Freitag, 31. Oktober 2008

Gern gespielt im Oktober 2008

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

RACE FOR THE GALAXY - AUFZIEHENDER STURM: Och nö! Musste das sein? Die Krankenkasse verweigert bereits ihre Kostenbeteiligung an meiner AGRICOLA-Therapie. Und jetzt noch das hier!

FAUNA: Wird auch auf Dauer kein bisschen langweiliger. Und es ist tatsächlich möglich, bei einem bekloppten Vogel, der in 35 Gebieten wohnt, vier Steine zu verlieren! Vier! VIER!!!



DER NAME DER ROSE: Verdächtige gibt es ja genug. Aber wo sind eigentlich die Leichen?




DIAMONDS CLUB: Vom Titel her war meine erste Assoziation MISTER DIAMOND aus demselben Verlag. Also: Plastik und Sodbrennen. Glücklicherweise habe ich mich getäuscht.


DOMINION: Und hier kommt bereits das Gegenmittel für RACE FOR THE GALAXY-Süchtige. Aber die Nebenwirkungen... oh, oh, oh! Fragen Sie dazu bitte Ihren Arzt oder Apotheker oder lesen Sie die nächste Spielbox.


PANDEMIE: Also, wenn sich die Menschheit nicht retten lassen will, kann ich auch nichts dafür!




Montag, 27. Oktober 2008

Zurück aus Essen... schön war´s!


DANKE...

  • an die vier fünf bis sieben acht REZENSIONEN FÜR MILLIONEN-Leser für ihre lobenden Äußerungen über dieses Blog
  • an Florian für sein Weingummi und sein Spiel
  • an die koreanischen Verlage für ihre Spiele
  • an die japanischen Verlage für ihre Spiele
  • an Fritz für ganz viel
  • an Matthias für den Tee und so weiter
  • an Jochen für die Unterweisung in punktgenauen Applaus
  • an die Fairplayer für Spott, Häme und gepflegte Beleidigungen ;-)
  • an meine lieben Mitspieler bei DIE 3 GEBOTE, ebenfalls für Spott, Häme und gepflegte Beleidigungen
  • an meine lieben Mitspieler am Freitag für die vernichtende Niederlage bei DER NAME DER ROSE, grrr!
  • an Karen und Andreas für die Revanche bei DOMINION
  • an alle für die vielen interessanten Gespräche und Begegnungen

Shanghaien

Schon so mancher Matrose wollte nur einen Schluck trinken und wachte am nächsten Morgen mit dröhnendem Schädel an Bord eines Seelenverkäufers wieder auf. An den Vorabend erinnert er sich nur noch dunkel: Kam da nicht ein geheimnisvoller Fremder an den Tisch und zog rote und blaue Würfel aus der Tasche...?

Wie geht SHANGHAIEN? Wir sammeln Piratenkarten in acht verschiedenen Farben. Wer in einer Farbe den höheren Gesamtwert ergattert, erhält den Kartenwert des Gegenspielers als Punkte. Ein imponierendes 12:1 bringt also jämmerlich wenig; ein 7:6 wäre optimal.
Jede Runde deckt man sechs Karten vom Stapel auf und bildet damit zwischen den beiden Spielern eine Reihe. Um diese Karten wird geknobelt. Wer am Zug ist, würfelt zwei Würfel und legt genau einen davon an einer der Karten an. Allerdings nicht willkürlich. Eine Eins gehört an die erste Karte, eine Zwei an die zweite usw. Ob diese Ordnung von links nach rechts oder von rechts nach links gelten soll, bestimmt der erste Spieler im Moment des Anlegens.
Statt zu würfeln kann man auch eine Auswertung verlangen. Wer mehr Würfel an einer Karte liegen hat, gewinnt sie jetzt. Bei Gleichstand gewinnt, wer höhere Augenzahlen an den beiden Nachbarkarten platzieren konnte.

Was passiert? Man würfelt. Erzielt man dabei einen Pasch, gibt es nichts weiter nachzudenken. Und erzielt man keinen Pasch, kommt man nach kurzem Nachdenken zu der Erkenntnis, dass es eigentlich immer noch nichts nachzudenken gibt. Fast immer ist offensichtlich, welcher der beiden Würfel angelegt werden sollte. Ähnlich offensichtlich ist der Zeitpunkt für eine Auswertung. Natürlich werte ich nur, sofern ich einen deutlichen Vorteil davon habe (indem ich beispielsweise eine Karte mehr erobere). Risikoabwägung oder Zocken kann man sich sparen.

