Das Motto diesmal: Zeitnot. Zunächst mal die im echten Leben. Bei Zeitnot schreibt man lieber nichts Kompliziertes, kein verschachteltes Spiel mit langer Regelbeschreibung und Analyse. Besser etwas, das richtig schnell geht. Sowas wie CUPCAKE ACADEMY.
Tja, und dann ist da die Zeitnot im Spiel. Und wieder lande ich bei bei CUPCAKE ACADEMY.
Wie geht CUPCAKE ACADEMY? Aah! Zeitnot! Nur krasse sieben Minuten läuft die blöde Sanduhr, und in der Zeit sollen wir alle Aufgaben abgearbeitet haben.
Was für Aufgaben? Pro Person ist ein Satz aus fünf Cupcake-Förmchen im Spiel. Die sind unterschiedlich groß, man kann sie übereinander stülpen. Das blaue überdeckt das orangefarbene, das gelbe überdeckt das blaue. Es ist wie bei Matrjoschka-Püppchen, wo eine in die andere passt; in diesem Fall nur ohne die Unterteile.
Zusätzlich besitzen wir je drei Pappteller, ein weiterer (gemeinsamer) Teller befindet sich in der Tischmitte. Eine Aufgabenkarte kann nun besagen, auf meinen Tellern soll eine orangefarbene und eine rosa Form zu sehen sein und sonst nichts. Um diesen Zustand herzustellen, staple ich einhändig hektisch hin und her, darf dabei immer nur ein Förmchen bewegen, darf meine und den gemeinsamen Teller als Abstellfläche nutzen und darf nur größere über kleinere Formen stülpen, nicht aber kleine auf große stapeln.
Weil es ein kooperatives Spiel ist, dürfen wir uns gegenseitig anbrüllen oder Tipps geben. Denn zeitgleich haben meine Mitspieler:innen auf ihren Tellern ebenfalls Sortieraufgaben zu erledigen. Und perfiderweise erfordern die Aufgaben auch mal mehrere gleiche Farben. Das bedeutet, wir müssen uns gegenseitig Förmchen übergeben; als Schleuse dient der neutrale Teller.
Ist die gewünschte Anordnung erreicht, wird die nächste Karte aufgedeckt und es geht sofort weiter. Bis entweder alles geschafft ist. Oder bis alle geschafft sind.
Was passiert? CUPCAKE ACADEMY setzt auf Stress und kollektive Überforderung, so wie wir es beispielsweise schon aus MAGIC MAZE kennen. In welcher Reihenfolge man die Förmchen abheben und sortieren muss, um mit den paar Tellern auszukommen, ist eine Logikaufgabe, die zum Nachdenken und Herumprobieren zwingen kann: Also genau das, was man im Kampf gegen die Uhr eigentlich nicht will.
Oft kommen wir uns auch schön ins Gehege: Wenn ich aus den tiefsten Tiefen eines Fünfer-Turms die klitzekleine orangefarbene Form freilegen muss, hebe ich zunächst mal Pink ab und stelle es auf Teller zwei, dann Grün auf Teller drei und nun Gelb auf … oh, kein Platz mehr. Also auf den Gemeinschaftsteller. Ach, da steht schon was? Tja, geht nicht anders, einfach druff! – Und schon krakeelt irgendwer, der nun nicht mehr an das dort zwischengelagerte und von mir überdeckte Blau herankommt.
Mit der zufälligen Reihenfolge der Aufgaben kann man Glück oder auch Pech haben. Glück: wenn wir von einer zur nächsten Aufgabe gar nicht viel umbauen müssen. Pech: wenn wir gerade unter erheblichen Mühen den Großteil der Förmchen zu Spielerin A haben übersiedeln lassen – und nun ist dort Kahlschlag gefordert und alles soll zu Spieler B.
Was taugt es? Es ist schwer zu definieren, wie viel Spiel überhaupt in CUPCAKE ACADEMY steckt und wie viel Stresstest. Auch wenn es zu witzigen Situationen kommt, hat das Geschehen den Charakter von Arbeit. Weil manchen Menschen solche Aufgaben liegen, anderen weniger, sind die Runden selten gleichstark, und es können Personen dabei sein, denen immer wieder auf die Sprünge geholfen werden muss. Das macht manchmal den Belehrenden keine Freude, manchmal den Belehrten nicht, manchmal allen.
Ein Wohlfühlspiel ist CUPCAKE ACADEMY also nicht, eher schon ein kognitiver Wettbewerb, bei dem man versucht, im Team immer besser zu werden. Mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen bietet CUPCAKE ACADEMY ein bisschen Abwechslung, mit mehreren zu erreichenden Medaillenrängen eine längerfristige Motivation.
Als Gesamtpaket finde ich CUPCAKE ACADEMY sehr stimmig, wenn auch arg streng und leistungsorientiert. Das Material ist bestens. Einzig die Farbreihenfolge der Förmchen hätte ich mir intuitiver gewünscht.
**** solide
CUPCAKE ACADEMY von Erwan Morin für zwei bis vier Spieler:innen, blue orange.
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