Freitag, 28. Februar 2025

Gern gespielt im Februar 2025

DER HERR DER RINGE – DIE GEFÄHRTEN – DAS STICHSPIEL: Aber Stich kam bislang noch nicht vor.

BRILLIANT: Das Brillanteste: Ohne Nachbarn geht es nicht!

RIVAL CITIES: Linden gegen Hannover, nur auf Hamburg gemünzt.

7 EMPIRES: Empires zählen mehr als Empirie. Zu allen Zeiten.

DORFROMANTIK SAKURA: Die Kirsche im Dorf lassen.







UND AM LIEBSTEN GESPIELT IM FEBRUAR:

BOMB BUSTERS: Kabelage und Liebe.







Dienstag, 25. Februar 2025

7 Empires

7 Empires: Cover

Einleitung? Da habe ich keine Aktien drin.

Wie geht 7 EMPIRES? Wir spielen sieben europäische Großmächte des 18. Jahrhunderts. Wer die wertvollsten Einflusskarten einer Großmacht besitzt, führt – normalerweise – deren Spielzüge aus. Allerdings: Komme ich an die Reihe und alle Nationen, deren Boss ich bin, haben bereits gezogen, darf ich ersatzhalber eine andere Nation ziehen, die noch nicht dran war und deren Anteile ich besitze. Das kommt insbesondere dann vor, wenn ich nur eine oder gar keine Nation anführe.
Die Nationen wollen Machtpunkte generieren. Alle Anteile des bei Spielende mächtigsten Staates werden mit 7 multipliziert. Gewinnt Habsburg, und ich besitze die österreichische Adlige (6) sowie zwei österreichische Bauern (3), sind das schon mal 84 Siegpunkte. Die zweitmächtigste Nation erhält einen Multiplikator von 6 … und immer so weiter bis zur Losernation mit dem Multiplikator 1.
Macht gewinnen die Großmächte, indem sie Territorien besetzen und in einer späteren Aktion („Empire“) werten. Oder mit der Aktion „Palast“ Paläste errichten oder verbessern und sofort auch werten. Zwei der fünf möglichen Aktionen sind aggressiv („Feldzug“ und „Attacke“), mit „Bauen & Rüsten“ rüste ich auf. Jede Aktion, die ich wähle, steht der Großmacht in den anschließenden zwei Runden nicht zur Verfügung.

7 Empires: Situation

Wir starten mit vorgegebenen Aktienpaketen (für jede Spieler:innenzahl gibt es mindestens zwei Varianten) und einer vorgegebenen Startaufstellung. Haben alle Großmächte ihren Zug gemacht, decken wir das nächste der bei Spielbeginn in eine zufällige Reihenfolge gebrachte Runden-Plättchen auf. Meistens besagt es, dass jede:r sich eine weitere Einflusskarte nehmen darf, und in welcher Reihenfolge dies geschieht. Alle Nationenstapel sind vorsortiert. Wer zuerst kommt, kriegt höherwertigere Anteile. Wer später kommt, kriegt nur noch einen Bauern. Oder irgendwann auch gar nichts mehr.

Was passiert? Während die erste Runde meist noch eher gleichförmig verläuft, entwickelt sich bald ein dynamischer Schlagabtausch. Bin ich der Führende in Frankreich und Spanien, wird an der gemeinsamen Grenze dieser Mächte sicherlich einträchtige Ruhe herrschen. Frankreich kann sich bequem nach Norden oder Osten orientieren. Knöpft mir jemand Spanien ab, ist in Frankreichs Süden nun möglicherweise freie Bahn.
Gewiss könnte ich mir ebenfalls spanische Anteile nehmen und den Übernahmeversuch kontern. Aber vielleicht traue ich Spanien langfristig nicht so viel zu. Oder ich finde es gar nicht so schlecht, eine Herrschaft abzugeben, weil ich dann auch mal eine Großmacht ziehen könnte, ohne ihr Mehrheitseigner zu sein. Preußen zum Beispiel, das sich unter meiner Führung plötzlich nach Osten statt wie zuvor nach Westen orientiert.