Was taugt es? Für die Pfiffigkeit des Wertungsmechanismus vergebe ich gerne einen Extra-Stern. Den restlichen Spielablauf aber finde ich schlichtweg belanglos. Wenn mich jemand schanghaien möchte, möge er dies doch bitte nach der klassischen Methode mit ganz viel Rum erledigen.

SHANGHAIEN von Roman Pelek und Michael Schacht für zwei Spieler, Abacusspiele.

Samstag, 18. Oktober 2008

Nofretete

Schon wieder sind es die Frauen, die uns zu Höchstleistungen anspornen. Peitschten wir neulich noch wegen ein paar Grünpflanzen (und wegen Amyitis) unsere Kamele von Stadt zu Stadt, so hetzen wir nun (oder eher: unsere Sklaven) für Nofretete umher, um die tollsten Geschenke einzukaufen: Spiegel, Schmuck und Brettspiele... was eine junge Dame eben so braucht.

Wie geht NOFRETETE? Geschenk-Karten in acht verschiedenen Sorten bringen Punkte. Und zwar pro Stück umso mehr, je weniger Spieler Geschenke dieser Art besitzen. Es lohnt sich also, die einzelnen Sorten möglichst exklusiv zu sammeln. Königliche Siegel lohnen sich ebenfalls, denn sie ermöglichen eine Aktion außer der Reihe, zum Beispiel einen Kartentausch oder eine vorzeitige Punktwertung.
Sowohl Siegel als auch Karten bekommt man auf den acht Märkten. Immer nur drei der Märkte sind gleichzeitig geöffnet. Wer am Zug ist, setzt auf einem der nummerierten Gebotsfelder eine Figur ein. Die Höhe des Feldes ist zugleich der zu zahlende Preis.
An jedem Markt gilt eine andere Bedingung, wie eine Abrechnung ausgelöst wird. Mal müssen Figuren von drei verschiedenen Spielern anwesend sein, mal muss die Summe der Gebote mindestens 17 betragen. Wer das Höchstgebot macht, hat den ersten Zugriff. Das Geld wird nicht etwa in die Bank gezahlt, sondern in den Markt. Die unterlegenen Bieter können statt eine Karte zu kaufen auch immer die Hälfte des vorhandenen Geldes nehmen.

Was passiert? Auf Märkten, wo man eine bestimmte Karte anpeilt (beliebt ist insbesondere die mit dem Siegel als Dreingabe), geht man auf teure Felder; bei weniger wichtigen Märkten, versucht man entweder ein günstiges Schnäppchen zu machen oder die Hälfte der Kasse einzusacken. Oder man kombiniert zwei Anliegen und gibt sowohl das höchste als auch das zweithöchste Gebot ab, um erst die Wunschkarte zu bekommen und anschließend die Hälfte des Geldes zurückzunehmen.
Der einzelne Spielzug bei NOFRETETE geht sehr flott, und eine Marktabrechnung kommt auch oft schneller als einem lieb ist. Im Extremfall genügt dafür ein einziges Gebot. Der Regelfall sind drei bis vier eingesetzte Figuren, so dass man meist nur mit einer Figur involviert ist, auf manchen Märkten auch gar nicht.

Was taugt es? NOFRETETE enthält zahlreiche Mechanismen (acht verschiedene Marktgesetze, sieben Einsetzmöglichkeiten für Siegel), die nicht unbedingt kompliziert zu erlernen sind, doch auf mich eher dekorativ wirken. Spieltiefe erzeugen sie weniger. Womit nicht behauptet werden soll, NOFRETETE sei untaktisch oder beliebig. Der Kritikpunkt ist ein anderer: Die Spieler bedienen einen Regel-Apparat, der größer ist als das eigentliche Spielobjekt. Viel Spielzeit erschöpft sich darin, bloß Mechanismen auszuführen.
Hinzu kommt, dass die Grund-Idee des Exklusiv-Sammelns offenbar nicht über die gesamte Partie hinweg trägt, weshalb überhaupt erst Siegel her müssen, um mittels Zwischenwertungen am Mechanismus herumzureparieren.
Und auch das Spielende überzeugt mich nicht. Mehrfach habe ich erlebt, dass ein Spieler mangels anderer freier Felder im letzten verbliebenen Markt das Höchstgebot angeben musste, ohne dass er das Geld dafür besaß (Strafe: Verlust einer Geschenk-Karte). Man kann darüber streiten, ob das ein Fehler des Spielers oder des Spiels ist. Mich hat´s – auch als Nicht-Betroffener – jedes Mal gestört.

