Ich erinnere mich, dass an den Seitenrändern der Schachtel von MEDINA (2001) der Hinweis zu sehen war: „Viel Holzmaterial!“ Und so ändern sich die Zeiten. Heute scheint bei Kickstarter-Kampagnen „Viel Plastikmaterial!“ deutlich mehr zu ziehen.
Wie geht ARKEIS? In Ägypten nehmen wir an einer Expedition teil, um bereits geplünderte archäologische Ausgrabungsstätten nochmals zu untersuchen. Wir steigen in Gebäude ein, begegnen Kontrahent:innen und Monstern, die wir bekämpfen. Wir erkunden Räume und finden hilfreiche Dinge.
ARKEIS ist ein storybasierter Dungeoncrawler, es ist zugleich ein Kampagnenspiel über sieben Episoden plus Prolog. Nicht zuletzt ist es ein Miniaturenspiel. Die Plastikfiguren nehmen die Hälfte der riesengroßen Schachtel ein.
Die Regeln sind mittelkomplex und werden durch ein Tutorial gut eingeführt. Wer am Zug ist, führt zwei Aktionen aus: bewegen, helfen, erkunden (wenn es was zum Erkunden gibt) oder kämpfen (wenn es jemanden zum Bekämpfen gibt). Gegenstände in meinem Besitz modifizieren die Aktionen. Jeder Charakter hat eine Spezialeigenschaft und kann noch weitere Fähigkeiten hinzugewinnen. Éléonore zum Beispiel kann von Beginn an besonders gut entdecken, Rhiat besitzt Heilkräfte. Kann man brauchen. Denn Kämpfe führen zu Verletzungen, und zu viele Verletzungen führen zu einem Trauma, das dauerhafte Nachteile einbringt.
Das Spielziel jeder einzelnen Episode muss innerhalb einer bestimmten Rundenzahl erreicht werden. Die verrinnende Zeit zählen wir mit Schicksalsmarken, von denen wir pro Runde eine abgeben. Mit wie vielen wir starten, hängt von der Mitspieler:innenzahl ab. Schicksalsmarken können auch außer der Reihe verloren gehen, teilweise unfreiwillig, teilweise durch unsere Entscheidung: Erziele ich das Würfelsymbol Pharao, darf ich den Würfel auf eine beliebige Seite drehen – wenn ich eine Marke in meinen Rucksack packe. Mit dieser Verzweiflungsaktion verkürze ich nicht nur die Spieldauer, sondern halse mir etwas auf, von dem ich nur ahnen kann, wie es sich auswirken wird. Ziemlich sicher negativ.
Was passiert? Ohne zu wissen, was uns erwartet und worauf das alles hinausläuft, tasten wir uns Raum für Raum und Episode für Episode vorwärts. Wir lesen viele Texte, und oft müssen wir würfeln. Beim Kämpfen und beim Entdecken. Die Kampfwürfel wirken sich unmittelbar aus, die Ergebnisse der Entdeckungswürfel erlauben uns, Felder in einem zur Episode gehörenden Raster abzukreuzen. Bestimmte Reihen und Spalten wollen wir komplett füllen, um Belohnungen zu erhalten und Strafen zu vermeiden. Teilweise haben wir die Wahl, ob wir bevorzugt auf Gegenstände, Geld oder positive Ereignisse abzielen.
Teilweise haben wir keine Wahl, weil die Würfel es schlichtweg nicht zulassen. Insgesamt bin ich überrascht, wie wenig Ausgleich das Spiel herstellt. Legacy-Spiele habe ich bislang so kennengelernt, dass weniger erfolgreiche Gruppen vom Spiel ein bisschen Hilfe bekommen. In ARKEIS bringt der negative Ausgang einer Episode eine Bestrafung, fehlende Kreuze im Raster bedeuten fehlende Ausrüstung, und wenn man kein Geld eingenommen hat, kann man sich keine Lagerverbesserungen kaufen, die der gesamten Gruppe helfen. Wer eine Episode erfolgreich abschließt, hat damit auch für kommende Episoden bessere Chancen. Und umgekehrt. Insgesamt ist ARKEIS allerdings eher leicht. Die Negativspirale, die sich vielleicht entwickeln könnte, habe ich nicht erlebt.
Die allermeisten Monster sind statisch. Sie warten, bis man zu ihnen hinzieht. Das mag unlogisch sein, hält das Regelwerk aber angenehm schlank. Sobald ich in einer Episode zum ersten Mal auf eine bestimmte Art von Gegner treffe, zum Beispiel auf einen Skorpion, ziehe ich eine Karte, die für den Rest der Episode definiert, wie die Skorpione gegen mich agieren. Da kann man natürlich Pech haben, eine schwierige Karte zu erwischen, die nun für lange Zeit an einem kleben bleibt. Trotzdem finde ich dies eine gute Lösung, um die Monster mit geringem Aufwand von Episode zu Episode und von Spieler:in zu Spieler:in abwechslungsreich zu halten. Und es eröffnet etwas Taktik. Denn natürlich können wir uns für den Rest des Kapitels auf die Eigenschaften der Monster einstellen. Insgesamt dominiert aber das Glück, nicht die Taktik. Die Kämpfe machen einen großen Teil des Spiels aus, und ich habe sie zunehmend als zäh und ermüdend empfunden.
Die Spielerzählung liefert keine brauchbaren Hinweise für unsere Entscheidungen. Die Handlung ist komplett vorgegeben, Freiheiten bieten sich uns kaum. Ich fand es weitgehend willkürlich, welchen der vielen in den Räumen verstreuten Marker man zuerst erkundet. Oft muss man für das Weiterkommen unweigerlich einen Schlüssel oder Ähnliches finden. Und weil Anhaltspunkte fehlen, wo der Schlüssel sein könnte, grast man eben einen Marker nach dem anderen ab.
Was taugt es? Spielerisch ist ARKEIS herkömmlich und frei von Überraschungen. Wir laufen rum, wir erkunden, wir kämpfen. Von Episode zu Episode werden wir stärker, aber unsere Gegner auch. Die atmosphärische Geschichte überrascht mit Steampunk-Elementen. Explizit reihen sich „Grabräuber“ auf der Gegenseite ein und gehören zu denen, die uns bekämpfen. Wir sind also die Guten, die keine Kulturschätze rauben. Gut so! Nichtsdestotrotz sacken aber auch wir alles ein, was wir finden. Es könnte sich ja noch als nützlich erweisen.
ARKEIS bietet einen schönen Spielkomfort. Alles, was wir für das nächste Kapitel benötigen, kommt in einer kleinen Box daher, die wir zu Beginn der Episode öffnen. Flache Schachteln, in die wir verschiedene Böden legen, lassen sich durch die Türen miteinander verklammern und bilden das variable Spielfeld. Alle Räume sind groß genug, dass auch wirklich alle Miniaturen Platz haben. Die Miniaturen sind hochwertig, nach meinem Empfinden sogar pompös. Ich bin kein Miniaturen-Fan und frage mich, ob man wirklich zehn Zentimeter große Plastikfiguren braucht, um sie im Spiel ein oder zwei Mal einzusetzen. Besonders lächerlich finde ich in dieser Hinsicht die Sphinx, die als Anzeiger benutzt wird, wo es in anderen Spielen ein kleiner Pappmarker getan hätte.
**** solide
ARKEIS von Antoine Bauza, Corentin Lebrat, Ludovic Maublanc und Théo Rivière für eine:n bis fünf Spieler:innen, Board Game Box.