7 Empires: Anteile

Wenig in 7 EMPIRES ist vorhersehbar. Zu häufig wechseln die Interessen und Allianzen. Zu unsicher sind Gebietsgewinne. Und vielleicht lässt sich jemand, obwohl selbst in Russland investiert, bequatschen und gibt dem vermeintlich übermächtigen Russland eins auf den Deckel. Offensichtlich ist eigentlich nur, dass ich denjenigen Mächten schaden möchte, deren Anteile ich überhaupt nicht besitze. Und selbst das überlege ich mir während der Partie vielleicht noch mal anders, weil es plötzlich Gründe gibt, in die bislang verschmähte Farbe einzusteigen.
7 EMPIRES ist ein hoch interaktives und auch psychologisches Spiel, indem es mit Kategorien wie „mein“ und „dein“ spielt. Nichts ist hier wirklich meins, ich besitze von allem nur Anteile. Allzu sehr sollte ich mich nicht an die mir bei Spielbeginn zugelosten Farben klammern. Genauso wie ich Verluste nicht persönlich nehmen sollte. Vielleicht ergibt es sich, dass Gegner:innen von jetzt Partner:innen von nachher sein werden.
Vieles hängt in 7 EMPIRES vom Timing ab, von der Reihenfolge, in der die Großmächte ziehen, und davon, welche Aktionen sie dann gerade zur Verfügung haben: Ob ich es beispielsweise schaffe, die eroberten Gebiete noch zu werten, oder ob mir ein Großteil vorher wieder abgenommen wird. Oder ob ich im großen Stil aufrüsten kann oder ob jemand kurz zuvor meine Heimatstädte besetzt. Während sich dies teilweise noch planen lässt, ist es schlichtweg Zufall, wer beginnen darf, wenn es gilt, weitere Anteilsscheine zu nehmen. Das kann schon einen bedeutsamen Unterschied machen, wenn etwa nur noch eine letzte Aktie von England im Spiel ist und alle sie haben wollen.

Was taugt es? Schon mehrfach haben mich die Endergebnisse in 7 EMPIRES überrascht. Und mehrfach haben sich die Ränge in den letzten Zügen noch ordentlich verschoben. Weil 7 EMPIRES so interaktiv und so verflochten ist, ist jede Partie wie eine kleine Wundertüte. Das macht 7 EMPIRES sehr spannend. Und auch immer wieder reizvoll, weil es sich nicht so schnell erschöpft.
Die Anleitung hätte für mein Empfinden ein paar Beispiele und Erläuterungen mehr vertragen. Manches ist arg knapp gehalten. Das Material ist sehr wertig. Doch manches wirkt unausgegoren. Neben den Spielplan müssen noch sieben kleine Täfelchen gelegt werden, um pro Nation drei Steine darauf abzustellen. Für jede der Großmächte gibt es eine Materialbox. Doch fürs Verstauen in der Schachtel muss man alles wieder umfüllen; die Boxen eignen sich dafür nicht. Das haben andere Verlage schon besser hingekriegt.


***** reizvoll

7 EMPIRES von Mac Gerdts für zwei bis sechs Spieler:innen, PD-Verlag.

Montag, 17. Februar 2025

Die drei Kolosse

Die drei Kolosse: Cover

Hah, ich werde hier auf keinen Fall meine supertolle Einleitung spoilern!

Wie geht DIE DREI KOLOSSE? Im fiktiven Örtchen Nottheim geschehen merkwürdige Dinge rund um drei riesige Steinskulpturen, genannt die „Kolosse“. Wir – in der Rolle von Wissenschaftler:innen – wurden herbeigerufen, um den Fall zu untersuchen und aufzuklären.
DIE DREI KOLOSSE ist ein Rätselspiel mit ausgeprägtem Hörspiel- und auch Videoanteil. Es bindet uns ein, indem wir immer mal wieder Dialoge mit verteilten Rollen vorlesen müssen. Sind wir nicht exakt fünf Personen, muss jemand dabei mehrere Rollen übernehmen bzw. kriegt keine ab. Nicht so schlimm.
Das Spiel enthält 18 verschlossene Briefumschläge, die auf bestimmte Stichworte oder sonstige Anweisungen hin geöffnet werden dürfen. Drin befindet sich sehr viel und sehr vielfältiges Material: Zeitungsschnipsel, Prospekte, Bieruntersetzer, Broschüren, Fotos, Polizeiakten, Buchseiten, Karten, Tabellen und so weiter und so weiter. Das alles müssen wir sichten, um die Rätsel zu lösen und so die Geschichte voranzutreiben.
Nach drei Kapiteln, die jeweils etwa zwei Stunden dauern und nicht am Stück gespielt werden müssen, sind alle Rätsel gelöst und der Fall aufgeklärt.

