Fanboys. Jeder kennt sie, jeder hasst sie. Aus gutem Grund. Denn Fanboys sind verblendet, Fanboys feiern alles ab, Fanboys haben Spaß am Spiel. Und das ist widerwärtig und grotesk.
Und Fanboys sind ja so langweilig und berechenbar! Schon vor dem Lesen ihrer „Rezension“ weiß jeder Depp, dass sie das besprochene Spiel natürlich toll, toll, toll finden werden.
Oh, ich könnte mich noch seitenlang über Fanboys echauffieren, nur dummerweise ist heute ausgerechnet der 17. Oktober (also bekanntermaßen Welt-Fanboy-Verzeihtag). Und deshalb nur noch dies: Tausend Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!
Was enthält EMPIRES? Karten, Siegpunktmarker, Schuldenmarker. Also das, was der
DOMINION-Fanboy erwartet.
Den Fanboy überrascht allerdings der Sortierstreifen, der die Karten nicht wie gewohnt nach Kosten anordnet, sondern nach Alphabet. Was für Kenner des Alphabets gar nicht schlimm wäre, hätte man die Karte wenigstens nach ihren deutschen Namen und nicht etwa nach ihren Originalnamen sortiert. Aus deutscher Sicht also unalphabetisch. Und das ist in EMPIRES nicht mal das einzige Malheur. Auch einige Karten und die Anleitung enthalten Fehler. Alle erklärlich und nicht weiter tragisch. Aber eben doch Fehler.
Was bringt EMPIRES? 1. Geteilte Vorratsstapel: Sie bestehen aus zwei Mal fünf identischen Karten. Erst wenn die oben liegende Sorte weggekauft ist, gelangt man an den zweiten Fünfer-Satz. Dessen Karten harmonieren mit den oberen fünf, so dass ein Anreiz besteht, Karten aus beiden Stapelhälften zu erwerben. Die Effekte sind nicht kolossal. Vorteil dieser kleinen Variation ist aber, dass sie keinen Regel- oder Materialaufwand nach sich zieht.
2. Schulden: Einige Karten (bevorzugt extrem teure) lassen sich auf Pump kaufen. Für jedes fehlende Geld bekommt man einen Schuldenmarker. Bevor weitere Käufe möglich sind, müssen erst die Schulden abbezahlt werden. Diese Regelung ist clever, um Karten zum Preis von 8 und mehr früh erschwinglich und somit sinnvoll nutzbar zu machen. Allerdings wird (neben Tränken und Ruinen und Tableaus und allem anderen) schon wieder ein weiteres zusätzliches Material eingeführt, das nicht fürs Gesamtspiel, sondern nur für ein paar Karten benötigt wird. Und auf den Karten kommt ein erklärungsbedürftiges Symbol hinzu.
3. Weitere Siegpunktquellen: Siegpunkte in bar gab es schon in BLÜTEZEIT. Und es ist gut, dass sie jetzt noch mal kommen, denn a) wird kein neues Material eingeführt, b) war ihr Potenzial ganz offenbar noch längst nicht ausgereizt, c) erschließen die Siegpunkt-Chips dem Spiel eine reizvolle zusätzliche Dimension.
Klar: Siegpunkte ausschließlich über Karten zu generieren, ist kompositorisch höchst überzeugend und eine der Kern-Ideen von DOMINION. In gewisser Weise verwässern die Siegpunkt-Chips dieses Konzept. Doch nach vielen hundert Partien hat man die Ambivalenz von Provinz und Kolonie (gut für die Schlusswertung, schlecht fürs Blatt) hinreichend erlebt, und Abwechslung kommt gerade recht.
Siegpunkte kann es nun als Folge von Kaufaktionen geben, sofern man bestimmte Bedingungen erfüllt, beispielsweise dieselbe Karte kauft, die man auch gerade im Spiel hat. Oder Siegpunkt-Chips können sich durch bestimmte Handlungen anhäufen, und wer als Erster etwas Bestimmtes (und meist nicht so Attraktives) kauft, kassiert den gesamten Haufen. Oder es gibt Schlussboni, beispielsweise für viel Kupfer oder viele unterschiedliche Karten im Deck.
Dies wirkt sich sowohl strategisch (Weiche ich wegen der Schlussboni von meinem eigentlichen Plan ab?) als auch taktisch aus (Kaufe ich wegen der Sofortbelohnung eine andere Karte als die, die ich normalerweise kaufen würde?).
Während ich die anderen beiden Komponenten als ganz nett, aber nicht weiter entscheidend einstufe, stimmen mich die unterschiedlichen Punktebedingungen, also die Kreuzung von DOMINION mit KINGDOM BUILDER, euphorisch. Hier erschließt sich mit vergleichsweise geringem Aufwand und geringen Komplikationen eine neue Ebene für DOMINION. Ich finde den Ansatz dermaßen stark, dass er bestimmt noch eine komplette weitere Erweiterung tragen könnte.
Braucht man das? Na logo, was denn sonst? Der Fanboy braucht das! Und falls sich jemand wundert, warum ich selbst für die x-te Erweiterung noch „außerordentlich“ vergebe: Das Label „außerordentlich“ bedeutet für mich so viel wie „muss ich haben / gehört in meine Sammlung“. DOMINION-Erweiterungen haben, weil es DOMINION-Erweiterungen sind, gute Chancen auf „außerordentlich“.
Ach, und falls hier zufällig der Weihnachtsmann mitliest. Anbei ein Wunschzettel, was der Fanboy noch so braucht:
1. Austausch-Set mit editierten Karten. Inzwischen gibt es etliche Karten mit Fehlern und etliche Karten, die sich als zu teuer, zu preiswert oder überflüssig erwiesen haben. Nach all den Jahren könnte man mal alles überarbeiten und schön machen.
2. Eine vollständige Online-Kartenliste mit allen Regeldetails. Zu vielen Karten haben sich durch später erschienene Karten Regelfragen ergeben. Ein Gesamtlexikon wäre mal gut.
3. Ein Basiskarten-Set. Ja, mir ist bekannt, dass es so etwas schon gibt. Aber ich hätte die Basiskarten gern ohne die zusätzlichen Bilder drauf und zu einem vertretbaren Preis.
4. Ein Szenarien- oder Kampagnenbuch, wie
schon letztes Mal bestellt. Oder zumindest zwölf Mal im Jahr ein speziell ausgetüfteltes „Szenario des Monats“.
5. Eine Computer-Umsetzung mit allen Karten und starken Computergegnern.
Und weil das lauter Wünsche sind, bei denen ein Verlag wenig oder gar nichts verdient, übe ich mich gerne etwas in Geduld. Bevor alles abgearbeitet ist, dürften durchaus noch eins, zwei Erweiterungen eingestreut werden.
DOMINION – EMPIRES von Donald X. Vaccarino für zwei bis vier Spieler, Rio Grande Games.