wieder für ein großes Hallo am Tisch.

Was taugt es? Das Spielgefühl von DICHT DRAN erinnert an 6 NIMMT! Was durchaus als Kompliment aufgefasst werden kann. Bliebe allerdings zu klären, ob DICHT DRAN an 6 NIMMT! womöglich zu dicht dran ist. Das wiederum finde ich nicht. Schließlich geht es nicht nur um Minuspunktvermeidung. Der Reiz von DICHT DRAN liegt im Zocken: Kann ich Pluspunkte kriegen oder halte ich den Ball lieber flach?
DICHT DRAN ist ein weiterer gelungener Vertreter des Genres flotter, vergnüglicher Spiele mit verdeckten Kartengeboten. Man macht mit diesem Spiel nichts falsch. Allerdings ist DICHT DRAN wahrlich nicht das erste Spiel seiner Gattung. Und es kann zu Situationen kommen, wo es im Spielgebälk etwas knarrt. Liegt der Zielwert zu oft im Bereich der Lücke, verläuft der Zock schon weniger spannend. Und gegen Rundenende schränken sich die Wahlmöglichkeiten naturgemäß ein. Passt die letzte Karte nicht in die Lücke, muss nachgezogen werden. Fortan regiert ausschließlich das Schicksal: Passt die nachgezogene Karte in die nächste Lücke? - Falls nein: Zeigt sie womöglich drei Schoten und man muss nun gleich drei Karten nachziehen? - Falls ja: Ist etwa genau jetzt Schluss und man hat sich soeben eine Hucke voller Minuspunkte aufgeladen? - Falls wieder ja: Das ist ein Thema, über das ich gerne reden würde. Stuhlkreis!

DICHT DRAN von Reinhard Staupe für drei bis fünf Spieler, NSV.

Sonntag, 5. Mai 2013

5 Jahre Rezensionen für Millionen

Hurra! Jubiläum!

Am 5. Mai 2008 ging REZENSIONEN FÜR MILLIONEN online. Schon längere Zeit vorher hegte ich den Wunsch nach einer eigenen Internet-Dependence. Aber erst, nachdem sich Dienste wie Blogger durchsetzten, die mir die Beschäftigung mit technischen Aspekten komplett abnahmen, tat ich tatsächlich diesen Schritt.

Texte kostenlos anzubieten ist paradox für jemanden, der mit seinen Artikeln an anderer Stelle Geld verdienen möchte. Schließlich gehören Kostenlosinformationen zu den Faktoren, die dem Printjournalismus das Wasser abgraben. Die Folgen zeigen sich auch bei der Spielkritik: Print-Kolumnen, in denen man Spiele wie Bücher, CDs oder Filme völlig selbstverständlich mal positiv und mal negativ besprechen darf, sind rar geworden. Überwiegend wünschen die Redaktionen Spiele-Empfehlungen. Am liebsten noch kombiniert mit Verlosungsaktionen, gesponsert von den Verlagen.

Die eigentliche Spielkritik findet fast nur noch im Internet und in Fachzeitschriften statt. Im Internet nicht zu publizieren, würde für mich bedeuten, über so manches Spiel gar nicht schreiben zu können, weil es an anderen Publikationsorten durchs Raster fällt. Und das ist ein unbefriedigender Zustand für jemanden, der sich als Spielekritiker versteht.

Trotzdem will mir selber möglichst wenig Konkurrenz machen und achte darauf, dass sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN von meinen Printtexten deutlich unterscheidet. Und das soll auch so bleiben, weshalb REZENSIONEN FÜR MILLIONEN gewissen Limitierungen unterliegt:

  • Ich bespreche im Blog keine Spiele, die ich in der spielbox bespreche. Und ich wähle einen anderen, eher kurzen und knappen Besprechungs-Stil. Meinen spielbox-Stil kann man mögen oder nicht: Aber in solchen Texten steckt zu viel Arbeit, als dass ich sie kostenlos ins Netz stellen würde.
  • Ich schreibe fürs Blog keine Reportagen, Geschichten oder Hintergründe.

Andererseits ergeben sich Freiheiten:

REZENSIONEN FÜR MILLIONEN ist ein reines Hobbyprojekt, das nur läuft, soweit es meine Zeit zulässt. Andere Dinge haben Vorrang; deshalb gibt es immer mal Phasen, in denen ich das Blog schleifen lasse oder optimistisch gestartete Serien wieder aus den Augen verliere.
Doch immerhin fünf Jahre habe ich nun schon durchgehalten. Und ich gehe davon aus, dass es noch weitere fünf werden. Schließlich bin ich ja viel zu gespannt, welches Ziel ich zuerst erreiche: eine Million Leser oder eine Million Euro?