Was passiert? Mehr als viele andere Escape-Spiele erzählt DIE DREI KOLOSSE eine Geschichte und mehr als in vielen anderen Escape-Spielen sind wir Teil dieser Geschichte. Die professionell gemachten und mit Bildern unterlegten Hörspiele schaffen viel Atmosphäre.
Es macht Spaß, sich das anzuhören, weil die Geschichte mit Humor und Augenzwinkern erzählt wird. Wie sehr man eintaucht und sich gefangen nehmen lässt, ist sicherlich von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich. Mir wurde es, je weiter DIE DREI KOLOSSE voranschritt, zu lang. Viele Dialoge verlangsamen das Tempo und bringen die Geschichte nicht weiter. Vor allem wird die Geschichte für mein Empfinden immer abstruser. Nachdem alles zunächst so professionell wirkt, hätte ich auch beim Storytelling ein hohes Niveau erwartet. Das hat sich nicht erfüllt.

Die drei Kolosse: Umschläge

Sehr positiv fällt hingegen das mit spürbarer Liebe zum Detail gestaltete Material auf. In DIE DREI KOLOSSE steckt offenbar viel Handarbeit. Zettel beispielsweise hat, damit wir sie zerknickt vorfinden, extra irgendjemand zerknickt. Die Vielfalt der Materialien ist beeindruckend. Hier und da sind kleine Gags eingebaut. Die Arbeitszeit, die Autor und Verlag in dieses Spiel gesteckt haben, muss enorm gewesen sein.

Was taugt es? Diese Liebe und Hingabe, die man beim Spielen wahrnimmt, wertet das Spiel auch auf. Man mag es deshalb ein bisschen mehr. Oder möchte es zumindest mehr mögen. Wenn ich aber rückblickend in mich hineinhorche, ob ich einen potenziellen zweiten Teil spielen wollte, lautete die Antwort trotzdem nein. Leider nein.
Noch mehr als an den Längen und der für mich unbefriedigenden Story-Entwicklung liegt das an den Rätseln. Keines davon hat bei mir diesen schönen Aha-Moment auslösen können, der entsteht, wenn man merkt, wie der Groschen langsam fällt.
Viele Rätsel sind eher Fleißaufgaben. Ich empfand es beispielsweise als lästig, in dem Wust von Material, der sich irgendwann vor uns auftürmt, noch einmal alte Dokumente suchen und dann durchforsten zu müssen, weil plötzlich und zusammenhangslos der vierte Buchstabe des Vornamens einer Nebenfigur gefragt ist.
Die Rätsel liegen nach meinem Empfinden fast immer ein kleines Stück daneben, was den Schwierigkeitsgrad, die Klarheit der Aufgabenstellung und das richtige Maß an Hilfestellung angeht. Deswegen sind sie weniger befriedigend oder gar begeisternd als in anderen Rätselspielen.


*** mäßig

DIE DREI KOLOSSE von Johannes Lorenzen für zwei bis sechs Spieler:innen, PD-Verlag.

Donnerstag, 13. Februar 2025

Humanity

Humanity: Cover

Um 9:17 Uhr am Morgen des 15. Juli 2073 landen die Schiffe des Humanity-Programms auf Titan. So behauptet es der Schachteltext. Und ich gelobe: Wenn das tatsächlich so eintritt, spendiere ich postwendend um 9:18 Uhr eine Einleitung!

Wie geht HUMANITY? In HUMANITY sind wir schon auf Titan (das ist ein Mond des Saturn) und bauen unsere Basis auf. Logischerweise arbeitet die Menschheit auch im Jahr 2073 noch gegeneinander, folglich entstehen konkurrierende Basen. Und es ist ebenfalls klar, dass es um Punkte geht. Wozu sonst haben wir uns auf diesen irre langen Weg gemacht?
HUMANITY ist ein Figureneinsetzspiel. In jedem Zug benutze ich eine meiner bis zu drei aktiven Figuren. Sie kann entweder auf meiner Basis bleiben und dort Rohstoffe produzieren. Oder ich investiere Rohstoffe und kaufe ein weiteres Modul für meine Basis. Dazu muss ich die Figur ans zentrale Rundtableau stellen, genau an den Ort, wo das erworbene Plättchen liegt.

