Donnerstag, 30. Juni 2011

Gern gespielt im Juni 2011

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

KING OF TOKYO: Bewegt sich im Graubereich zwischen Spiel und Schund. Vermutlich aber doch eher Spiel. Viele weitere Partien werden notwendig sein, um das jetzt haargenau auszuloten.


DOMINION - REICHE ERNTE: Ist diese Box nun halbvoll oder ist sie halbleer? Schwer zu sagen. Und ist das „Turnier“ nun halbtoll oder ist es halbdoof? Leicht zu sagen: weder, noch. Mir gefällt es. Außerdem sind diese Fragen sowieso rein philosophisch, denn es steht „Dominion“ auf der Schachtel, und das ist und bleibt eins meiner Lieblingswörter.

7 WONDERS - LEADERS: Oh ja, 7 WONDERS war schon ein wenig aus dem Blick geraten, weil es ja so viel gutes Neues gibt. Das ist, LEADERS sei Dank, jetzt wieder anders.


PANTHEON: Apropos „weil es ja so viel gutes Neues gibt“...




STRASBOURG: Apropos „weil es ja so viel gutes Neues gibt“...




DIE BURGEN VON BURGUND: APROPOS „WEIL ES JA SO VIEL GUTES NEUES GIBT“!!!




Samstag, 25. Juni 2011

Safranito

Wenn ich eine Medaille für besondere Schönheit zu verleihen hätte, sie ginge an SAFRANITO. Nicht nur den Spielplan finde ich außerordentlich schön mit all den Gewürzen, den Schüsselchen, der roten Grundfarbe. Auch die Aufmachung ist rundherum schön: Banden aus dicker Pappe und vor allem diese schwergewichtigen Wurfscheiben. Wow! Abgerundet wird das Schönspielen schließlich durchs Werfen selbst. Endlich mal wieder ein großes Brettspiel mit einem Mechanismus jenseits des sonst üblichen! Der Kritiker in mir ist sofort bereit, SAFRANITO ganz toll zu finden. Der Spieler in mir aber ist es, der hadert.

Wie geht SAFRANITO? Wir wollen Gewürzkarten. Je drei bestimmte benötigt man, um ein Kochrezept zu erfüllen. Wer zuerst drei Rezepte schafft, gewinnt.
Um ein Gewürz zu bekommen, muss man mit seiner Wurfscheibe auf das entsprechende Schälchen auf dem Spielplan treffen. Gelingt dies mehreren Spielern, aber nur ein Gewürz ist da, gewinnt der mit dem höchsten Scheibenwert. Der Wert allerdings ist auch der Kaufpreis für das Gewürz. Und weil das Startkapital nicht ausreichen dürfte, um alle nötigen Gewürze für drei Rezepte zu beschaffen, müssen die Spieler zwischendurch auch an den Verkauf denken. Der Verkaufspreis eines Gewürzes ist die Summe aller Scheiben im entsprechenden Schälchen. Mit a) geschickten und b) taktisch klugen Würfen lässt sich da also was steuern.

Was passiert? Wir werfen. Und manche treffen besser, andere treffen schlechter. Und während das Werfen flott von der Hand geht (Wortspiel! Brüller!), lässt die Auswertung einiges an Dynamik wieder verpuffen: Scheiben umdrehen, bei jedem Gewürz erst mal abfragen, ob jemand verkaufen möchte, Entscheidungen abwarten, Geld zahlen, Geld wechseln und so weiter.
Vermutlich ist dies der Grund, warum ich trotz der Action-Komponente emotional nicht so richtig einsteige. Die Action wird zu oft unterbrochen. Zudem kann SAFRANITO manchmal auch haken, weil benötigte Gewürze nicht kommen wollen. Und je ungeschickter die Spieler, desto länger dauert’s.

