Sollte ich eines Tages das Rezensieren wegen Erfolglosigkeit aufgeben müssen, werde ich ganz sicher nicht bei Verlagen als Regeleinleitungs-Schreiber unterkommen. Meine Einleitung zu KALIMAMBO lautete nämlich so: „Wir laufen mit unseren Figuren immer im Kreis, werden dabei vom Nashorn gerammt und treten in Elefantenhaufen. Juhu! Los geht’s!“
Was fehlt meiner Geschichte? Ein tieferer Sinn! Wohl niemand würde zu einem Spiel greifen, bei dem einfach nur so im Kreis herumgelaufen wird und ein Nashorn bloß zum Spaß attackiert. Solche Sachen müssen erklärt werden, und Zoch zeigt, wie es geht.
Erstens: Thematisieren! Figuren sind keine „Figuren“, sondern „Forscher“.
Zweitens: Personalisieren! Die Forscher „ahnen nicht, dass Kali der beste Freund von Mambo ist und...“ stopp, kurz zum Mitnotieren: „Mambo“ ist das Nashorn und „Kali“ ist ein weiteres Tier, das ich in meinem Vereinfachungswahn glatt unterschlagen habe, „eine neu entdeckte Spezies“ gar. Zugegeben: In GULO GULO hatte Kali auch schon einen Auftritt, aber, äh, das geschah unter anderem Namen und tut jetzt auch gar nichts zur Sache.
Drittens: Fabulieren! Wie gesagt, ahnen die Forscher nicht, dass Kali der beste Freund von Mambo ist und... „beide im African Animal Football Club spielen. Ausgerechnet heute trainieren sie für den Super Coconut Bowl. Kurzerhand erklären sie die Forscher zu ihren Dummys.“
Alles klar?
Wie geht KALIMAMBO? Wir laufen mit unseren Figuren im Kreis. Auf jedes Feld passt nur eine Figur. Wer zieht, zieht grundsätzlich an die Spitze, also genau auf das Feld vor den Vordersten.
Jeder besitzt ein Karten-Set mit Werten von null bis elf. Gleichzeitig und geheim wählt jeder eine davon. Nach dem Aufdecken ziehen die Spieler in absteigender Reihenfolge ihrer gewählten Zahlen. Bei gleichen Zahlen zieht nur der hinterste Spieler. Jemand mit einer Null zieht niemals. Sind alle zwölf Karten durchgespielt, endet die Partie, und der mit den wenigsten Minuspunkten gewinnt.
Minuspunkte?! Ach ja. Auf einigen Feldern liegt ein Kacke-Haufen. Wer dort hineinspringt, bekommt drei Negativzähler aufgebrummt. Und dann gibt es ja noch Mambo, das total verrückte African-Football-Nashorn, das stets im Rücken der Figurenschlange lauert. Sobald der direkt vor dem Nashorn stehende Forscher sein Feld verlässt, rennt das Tier los und rammt die nächste Figur. Deren Besitzer kassiert so viele Minuspunkte wie das Nashorn Felder gelaufen ist.
KALIMAMBO ist also ein weiteres dieser vielen Spiele, in denen man simultan eine Karte wählt und guckt, was passiert. Man darf sich einbilden, Einfluss zu besitzen. Vermutlich hat man aber keinen. Zu viele Faktoren sind unvorhersehbar. Selbst wenn die anderen Spieler halbwegs berechenbar agieren, macht spätestens Kalis Mitwirken alles zunichte. Denn auch Kali spielt mit eigenem Kartensatz. Für ihn wird jede Runde eine zufällige Zahl aufgedeckt.
Was passiert? Typische Situation 1: Ich spiele eine hohe Karte, um früh nach vorne zu ziehen und nähere Bekanntschaft mit dem Nashorn zu vermeiden. Jemand Hinteres denkt sich das auch und spielt dieselbe Zahl. Er darf voran, ich nicht. Er empfindet Spaß, ich empfinde Schmerz im Hinterteil.
Typische Situation 2: Jetzt bin ich schlauer. Ich stehe selber vor dem Nashorn. Indem ich mich wegbewege, lasse ich das Monstrum auf die anderen Spieler los, hihi. Um sowohl den Schaden als auch meine Schadenfreude zu maximieren, sitze ich die Sache längstmöglich aus. Ich wähle also eine niedrige Zahl, übersehe dabei, dass ich in den Scheißhaufen springe, egal, shit happens, das Nashorn rennt los, rammt Kali, und – oweh! – wann immer Kali Minuspunkte bekommen würde, bekommt sie der Spieler mit der kleinsten Zahl. Und das bin ich...
Was taugt es? Ja, es gibt bereits ähnliche Spiele. KALIMAMBO aber besitzt Vorzüge, die es aus diesem ohnehin schon lustigen Genre als noch lustiger herausheben: KALIMAMBO ist wunderbar konkret. Man latscht in die Kacke, man wird vom Nashorn aufgespießt. Diese Vorstellung animiert zu vielen Kommentaren, Geräuschen und Geschrei. Und gerade weil die Figuren-Polonaise ein klein wenig komplex ist, ergeben sich Kettenzüge, deren Ausgang man zu Beginn der Auswertung noch gar nicht vollständig erfasst. KALIMAMBO überrascht, und Überraschung lässt die Spieler lachen.
Manche zumindest. Ich muss zugeben, dass nicht alle so begeistert sind wie ich. Einige stufen KALIMAMBO als nicht weiter ernst zu nehmendes Spiel für Kinder ein. Oder gar als Spiel für betrunkene Kinder. Daran bin ich wohl nicht ganz unschuldig. Beim Erklären lasse ich nämlich den African Animal Football Club und den Super Coconut Bowl gänzlich unerwähnt und suggeriere, wir würden einfach nur so im Kreis herumlaufen und bloß zum Spaß Minuspunkte kassieren!
KALIMAMBO von Antonio Scrittore für drei bis sieben Spieler, Zoch.