Humanity: Spielplan

Das ist deshalb von Bedeutung, weil die Figuren nicht automatisch bei Rundenende zurückkehren. Abhängig davon, welche und wie viele Module wir kaufen, dreht sich der Gelenkarm des Tableaus bei Rundenende mehr oder weniger weit. Alle Figuren, an denen er vorbeifährt, dürfen zurück. Um meine Figur schnell zurückzubekommen, möchte ich also tendenziell Module kaufen, die nah am Dreharm liegen. Nur ist eben nicht gesagt, dass das die Module sind, die mir weiterhelfen. Oder dass ich sie bezahlen kann. Oder dass man sie mir lässt.
Die Module bringen andere und bessere Rohstoffe. Oder sie zählen Punkte, wofür ich die Module in einer bestimmten farblichen Anordnung bauen muss. In HUMANITY gibt es zwei Sorten Punkte: neben den „echten“ Siegpunkten zusätzlich solche („Forschungspunkte“), die zunächst nur meinen Marker auf einer Skala vorantreiben. Am Ende jeder der drei Runden wird die Position aller Marker (wie weit bin ich insgesamt gelaufen und wie viele Personen habe ich hinter mir gelassen?) in Siegpunkte umgerechnet, und alle Marker starten wieder bei Null.
Zugleich konkurrieren wir um das schnelle Erfüllen von in jeder Partie anderen Zielen: Ich soll mindestens drei lila Module haben oder fünf Module in einer waagerechten Reihe oder auf meinen Plättchen sollen sich vier Methan- oder Bioplastik-Symbole befinden.

Was passiert? HUMANITY enthält einige Wettlaufelemente: Ich will den anderen bestimmte Plättchen wegschnappen, ich will Ziele zuerst erreichen. Hilfreich wäre da eine Einschätzung, was die Konkurrenz aktuell so kann.

Humanity: Basis

Jedoch: Wer wie viele Rohstoffe besitzt, wird ähnlich wie in DIE SIEDLER VON CATAN – DAS KARTENSPIEL (bzw. CATAN – DAS DUELL) auf den Plättchenrändern von Produktionsmodulen angezeigt. Erhalte ich einen Eis-Rohstoff, drehe ich das Eis-Produktions-Modul um 90 Grad, und es zeigt nun eine Ressource mehr an. Die Produktionsmodule verteilen sich relativ beliebig über meine gesamte Basis. Den Überblick über meine Rohstoffe zu behalten, ist umständlich. Will ich auch noch die Vorräte der Konkurrenz abchecken, muss ich lange herumsuchen.
Der klar interessanteste Kniff des Spiels ist das Figurenmanagement. Setze ich eine Figur ein, um ein Plättchen zu kaufen, zahle ich nebst Rohstoffen auch mit der Ressource Zeit. Muss ich eine oder gar mehrere Runden auf die Figur verzichten, gehen mir mögliche Aktionen durch die Lappen. Ob sich das lohnt, ist eine spannende Abwägung.

Was taugt es? Einerseits ist HUMANITY strategisch. Die Anordnung meiner Module konzipiere ich wegen der Ziele mit langfristigem Plan. Kommt eine Figur vom zentralen Tableau zu mir zurück, muss ich sie vorausschauend platzieren, denn genau an diese Stelle müsste ich später das Modul bauen, falls ich diese Figur für einen Kauf entsende. Spielfehler werden spürbar bestraft.
Andererseits ist vieles auch Zufall. Wer die Ziele zuerst erfüllen kann, ist teilweise Glückssache. Es kann schlichtweg davon abhängen, wann die benötigten Teile ins Spiel kommen und wer dann den ersten Zugriff hat. (Kleine Einschränkung: Ja, ähnlich der längsten Handelsstraße in CATAN können einem die erworbenen Ziel-Urkunden wieder abgejagt werden. Aber: Wer sie zuerst hat, ist erst mal im Vorteil.)
Trotz Gemecker würde ich HUMANITY nicht als misslungen bezeichnen. Die Elemente greifen gut ineinander, der Figureneinsatz wird durch die zeitverzögerte Rückholung auf interessante Weise variiert.
Allerdings bringt diese kleine Neuerung nun auch nicht so viel Zusatzreiz, dass es mich zu weiteren Partien verlockt. Der Spielablauf ist gleichförmig, die Handhabung umständlich. HUMANITY fühlt sich überwiegend sattsam bekannt an. Es bietet zwar einiges für den Kopf, aber wenig für Herz und Bauch.