Was taugt es? Gute Partien erlebte ich in Runden, die das Werfen recht ordentlich beherrschten, sich auch von Misserfolgen nicht frustrieren ließen und die Auswertung soweit verinnerlicht hatten, dass nicht jeder einzelne Schritt erst nach ausdrücklicher Aufforderung geschah.
Aber auch die guten Partien haben bei mir nicht den Wunsch nach Wiederholung ausgelöst. Ich spiele mit, wenn wer das will. Gefordert oder gepackt fühle ich mich dabei nicht.

SAFRANITO von Marco Teubner für zwei bis vier Spieler, Zoch.

Mittwoch, 22. Juni 2011

Eine Million Interviews (1): Stefan Feld

Stefan Feld

Der Interviewte: Stefan Feld (40), Spieleautor aus Gengenbach in Baden-Württemberg. Von ihm stammen DIE BURGEN VON BURGUND, STRASBOURG, DIE SPEICHERSTADT, MACAO und viele mehr.

Der Interviewer: Udo Bartsch (42), Spielekritiker aus Hannover. Von ihm stammt nichts.


„Eine Million Interviews“ heißt die neue Erfolgs-Serie auf REZENSIONEN FÜR MILLIONEN. Herr Feld, Sie sind der erste Interviewpartner. Was ist das für ein Gefühl?

Guten Tag, Herr Bartsch! Ich kann nur sagen: „Unbeschreiblich!“ Ihr Blog ist ja weit über die Szene hinaus eine Anlaufstelle für diejenigen, die sich auch nur ansatzweise für Brettspiele interessieren. Und nun als erster Interviewpartner dabei zu sein: Wunderbar! Wie sind Sie denn auf mich gekommen?

Mal nicht so bescheiden, Herr Feld. Es führte überhaupt kein Weg an Ihnen vorbei!
Ich hatte im Vorfeld rund 700 Persönlichkeiten der Spieleszene angemailt, und Sie waren der Einzige, der geantwortet hat.


Sie sind ja auch nicht gerade als „zimperlich“ bekannt. Vielleicht hätten Sie nicht all die Leute anschreiben sollen, die Sie mit Ihren Rezensionen schon in die Pfanne gehauen haben.
Nun, was wollen Sie denn wissen?

Ich hatte gedacht, wir reden mal so richtig Klartext über unverschämt teure Polyester-Duschhauben. Und vielleicht auch zwei, drei Worte zu DIE BURGEN VON BURGUND. Ihr Spiel scheint ja viele Leute geradezu zu elektrisieren. Was ist aus Ihrer Sicht der besondere Kick?

Ich glaube, dass es sich ausgezahlt hat, farbpsychologische Aspekte in das Spieldesign mit einzubeziehen. Ob jetzt allerdings „elektrisierend“ für die Farbwahl das richtige Wort ist, weiß ich nicht. Zudem ist es ein Spiel aus der Kategorie „Bauen und Raffen“ (wie es ein guter Freund sehr treffend bezeichnete), und das gefällt den Leuten. Zusätzlich hat man 25 Mal im Spiel eine kleine Überraschung durch die Würfel, was sicher auch zu einem anhaltenden Spielspaß führt. Übrigens trage ich beim Spielen immer Polyester-Duschhauben, und zwar nur die teuren, alles andere taugt nichts. Was haben Sie denn beim Spielen an?

Ob Sie´s glauben oder nicht: Donnerstags verabreden wir uns immer zum Nackt-Spielen!
Es ist bislang allerdings noch niemand darauf hereingefallen, und alle kommen angezogen. Ebenfalls donnerstags streiten wir auch ständig, ob es nun „BuBu“ oder „BurBur“ heißt. Was sagen Sie als Experte dazu? Und ohne Sie jetzt beeinflussen zu wollen: Ich persönlich bin für „BuBu“...


„BurBur“ geht ja überhaupt nicht. Das hört sich für mich nach Taubengeburre äh -gegurre an.

Wohltuende und weise Worte, Herr Feld! In der aktuellen FAIRPLAY äußern Sie, die veröffentlichte Version von DIE BURGEN VON BURGUND sei die „Babyversion“. Wann kommt die Kindergarten-Erweiterung?

