AC/DC oder KISS? Bayern oder HSV? – In meiner Jugend musste jeder Farbe bekennen, und den weiteren Umgang miteinander hat dies sehr vereinfacht. Mit Leuten, die die falschen Antworten gaben, war man fertig.
Rund 30 Jahre später. Dieselbe Situation, nur ein anderer Fragentext: „Nun sag, wie hast du’s mit dem PANTHEON? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.“
So mutmaßt das Gretchen, und ich frage mich, wie sie auf diesen Unfug kommt. Mensch, Mädel, denk mal nach! PANTHEON war bereits zwei Mal auf meiner „Gern gespielt“-Liste. Da sollte der Fall wohl klar sein.
Wie geht PANTHEON? PANTHEON spielt in der Antike und schon damals ging’s um Punkte. Die gibt es, wenn man (mit Opferkarten) Götter anwirbt. Oder wenn man (mit Bewegungskarten) auf dem Spielplan herummarschiert und Säulen aufstellt. Nützlich sind in beiden Fällen auch Geldkarten. Damit kauft man einerseits Opfer-Plättchen, die Götteranwerbungen verbilligen; andererseits kauft man Nachschub-Säulen aus dem Bankvorrat.
Aber die Sache ist noch verwobener. Götter bringen neben Punkten auch Vorteile für das weitere Spiel. Und diese Vorteile können sich nun durchaus positiv aufs Bewegen ausüben. Und genauso geht es beim Bewegen nicht nur um den Säulenbau. Man sammelt unterwegs Beuteplättchen ein, die ebenfalls Vorteile für dies und das bringen.
PANTHEON ist ein kartengesteuertes Spiel. Entweder man nimmt neue Karten oder man spielt welche derselben Gattung aus, um zu opfern, zu bewegen oder einzukaufen. Wesentlich dabei ist das Timing: Jede der sechs Epochen endet, wenn entweder alle Götter oder alle Beuteplättchen genommen wurden. Es ist weder gut, zu viele Handkarten mit in die nächste Epoche zu schleppen (zweimal pro Spiel kann eine Ereigniskarte dies bestrafen), noch ist es gut, das vorhandene Bau-Material nicht auszunutzen.
Was passiert? PANTHEON kommt schnell zur Sache. Bis zu den ersten Erfolgserlebnissen dauert es selten lange; eine Beute oder ein Gott sind rasch erobert. Aber auch bis zu den ersten Misserfolgserlebnissen dauert es selten lange. Aus Verzweiflung, weil nichts passen will, zieht jemand viele Karten nach, prompt folgt jenes Ereignis, das die Kartenhand auf sieben reduziert. Haha. Als besonders spaßig empfindet man in solchen Situationen, dass die Hände derer, die ihre Karten gut nutzen und wegspielen konnten, gleichzeitig auf sieben aufgefüllt werden!!
PANTHEON ist voll von solchen und anderen Ungerechtigkeiten. Sie sind so dermaßen offensichtlich, dass klare designerische Absicht dahinter stecken muss. Für ein 90-Minuten-Spiel ist der Schicksals-Anteil ungewöhnlich stark. Ich kann es niemandem verdenken, wenn er das nicht mag.
Was taugt es? Ich empfinde PANTHEON als spannend. Obwohl ich bei Halbzeit schon mehrmals (und zu Recht) den Eindruck hatte, der Zug sei für mich abgefahren, bleibe ich emotional involviert: Kann ich es mir erlauben, noch mal Karten zu ziehen, um den besten Gott abzugreifen? Oder ist der sowieso längst verkauft, bis ich wieder an die Reihe komme? Muss ich die Bewegungs-Aktion selber auslösen oder tut mir wer anders den Gefallen? PANTHEON arbeitet nicht nacheinander Phasen ab, PANTHEON hat einen Rhythmus. Wer im richtigen Rhythmus ist oder anderen gar den Rhythmus diktieren kann, steht gut da.
Götter- und Plättchen-Boni, die man in den ersten Runden abfischt, sollten die taktische Marschroute vorgeben. Die Frage ist, ob es gelingt und ob es die Karten erlauben, Theorie auch in Praxis umzusetzen. PANTHEON kann von Partie zu Partie sehr unterschiedlich verlaufen. Gemessen an dem, was aktuell in ist, fühlt es sich reichlich wild und ungezügelt an.
PANTHEON von Michael Tummelhofer für zwei bis vier Spieler, Hans im Glück.