Humanity: Experimente

Die nüchterne, blasse Gestaltung unterstützt das Spiel nicht gut. Sie passt lediglich gut zum nüchternen, blassen Spiel. HUMANITY ist längst nicht so aufregend, wie es uns die Hintergrundgeschichte samt beiliegendem Büchlein mit fiktionaler Story und historischen Informationen suggerieren möchte. Die Rohstoffe heißen zwar mal nicht Holz und Stein, sondern Insekten und Bioplastik; mechanisch aber knüpft nichts an die Sci-Fi-Spielgeschichte an.
Warum bei einem so durchschnittlichen und so wenig thematischen Spiel so viel Aufwand betrieben wird, um es mit aufwendig gemachtem Beibuch besonders thematisch erscheinen zu lassen, ist mir ein Rätsel.


*** mäßig

HUMANITY von Yoann Levet für zwei bis vier Spieler:innen, MM-Spiele.

Sonntag, 9. Februar 2025

Vor 20 Jahren (146): Ubongo

Ubongo: Cover

UBONGO (von Grzegorz Rejchtman bei Kosmos) ist eines der wenigen Spiele, die auch ohne die Auszeichnung „Spiel des Jahres“ zum Longseller wurden. Ich vermute, dass UBONGO sogar bekannter und verbreiteter ist als das 2005er Spiel des Jahres NIAGARA.

Also eine Fehlentscheidung, nicht UBONGO zu wählen? Nun ja, erstens ist es hinterher immer leicht, es vorher gewusst zu haben. Zweitens geht es bei der Wahl eines Titelträgers auch gar nicht darum, dasjenige Spiel herauszufiltern, welches die besten Verkaufszahlen erreichen wird. Sonst könnte man sich die Sache sehr erleichtern und jedes Jahr einfach irgendein MONOPOLY-Dingens küren. Nein, es geht eben auch um Kriterien wie Schöpfungshöhe und Originalität, Handhabung und Thema, Optik und Material.

Ich war 2005 beim Auswahlprozess nicht dabei, deshalb kann ich munter drauflos spekulieren: Woran lag’s vielleicht?

UBONGO hat eine ziemliche Schwäche. Die Wertungsphase läuft chaotisch ab. Figuren kippen um, Edelsteine fliegen durch die Gegend, es gibt Streit, wer wann hätte ziehen und nehmen sollen. Ich weiß nicht, wie viele Menschen das Edelstein-Grabbeln tatsächlich regelkonform spielen können. Dass dies stattfinden soll, noch während die Sanduhr läuft, ist meines Erachtens eine Design-Fehlentscheidung.

Auch die thematische Einbettung von UBONGO ist fragwürdig. Die Grafik versammelt irgendwelche Afrika-Klischees, deren Bezug zum Spiel nicht erkennbar ist. Und Grund Nummer drei, warum UBONGO nicht gewählt (und nicht mal nominiert!) (und nicht mal empfohlen!) worden ist, mag – wie gesagt: ich spekuliere! – die Neigung sein, das allzu Einfache abzuwerten.

Diese Neigung nehme ich nicht nur bei Kritiker:innen wahr – inklusive mir selbst, wie ich leider zugeben muss. Auch bei Spieler:innen beobachte ich das. Viele tun sich leichter damit, kompliziertere Spiele gut zu finden. Und das gilt nicht nur für Vielspieler:innen. Auch Normalos überraschen mich am Ende eines Spielenachmittags immer wieder, indem sie das Spiel, das sie mit Ach und Krach und mit viel Hilfe gerade so über die Bühne bringen konnten, besser bewerten als eins, das sie nach meiner Wahrnehmung gut verstanden und mit sichtbarem Spaß genossen hatten.