NOFRETETE von Jacques Bariot, Thomas Cauet und Guillaume Montiage für drei bis vier Spieler, Matagot.

Freitag, 10. Oktober 2008

El Capitan

Dass Wolfgang Kramer inzwischen häufiger ältere Werke überarbeitet, erfüllt mich mit einer gewissen Hoffnung. Hoffnung darauf nämlich, dass irgendwann DER GROSSE GALLIER an der Reihe ist. Dessen Lügen-Mechanismus finde ich nach wie vor toll. Grafisch allerdings war das Spiel völlig verhunzt. Wie übrigens auch TYCOON, der Vorgänger von EL CAPITAN. Und betrachtet man nun den Nachfolger, muss man anerkennend nicken: Jawoll, bereits dafür hat es sich gelohnt!

Wie geht EL CAPITAN? EL CAPITAN ist ein Mehrheitenspiel. In neun Städten wetteifern die Spieler darum, die meisten Warenhäuser zu besitzen. Aber...
Erstens: Häuser darf nur bauen, wer mit seinem Schiff vor Ort ist. Und um von Stadt zu Stadt zu gelangen, benötigt man Reisekarten. Die kosten Geld. Geld hat man aber nicht, also nimmt man Kredite auf. Möglichst nicht zu hohe, denn die Zinsen sind horrend. Aber auch möglichst nicht zu niedrige, denn wegen eines weiteren Kredites erneut in die Bank zu ziehen, bedeutet Zeitverlust.
Zweitens: Der Wert der Städte verändert sich. Zunächst steigt er an, wenn mehr Häuser in einer Stadt gebaut werden. Ab dem neunten Haus jedoch schlägt die Bilanz ins Gegenteil um und jetzt vermindern Neubauten den Punkteertrag. Außerdem werden ältere Gebäude im späteren Verlauf zu Gunsten neuerer wieder abgerissen, was die Mehrheiten schnell ändern kann.

Was passiert? EL CAPITAN stellt die Spieler vor paradoxe Herausforderungen: Einerseits möchte man in möglichst vielen Städten vertreten sein, weil man dann an vielen Mehrheitswertungen teilnimmt und weil das Spiel Verstreuung mit einem fetten Extra-Bonus belohnt. Andererseits verbraucht ständiges Herumsegeln auch viele teure Reisekarten.
Ein weiteres Dilemma: Städte erreichen rascher ihren Maximalwert, wenn noch ein zweiter Spieler hier Häuser aufstellt. Aber natürlich ist ein zweiter Spieler auch unliebsame Konkurrenz, die einem den ersten Wertungsplatz streitig macht. Und gesellt sich gar ein Dritter hinzu, hört die Kooperation endgültig auf.

Was taugt es? EL CAPITAN ist ein Optimierungsspiel. Es zwingt dazu, mit dem Kapital gut zu haushalten und schon mehrere Züge im Voraus zu planen, nicht zuletzt um die unvermeidliche Kreditaufnahme möglichst passend zu bemessen.
Auf der anderen Seite bleibt stets eine Abhängigkeit davon, welche Reisekarten die Bank gerade anbietet. Und noch mehr die Abhängigkeit von den Entscheidungen der Mitspieler: Vielleicht lassen sie mich in Ruhe; vielleicht attackieren sie ständig meine Mehrheiten. Und dies möglicherweise nicht mal mit Vorsatz, denn auch die Mitspieler sind ja abhängig davon, welche Reiserouten ihre Karten zulassen.
Interaktion bedeutet bei EL CAPITAN häufig das Zerstören der Planungen - und Destruktion ist nicht gerade meine Lieblingsform des Interagierens. Insgesamt ein Spiel, das zu seiner Zeit (vor zehn Jahren) bemerkenswert gut war, und mit dem man auch heute noch sehr zufrieden sein kann, das sich angesichts der inzwischen großen Konkurrenz aber nicht aufdrängt.