Ich bin gerade in Verhandlung mit den Waldorfpädagogen, und wahrscheinlich wird es bald neue selbstgefilzte Spielpläne geben. Und außerdem muss man dann den Namen jedes Plättchens tanzen, welches man in sein Fürstentum einbauen will.

Mein lieber Herr Feld, bei manchen Antworten gerate ich ins Grübeln, ob Sie mich vielleicht auf den Arm nehmen wollen. Das würde ich nicht erlauben. Ich bin eine geachtete Respektsperson!

Aber Herr Bartsch, das steht doch außer Frage. Und da ich fest an den großen Spielegott glaube und auf keinen Fall im Pöppelfegefeuer enden will, habe ich Ihnen in keinster Weise Unrichtigkeiten unterbreitet.

Na, wenn das so ist, freue ich mich auf die gefilzten Spielpläne. Aber das mit dem Tanzen werden wir in meinen Runden wohl weglassen. Außer donnerstags natürlich, wo wir dann nackt tanzen. Möchten Sie zum Abschluss noch etwas sagen?

Ja. Wussten Sie eigentlich, dass es mehr Sandkörner auf der Erde gibt, als ich Spiele verkauft habe? Tja, manche Dinge erschließen sich erst, wenn man passende Vergleiche heranzieht. So ist das nun mal, Herr Bartsch.

Und ich dachte, ich interviewe hier einen Erfolgsautor?! Herr Feld, wir müssen sofort abbrechen. Ich danke Ihnen für das Gespräch.

Samstag, 18. Juni 2011

Strasbourg

Die Farbe Lila ist ja eigentlich für Schokolade, Frauenbewegung und Evangelische Kirche reserviert. Und für Sigurd natürlich. Und für Ralph. Aber der kommt nicht mehr. Und vielleicht deshalb hat man sich bei Pegasus gedacht: Da der Ralph das Lila anscheinend nicht mehr braucht, können wir seine Portion gut und gerne für unseren STRASBOURG-Karton verwenden.
Zugegeben: Ich weiß nicht sicher, ob das so stimmt. Aber die schiere Logik des skizzierten Szenarios ist überwältigend. Jeder wird das einsehen.
Ach, und bevor es Missverständnisse gibt, ich sagte: „JEDER“!

Wie geht STRASBOURG? STRASBOURG ist ein Versteigerungsspiel und hat mit anderen Versteigerungsspielen gemein, dass man eine Lernpartie braucht, um die Höhe sinnvoller Gebote abschätzen zu können. Ansonsten ist einiges anders als üblich: Vor jedem der fünf Durchgänge legt man sich fest, an wie vielen der sieben Versteigerungen man teilnehmen wird und mit welchen Geboten. Nicht vorab festgelegt ist: a) an welchen Versteigerungen und b) mit welchem Gebot an welcher Versteigerung. Und genau das ist das Interessante. Zwangsläufig werden einige Pläne nicht aufgehen. STRASBOURG erfordert (und bietet die Möglichkeit!) noch während des Durchgangs zu reagieren und taktisch umzuschwenken.
Konkret läuft das so ab: Für das gesamte Spiel besitzen die Spieler Bietkarten mit Werten von eins bis sechs. Von jedem Durchgang zieht jeder von seinem Vorratsstapel so viele davon, wie er möchte. Anschließend gruppiert er die Scheine verdeckt zu Geboten. Kommt ein Spieler während einer Auktion an die Reihe, setzt er eins seiner Gebote ein oder lässt es bleiben. Was ungenutzt liegen bleibt, geht am Ende des Durchgangs allerdings in den Schrott.

