Wenn jemand bislang bloß MONOPOLY und PHASE 10 kennt, würde mich von dieser Person keine Spielerezension interessieren. Weil darin höchstwahrscheinlich ein Maßstab angelegt wird, der nicht meiner wäre.
Nun kenne ich aber nicht bloß MONOPOLY und PHASE 10, ich kenne sogar MENSCH ÄRGERE DICH NICHT und MÄXCHEN. Insofern fühle ich mich grundsätzlich spielkompetent. Allerdings – und das könnte ein Problem sein: Ich habe mich nie am Computer mit Point-and-Click-Adventures beschäftigt!
Das schränkt mich bei der Beurteilung eines analogen Spiels, das den Stil dieser digitalen Spiele nachahmt, ziemlich ein. Vermutlich entgehen mir ganz viele Referenzen; möglicherweise ist der Maßstab, den ich anlege, nicht ideal.
Trotzdem erlaube ich mir eine Rezension zu CANTALOOP. Denn ob ich Spielspaß empfinde, weiß ich auch ohne Point-and-Click-Vorerfahrung. So wie ich das auch in PALEO weiß, obwohl ich noch nie in der Steinzeit war. Und wie ich es in PANDEMIC weiß, obwohl … oh … doch.
Wie geht CANTALOOP? Wie ein Point-and-Click-Adventure, und wir wissen ja sicher alle, wie die so funktionieren. (Räusper.) Diesmal eben nicht digital. Spielmaterialien sind ein Buch mit Spiralbindung, 60 Karten und eine Rotfolie, um verborgene Texte lesen zu können.
Wir agieren in der Rolle des Ganoven Hook Carpenter, der ins Gefängnis einbrechen will, um jemanden zu befreien. Das Spiel beginnt auf der Doppelseite „Im Leuchtturm“. Einige weitere Schauplätze sind auch schon freigeschaltet und wir dürfen dorthin blättern. Alles andere ist noch geheim.
Vorwärts geht es, indem wir Gegenstände (Karten) sammeln und sinnvoll miteinander oder mit Elementen auf den Schauplätzen kombinieren. Daraus ergeben sich Codes, unter denen wir nachlesen, was passiert oder was wir erfahren oder was wir bekommen. So spielt, rätselt und kombiniert man sich durch das gesamte Buch und ist mehrere Stunden beschäftigt.
Was passiert? Das Kombinieren von Karten und Dingen ist uns auf ähnliche Weise schon in UNLOCK oder auch den ADVENTURE GAMES begegnet. Von diesen Spielen hebt sich CANTALOOP durch Lösungen ab, die oft witzig und manchmal auch ziemlich verrückt sind – für mich an mehreren Stellen zu verrückt. Deshalb kann ich bezeugen: Das Spiel hat ein gelungenes Hilfesystem. Wenn man steckenbleibt, kommt man wieder weiter.
Mitunter war mir allerdings der Sinn dessen, was mir die Hilfe als nächsten Schritt verriet, weiterhin unklar, so dass ich gleich auch den folgenden Hilfepunkt lesen musste. Muss ich Lösungen nachlesen und denke ich dabei häufiger: „Darauf wäre ich ja nie gekommen!“, sinkt meine Motivation bei späteren Rätseln. So bin ich mit wachsender Ungeduld durch das Abenteuer eher gestolpert als geschritten.
Gerade auch, wenn es hakte und ich das Gefühl hatte, etwas kreativer sein zu müssen, empfand ich es zunehmend als mühsam, zwei Codehälften zu kombinieren und abzulesen, dann auf der linken Seite oder auf einem Beiblatt zu suchen, ob es zu dem Code einen Eintrag gibt, und, falls ja, mit der Rotfolie die Schrift zu entziffern – um meistens zu erfahren: falsche Fährte. Das spielerische Herumprobieren bereitet in diesem Analogabenteuer einen ziemlichen Aufwand.
Was taugt es? Ich finde es toll, dass Lookout neue Wege geht und zeigt, dass Spiele ganz anders sein können, als man gemeinhin denkt. Mir gefällt, wie frisch und frech CANTALOOP daherkommt. Durch seinen Comic-Look, die coole Erzählhaltung, witzige Dialoge und Flavourtexte wirkt es jünger und hipper als das, was uns typischerweise im Brettspiel begegnet. CANTALOOP hat einen sehr eigenen Charme.
Doch anscheinend bin ich für manche Dinge schon nicht mehr jung genug. Einiges hat mich verwirrt und unbefriedigt zurückgelassen. Die Klischeefiguren und das Macker- und Cowboyhafte in den Dialogen haben mich zunehmend gestört. Dass wir ein ehemals rein digitales Spielerlebnis nun auch analog haben können, wird für mein Empfinden mit viel Mechanik und viel Textaufwand erkauft. Teil 2 werde ich höchstwahrscheinlich nicht mehr spielen.
*** mäßig
CANTALOOP von Friedemann Findeisen für eine:n oder mehr Spieler:innnen, Lookout Spiele.