EL CAPITAN von Wolfgang Kramer und Horst-Rainer Rösner für zwei bis fünf Spieler, ProLudo.

Sonntag, 5. Oktober 2008

Black Box +

Man nenne uns Flachpfeifen: Trotz einer gewiss dreistelligen Partien-Zahl haben meine Spielpartnerin und ich bei BLACK BOX nie einen Ehrgeiz entwickelt. Statt Moleküle an der Grenze zur Unlösbarkeit auszutüfteln, genügte es uns, unreflektiert ein paar Kringel aufs Papier zu kritzeln und uns daran zu erfreuen, welch hübsche Umwege die Laserstrahlen manchmal nahmen oder wie bedröppelt der andere guckte, wenn die ersten paar Schüsse nichts als Absorptionen ergaben.
Zumindest für das Spiel ist dies aber ein positives Zeugnis: Gewinnen oder Verlieren steht gar nicht im Vordergrund. Das System als solches übt bereits einen hohen Wiederholungsreiz aus.

Wie geht BLACK BOX? Einer ist Molekülbauer, der andere ist Forscher. Nach jeder Runde erfolgt ein Rollentausch. Der Molekülbauer versteckt (ähnlich SCHIFFE VERSENKEN) vier oder fünf Atome auf einem Spielfeld. Der Forscher versucht sie zu orten.
Dazu teilt er dem Molekülbauer mit, an welcher Stelle er einen gedachten Laserstrahl von außen in das Feld hineinschießt. Die Atome lenken den Strahl nach bestimmten Regeln ab. Der Molekülbauer vollzieht den Strahlenverlauf nach und gibt lediglich preis, ob der Strahl aus dem Feld wieder austritt und wenn ja, wo.
Diese Angaben nutzt der Forscher, um Theorien aufzustellen und mit weiteren Laserschüssen zu verifizieren. Je mehr Strahlen er zur Lösung benötigt, desto schlechter. Und desto noch schlechter, wenn die vermeintliche Lösung am Ende Fehler enthält.

Was passiert? Wenn Profis spielen: Keine Ahnung. Wenn Flachpfeifen spielen: Wir schießen irgendwo ein paar Strahlen rein und gucken, was sich ergibt. Dann tun wir so, als würden wir mächtig nachdenken, schießen aber letztendlich wieder einfach irgendwo rein, und erneut ergibt sich was. Manchmal sogar die Lösung. Das macht Spaß.

Was taugt es? BLACK BOX ist ein Logik-Rätsel, vor dem man nicht in Ehrfurcht erstarren muss. Es verbreitet ungefähr dieselbe angenehme Atmosphäre wie das Lösen eines Sudokus: herausfordernd, aber nicht kompliziert, und im Regelfall mit einem Erfolgserlebnis am Schluss.
Hinzu kommt als besonderer Bonus: Man spielt zu zweit - und so macht es doppelt Spaß! Denn ein Sudoku grinst nicht, wenn man nicht mehr weiter weiß. Und es tut auch nicht so, als müsse es konzentriert den üüüüberaus verwinkelten Weg eines Strahls verfolgen, um auf lächerlich durchschaubare Weise zu kaschieren, wie simpel die tatsächliche Bahn doch ist. Hah!

Und was ist das Plus an BLACK BOX+? Zusätzlich zum vierseitigen Brett befindet sich auf der Rückseite nun auch eins mit Sechseckfeldern. Das macht die Sache anspruchsvoller und erweist sich als schöne Abwechslung. Allerdings kann es hier leichter passieren, dass der Molekülbauer versehentlich falsche Angaben über den Strahlenverlauf macht. Flachpfeifen behelfen sich mit Hilfslinien auf dem Papier, dann klappt es.
Der zweite Mehrwert sind die 36 enthaltenen Solitär-Rätsel. Und der dritte das im Vergleich zur franjos-Ausgabe von 1990 verbesserte Material. Also eigentlich: BLACK BOX +++.

BLACK BOX + von Eric Solomon für zwei Spieler, franjos.