Was wird versteigert? Der Spielplan zeigt ein buntes Raster, das sich bei näherer Betrachtung als die Stadt Straßburg mit ihren Zunftvierteln herausstellt. Hier will man seine Männchen hineinstellen. Das bringt Punkte, und zwar so richtig viele, wenn die Kameraden auch noch neben wertvollen Gebäuden stehen. Wo die wertvollen Gebäude errichtet werden, klärt sich allerdings erst im Laufe der Partie und natürlich per Versteigerung. Obendrein besitzt jeder Spieler geheime Auftragskarten, die beispielsweise erfordern, dass man mehrere Pöppel in einer Diagonale oder in einem bestimmten Viertel oder angrenzend zur Stadtmauer (etc., etc.) aufstellt.
Der Gewinner und der Zweitbeste (und manchmal auch der Dritte) einer Auktion dürfen eine Figur in dem versteigerten Stadtviertel platzieren. Das kostet allerdings zusätzlich Geld, und so trifft es sich gut, dass der Auktionsgewinner und der Zweite auch eine Ware erhalten, die sie später zu Geld machen können. Wofür jedoch eine weitere Auktion gewonnen werden muss.

Was taugt es? Der Wert der Gebäude hätte im Verhältnis zum Wert der Aufträge für mein Empfinden etwas niedriger ausfallen sollen. Und STRASBOURG ist ganz klar ein vom Mechanismus dominiertes Spiel. Somit eher eines, das man achtet, als eines, das man innig liebt.
Ab jetzt nur noch Lobhudelei: STRASBOURG ist spannend! Bestimmte Auktionen muss man gewinnen, sonst klappt der Auftrag nicht mehr. Gleichzeitig ist das Geld oft knapp, so dass die Spieler genau vorausplanen müssen, wann sie wo wie viel ausgeben dürfen und wann wieder etwas hereinkommen könnte. Weil niemand die Pläne der anderen Mitspieler kennt, ist das Zusammenstellen der Gebote prickelnde Zockerei. Bei STRASBOURG greift alles sinnvoll ineinander, STRASBOURG schleppt keine unnötigen Mechanismen mit sich herum, es kann schnell gespielt werden und stellt endlich mal wieder eine Bereicherung für das Genre der Versteigerungsspiele dar.

STRASBOURG von Stefan Feld für drei bis fünf Spieler, Pegasus Spiele.

Dienstag, 14. Juni 2011

Was meine Mitspieler gerne spielen V

Danke, liebe Mitspieler! Ihr wart mal wieder fleißig. Brav und ohne zu murren (na ja... fast ohne zu murren) habt ihr all die Neuheiten gespielt, die ich euch vorgesetzt habe, und auch noch Noten dazu abgegeben.

In die Ergebnisse eingeflossen sind sowohl Noten aus meinen öffentlichen als auch aus meinen privaten Runden. Allerdings qualifizieren sich für diese Liste nur Spiele mit ganzschönvielen Bewertungen, damit die Sache den Anschein erweckt, sie könne irgendwie seriös sein. Wie viel „ganzschönviel“ ist, lege ich mittels einer geheimen Formel selber fest. Die Zahl ist auf jeden Fall so gewählt, dass es mein geliebtes BuBu in die Liste schafft. Als Blog-Betreiber darf ich das. (Und wenn nicht, mache ich’s trotzdem. Ganz heimlich, hihi.)

Die zehn Spiele mit der besten Durchschnittsnote:

1. FREEZE
Kritik: Spielbox 4/2011
***** reizvoll



2. DIE BURGEN VON BURGUND
****** außerordentlich




3. ESELSBRÜCKE
***** reizvoll





4. 7 WONDERS
****** außerordentlich




5. QWIRKLE
***** reizvoll




6. GEISTESBLITZ
****** außerordentlich



7. LANCASTER
***** reizvoll




8. DAS 20. JAHRHUNDERT
Kritik: Spielbox 3/2011
***** reizvoll


9. PANTHEON
***** reizvoll




10. GLEN MORE
Kritik: Spielbox 4/2010
**** solide




Die Spiele mit dem höchsten Anteil Spitzennoten
(mindestens 8 von 10 Punkten):

