Hin und wieder gibt es Spiele, in denen ich überhaupt keinen thematischen Bezug erkenne, und in meiner Verzweiflung schaue ich dann, was auf der Schachtelrückseite steht. Vielleicht kann die mir das alles erklären.
In diesem Fall hat sich das Nachlesen richtig gelohnt. Ich zitiere: „Während Kaiser Trajan das größte und prachtvollste Kaiserforum in der Geschichte Roms errichtet, baut jeder Spieler fern in der Provinz eine Colonia auf.“
Mit anderen Worten: Wir hier – Trajan ganz woanders. Mit ähnlicher Berechtigung könnte man ein Spiel „Die Großindustriellen von Berlin“ nennen, obwohl wir als Bauern in Biesenthal agieren. Aber während wir unsere Felder bestellen, gibt es halt auch Großindustrielle in Berlin.
Wie geht FORUM TRAJANUM? Jeder Spieler besitzt ein Tableau, auf dem er Gebäude bauen möchte, die sich über ein oder zwei Felder erstrecken und einen oder zwei Arbeiter in der Gebäudefarbe kosten. Zu Spielbeginn sind aber alle Felder mit Plättchen belegt. Man muss sie also erst mal freiräumen.
In jeder Runde bestimmen zwei Karten, in welche Zeile / Spalte die Spieler je ein Plättchen entfernen dürfen. Auf deren Rückseite finden sich Belohnungen. Eins der Plättchen behält man, eins gibt man dem Nachbarn, bekommt dafür eins vom anderen Nachbarn, hat schließlich also wieder zwei, von denen man eins wählt, um die abgebildete Belohnung zu kassieren. Zum Beispiel bekommt man Arbeiter, mit denen man schließlich Gebäude baut.
Die Gebäude wiederum bringen entweder Schritte auf Skalen, die ebenfalls Belohnungen ausschütten. Oder man darf Plättchen im Trajansforum (Ah, da ist er also doch!) ablegen, wo sie möglichst neben Adler-Symbolen platziert sein und eine große Fläche bilden sollten, was aber nicht so leicht ist, weil es einschränkende Legeregeln gibt.
Sehr wichtig ist auch, wie man die Gebäude auf seinem Tableau anordnet, weil einige Gebäude in jeder Runde gewertet werden, wozu möglichst viele verschiedene in einer Zeile liegen sollten. Und weil am Ende einer Runde Zusatzpunkte zu verdienen sind, wenn man sich an die Bauvorgaben einer zu Beginn ausgelosten Trajanskarte (Er wieder!) hält.
Es gibt noch jede Menge mehr Details und auch noch mehr Wertungen. Alles ist sehr verzahnt und im Zweifelsfall eher kompliziert als einfach. Zwei Beispiele: 1. Die Flächengröße im Tranjansforum zählt keinen festen Punktwert, sondern für jeden Spieler individuell, je nachdem, wie weit der Spieler einen Schieber auf seiner „Prestigeleiste“ vorwärts geschoben hat. 2. Einige Plättchen bringen als Belohnung „Bürger“. Bürger verschaffen dauerhafte Privilegien, müssen aber jede Runde bezahlt werden, sonst verfallen sie. Außerdem ist jeder Bürger einer der Colonia-Zeilen zugeordnet und wirkt bei der Wertung der in dieser Zeile errichteten verschiedenen Gebäude als Multiplikator.
Was passiert? Uff. Wenn ich FORUM TRAJANUM erkläre, schwirren erst mal die Köpfe. Letztendlich ist das Spiel gar nicht so unbegreiflich und erklärt sich recht gut durch die Grafiken und die Übersichtsblätter. Doch erkennt man – selbst als erfahrener Spieler – in all diesen Wertungen und Abhängigkeiten nicht so recht das große Ganze.
Auch in DIE BURGEN VON BURGUND und CARPE DIEM lässt Stefan Feld die Spieler auf ihrem Tableau bauen, aber diese Spiele konzentrieren sich stärker auf das Bauen an sich. In FORUM TRAJANUM ist weit mehr um die Bautätigkeit herumkonzipiert. Das Bauen selbst ist weniger spannend. Im Gegensatz zu den anderen beiden Spielen habe ich nicht das Gefühl, etwas zu erschaffen.
Ich verfolge viele Pläne gleichzeitig. Ich will in jedem Zug bauen, also brauche ich Materialnachschub. Ich will im Hinblick auf die Wertungen sinnvoll bauen, also brauche ich freie Bauplätze und ganz bestimmtes Material. Ich will meine Wertungen verbessern (also Schieber aufwerten oder Bürger ranholen), was aber oft in Konkurrenz zum Materialnachschub steht. Also muss ich ressourcenschonend bauen, damit ich noch Reserven habe.
Am Ende ist es alles mit allem. Es gibt Anreize, viele gleiche Gebäude zu bauen. Es gibt Anreize, verschiedene Gebäude zu bauen. Es gibt Anreize, anderen Spielern auf dem Trajansforum zuvorzukommen. Es gibt Anreize, auf den Skalen voranzustürmen. Schlage ich dort drei Punkte mehr heraus, sind es woanders zwei Punkte weniger. Das sind Berechnungen und Spitzfindigkeiten , die ich nicht sonderlich interessant finde. Und vor allem fühlt es sich nicht spielerisch an.
Plättchen aufzudecken und sich für eins von zweien zu entscheiden, ist ein spannendes Element. Im Anschluss findet aber vieles auf abstrakten Skalen statt. Wir folgen einem Mechanismengeflecht.
Was taugt es? FORUM TRAJANUM fehlt ein spielerisches Zentrum, um das sich alles rankt. Das Bebauen der Colonia hätte sich als ein solches Zentrum angeboten, doch ist für mein Empfinden zu viel hinzuerfunden worden, das nur dazu da ist, um da zu sein und ordentlich die Hirne rauchen zu lassen. Wer gerne in abstrakten Systemen herumtüftelt, mag das toll finden. Mir ist hier zu wenig Greifbares und zu wenig Stringenz.
FORUM TRAJANUM benötigt wegen der vielen Details viel Material. Es ist sehr wertig ausgestattet. Die großen Arbeiterfiguren finde ich sogar schon übertrieben. Aber das ist hier wirklich nicht mein Hauptproblem.
*** mäßig
FORUM TRAJANUM von Stefan Feld für zwei bis vier Spieler, Huch!