Die Lichtgestalten in NATIONS – THE DICE GAME heißen Sun Tzu, Montezuma, Elisabeth und so weiter. Die großartigsten Bauwerke sind die Hängenden Gärten, Taj Mahal und der Suezkanal. Wo sind Franz Beckenbauer und Helene Fischer? Was ist mit der Berliner Mauer und dem Ihme-Zentrum in Hannover? Da ist man zum vierten Mal Weltmeister und wird trotzdem so brutal unterbewertet!
Wie geht NATIONS – THE DICE GAME?
Wir würfeln. Zunächst mit fünf Würfeln, weitere kann man sich im Laufe des Spiels hinzuverdienen. Die Würfel tragen verschiedene Symbole: Bücher beispielsweise sammelt man das gesamte Spiel über, und nach jeder der vier Epochen erfolgt eine Mehrheits-Wertung. Gold wird benötigt um Fortschrittsplättchen zu kaufen, die es in mehreren Sorten gibt: „Entwicklungen“ bringen Würfel mit mehr Symbolen. „Weltwunder“ müssen mit erwürfelten Stein-Symbolen noch aktiviert werden, dann bringen sie Punkte und eventuell Symbol-Chips. „Kolonien“ bringen ebenfalls Chips, werden aber nicht mit Gold, sondern mit Schwertern erworben.
Das Schöne ist: Es wird gleichzeitig gewürfelt. Reihum setzt dann jeder einen oder mehrere Würfel für den Plättchenkauf oder den Bau eines Weltwunders ein. Oder er würfelt neu, falls er noch einen Chip besitzt, der das erlaubt.
Am Ende der Epoche punkten nicht nur die Bücher. Wer eine bestimmte Menge „Nahrung“ und „Schwerter“ besitzt, erhält einen Bonus. Nach vier Epochen ist schon Schluss. In Spieldauer und Komplexitätsgrad unterscheidet sich das Würfelspiel dramatisch vom Brettspiel.
Was passiert? Niemand muss lange warten. Alle Aktionen sind schnell abgehandelt. Es lässt sich zudem leicht überblicken, was die anderen Spieler können und was sie nicht können. Denn wer neu würfelt, setzt sein Würfelergebnis erst eine Runde später ein. Die wesentliche taktische Option besteht in der Abschätzung, welche Aktion ich sofort ausführen sollte und welche noch warten kann.
Die Spieler spezialisieren sich: Hinzugewonnene gelbe Würfel bringen tendenziell mehr Gold, rote bringen mehr Schwerter, blaue mehr Steine und Bücher. Tatsächlich können sich Siegpunkte über sehr verschiedene Wege ansammeln, beispielsweise allein zehn über Nahrung (und zehn sind viel, denn mit einem Endergebnis in den hohen Zwanzigern ist man üblicherweise schon gut dabei). Aber einplanen kann man das nicht.
Erst zu Beginn einer Epoche erfahre ich, wie viel Nahrung ich sammeln muss, um Punkte zu erhalten. Und erst im Laufe der Partie erfahre ich, ob Chips ins Spiel kommen, die mir permanent Nahrung bringen. Und ob ich Nahrung würfle, muss sich ebenfalls noch herausstellen. Kurzum: Die verschiedenen Wege sind keine Strategien, die man sich zu Spielbeginn vornehmen kann. Der Zufall ist es, der einen in bestimmte Richtungen schubst.
Der sicherste Weg lautet deshalb: Hole dir viele Würfel! Je mehr Würfel jemand hat, desto flexibler kann er auf alles reagieren und überall mitmischen. Mehr Symbole zu würfeln, bedeutet mehr Aktionen durchführen zu können. Langfristig zahlt sich das aus.
Ich habe Partien erlebt, in denen der in der Sitzreihenfolge Dritte oder Vierte ziemlich schnell abgemeldet war, weil er es nicht geschafft hat, nennenswert Würfel zu bekommen. Nicht zwangsläufig muss es dazu kommen; es hängt auch immer von der Startauslage und den Würfelergebnissen ab. Dennoch stört mich die Dominanz der Viele-Würfel-Strategie. Sie wirft einen Schatten auf das ansonsten so stimmig wirkende Konzept.
Was taugt es? NATIONS – THE DICE GAME bricht
NATIONS gut herunter. Überraschend viele Elemente des Brettspiels bleiben erhalten oder werden zumindest zitiert. Das Würfelspiel hat einen angenehmen Rhythmus, es sind Entscheidungen zu treffen, es ergeben sich sogar die würfelspieltypischen Emotionen. Allerdings wurde ein bisschen zu viel Substanz weggedampft. Große Abwechslung bieten die Partien nicht.
NATIONS – THE DICE GAME von Rustan Håkansson für einen bis vier Spieler, lautapelit.fi.