Bei einer Auswertung rein nach Durchschnittsnote (siehe oben) schneiden Spiele, die stark polarisieren, nur mittelmäßig ab. Spiel A, das von allen Bewertern 6 Punkte erhält, steht im Schnitt besser da als Spiel B, das von der einen Hälfte der Bewerter 8 und von der anderen Hälfte 3 Punkte bekommt. Aber ist Spiel B deshalb schlechter? Ich meine: nein. Zumindest einige Menschen begeistert es ja viel mehr als Spiel A überhaupt irgendwen.
Eine Sortierung nach dem Anteil der vergebenen Spitzennoten ergibt ein etwas anderes Bild. LANCASTER, PANTHEON und GLEN MORE schaffen es jetzt nicht in die TOP 10, stattdessen sind drei Spiele mit starker Fan-Basis dabei, die von einigen Nichtliebhabern aber abgestraft wurden und deshalb nicht den höchsten Notenschnitt erreichten:

1. FREEZE
2. DIE BURGEN VON BURGUND

3. 7 WONDERS

4. ESELSBRÜCKE

5. DAS 20. JAHRHUNDERT

6. GEISTESBLITZ


7. SKULL & ROSES
***** reizvoll



8. QWIRKLE

9. TROYES
**** solide




10. MONDO
***** reizvoll




Freitag, 10. Juni 2011

Navegador

Einleitungen werden überschätzt.

Wie geht NAVEGADOR? Wir sind Kapitalisten des 15. und 16. Jahrhunderts. Wir finden den Seeweg nach Japan und beuten alles aus, was uns unterwegs in die Quere kommt. Wir werden reich. Und während Reichtum heutzutage natürlich verpflichtet (Parteispenden etc.), durfte man damals sein Geld noch nach Belieben ausgeben: vorzugsweise für Gebäude, die einen Multiplikator für die Endwertung darstellen. Denn Siegpunkte = Anzahl der Kirchen mal Kirchenprivilegien + Anzahl der Werften mal Wertprivilegien usw.
Alle Spiel-Aktionen sind auf einem achtfeldrigen Rondell angeordnet. Wer am Zug ist, zieht seine Figur dort um (normalerweise) bis zu drei Felder vorwärts und führt die angegebene Aktion aus. Beispiele: Auf dem Feld „Schiffe“ darf man Schiffe bauen (wobei das Gebäude „Werft“ hilfreich ist); auf dem „Markt“ nimmt man Geld ein; auf dem Feld „Privileg“ erhält man einen Multiplikator für die Entwertung, muss aber einen Arbeiter dafür abgeben.

Was passiert? Ohne Geld und Arbeiter geht es nicht. Also Stopp auf den entsprechenden Rondellfeldern. Ohne Gebäude und Kolonien geht es aber auch nicht. Also noch mehr Haltepunkte. Doch je länger man sich mit dem Umrunden des Rondells Zeit lässt, desto teurer werden die Anschaffungen und desto langsamer segeln die Schiffe. – Ein schönes, ständiges Dilemma bei gefühlt flottem Spieltempo. Ja, das Aktions-Rondell ist und bleibt eine tolle Erfindung!
Aber: Die Rechnerei auf dem Markt nervt ziemlich. Außerdem klafft bald eine Schere auf zwischen denen mit vielen und wenigen Arbeitern sowie denen mit großem und kleinem Profit. Man kann dies verzeihen, denn NAVEGADOR ist ein Spiel nahezu ohne Glücksfaktor, und wer früh auf die Verliererstraße gerät, hat sicher selbst dazu beigetragen.
Aber noch mal aber: Ab der Hälfte des Spiels werden die Entscheidungen immer klarer, und auch das Thema bricht weg. Jetzt geht es nur noch um Tempo auf dem Rondell, ein Run auf die Privilegien setzt ein. Jeder sucht sich seinen Bereich, den er maximal multiplizieren möchte. Sind es beispielsweise die Faktoreien, konzentriere ich mich fortan voll auf „Privileg“ (Multiplikator), „Baumeister“ (Faktoreien bauen) und „Arbeiter“ (um die Privilegien zu bezahlen; außerdem darf ich ab sechs Arbeitern zwei Faktoreien auf einmal errichten). Geht mir das Geld aus, schalte ich einen Zwischenschritt ein und schaue beim „Markt“ vorbei. Aus einer offenen, experimentellen Anfangsphase geht NAVEGADOR in eine Phase des Abarbeitens über.

Was taugt es? Alles in allem bin also nicht restlos zufrieden mit dem Spiel, und die Wertung „solide“ wäre für mein Empfinden vertretbar gewesen. Thema und Gestaltung verleihen NAVEGADOR jedoch eine überdurchschnittlich reizvolle Atmosphäre, die mich bereits zu so mancher Partie verlockt hat und durchaus noch zu weiteren Partien verlocken könnte.

NAVEGADOR von Mac Gerdts für zwei bis fünf Spieler, PD-Verlag.

Donnerstag, 2. Juni 2011

Cargo Noir

Alkohol, Waffen, Gold, Uran. Nichts Besonderes, Standard eben. Für alle, die schon immer mal wissen wollten, wie ein Kritiker so lebt, beschreibe ich hier das branchenübliche Interieur meiner brachenüblichen Villa. Der Zufall will, dass es um genau diese Güter (sowie um fünf andere) auch bei CARGO NOIR geht. Ich kann also mit Lug Fug und Recht behaupten, ich sei vom Fach.


Wie geht CARGO NOIR?
CARGO NOIR ist ein Versteigerungsspiel, bei dem (im Spiel zu fünft) acht Versteigerungen gleichzeitig laufen und ein Spieler sich parallel an bis zu fünf davon beteiligen kann. Angeboten werden jeweils ein bis vier zufällig aus dem Beutel gezogene Schmuggelgüter. Um mitzubieten, stellt man eines seiner Schiffe zu den Waren und unterfüttert dieses Gebot mit Münzen. Kommt ein Spieler an den Zug, prüft er zunächst, ob er irgendwo eine Runde lang nicht überboten wurde, also der Meistbietende ist. In dem Fall zahlt er die Münzen und nimmt sich die Waren. Wurde er überboten, erhöht er den Einsatz oder zieht sein Schiff samt Kapital zurück.
Mit den Waren bildet man Serien, die aus entweder nur gleichen oder nur verschiedenen Gütern bestehen. Serien gleicher Güter sind wertvoller. Da bloß eine begrenzte Zahl Waren mit in die nächste Runde genommen werden darf, wird irgendwann getauscht. Entweder gegen Siegpunkte oder gegen hilfreiche Dinge wie mehr Lagerraum, zusätzliche Schiffe oder das „Syndikat“, das Geld abwirft, sobald der Besitzer in irgendeiner Versteigerung nicht zum Zuge kommt.

Was passiert? Es geht flott los. Man weiß noch nichts, man hat noch nichts, man bietet einfach mal. Bald sammeln sich Güter an, man muss was kaufen, und an dieser Stelle entscheiden sich die meisten Spieler für die hilfreichen Dinge. Also kommen immer mehr Schiffe ins Spiel, die Syndikate inflationieren die Währung, die Gebotslage wird unübersichtlicher, die Runden dauern länger.
Jeder sammelt jetzt darauf, eine möglichst lange Serie zu kreieren. Das Gelingen hängt teilweise vom Bietverhalten der Mitspieler ab, teilweise davon, was aus dem Beutel gezogen wird. Diese Endphase des Spiels sollte eigentlich der spannungsgeladene Höhepunkt sein; nach meinem Empfinden ist die Luft aber längst raus. Die sich ständig wiederholenden Bietprozesse ermüden. CARGO NOIR ufert aus und verliert sich in den Abläufen; es fehlt ein Fokus.

Was taugt es? Die Comic-Grafik von CARGO NOIR mit ihren witzigen Details gefällt mir ausgesprochen gut. Das Thema hätte mich von Berufs wegen auch interessiert, doch Spielidee und –mechanismus tragen nicht über die volle Distanz.

CARGO NOIR von Serge Laget für zwei bis fünf Spieler, Days of Wonder.