Gewiss gilt das nicht für alle Spieler:innen, aber doch für genügend viele, dass es mir als Muster auffällt: Einem Vergnügen, das man einfach so empfindet, ohne es sich mühevoll erarbeitet zu haben, misstrauen manche. Es ist offenbar gefühlt ein zu billiges Vergnügen. „Nichts Richtiges“.

UBONGO ist dieses sehr einfache Vergnügen. Das Spiel folgt einer einzigen großen Idee: Hier hast du drei oder vier Puzzleteile. Bau damit, so schnell du kannst, dein Raster voll! Und weil das der Kern von UBONGO ist und nicht die Auswertungsphase, stören sich beim Spielen vermutlich gar nicht so viele Leute daran, wenn das Edelsteingegrabbel weniger toll ist.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich UBONGO bereits 2005 gegenüber NIAGARA vorgezogen habe. Aber ein paar Jahre später war ich definitiv soweit. Denn NIAGARA beisitze ich schon lange nicht mehr, UBONGO noch immer.


Mittwoch, 5. Februar 2025

Fairy Ring

Fairy Ring: Cover

Bekanntlich erfüllen Feen ja Wünsche. Doch offenbar hat sich keine meiner Leser:innen eine Einleitung gewünscht. Schade. (Merke ich mir dann auch für die Folgewochen!)

Wie geht FAIRY RING? Wir bauen aus Karten einen Pilzwald. Mit jeder Karte, die ich in meinen Waldabschnitt lege, beginne ich entweder einen weiteren Pilz. Oder ich erhöhe einen Pilz derselben Farbe. Unsere Pilze bilden einen Rundparcours, der mit jedem weiteren Pilz ein Feld länger wird. Und meine gelegte Karte bestimmt ebenso, um wie viele Pilze meine Fee auf diesem Parcours im Uhrzeigersinn weiterfliegt.
Lande ich mit meiner Figur auf einem meiner Pilze, erhalte ich Mana (ein anderes Wort für Punkte). Wie viel, hängt vom jeweiligen Pilz ab. Der gelbe Pilz schüttet so viel Mana aus, wie ich Pilze in meinem Wald habe. Multipliziert mit der Höhe dieses gelben Pilzes. Der rote Pilz bringt Mana entsprechend der Flugweite meiner Fee. Ebenso multipliziert mit der Höhe des Pilzes. Und so weiter.
Lande ich auf einem gegnerischen Pilz, kassiert diese Gegner:in das Manaeinkommen. Besitze ich allerdings einen Pilz derselben Farbe, kassiere ich auch für meinen Pilz, so als ob meine Fee dort gelandet wäre.


Fairy Ring: Situation

Was passiert? Je länger der Parcours wird, desto mehr Schritte benötigt die Fee, um nach einer Umrundung wieder zu meinen Pilzen zurückzukehren. Ich kann also längst nicht jedes Mal in meinem Waldviertel landen. Lande ich anderswo, will ich das gezielt so tun, dass ich mindestens genauso viel, im Bestfall sogar mehr verdiene als die Pilzbesitzer:in. Na gut, notfalls auch ein bisschen weniger, Hauptsache irgendwas. Und wenn das nicht geht, peile ich einen der Pilze an, die nur beim Drüberfliegen Einkommen ausschütten, nicht aber beim Landen. Dann bekommt wenigstens niemand was.
Das kann ich allerdings nur so halb steuern. Erstens ist meine Kartenauswahl limitiert. Wir starten pro Durchgang mit sieben Karten, davon wählen wir eine, geben den Rest an die Nachbar:in weiter. Klassisches Draften also. Und die Pilzfarbe, die ich am liebsten hätte, gewährt mir vielleicht nicht die Zugweite, die mir am besten gefiele.
Zweitens wählen wir zwar alle gleichzeitig, führen die Züge aber nacheinander aus. Bin ich nicht gerade Startspieler, kann es sein, dass der von mir angepeilte vier Felder entfernte Pilz, plötzlich fünf Felder entfernt ist, weil jemand noch einen weiteren Pilz davorgebaut hat. Und mit meinen vier Schritten lande ich dann so gar nicht da, wo ich es gehofft hatte.
Sitze ich hinten, führt diese Ungewissheit dazu, dass ich meine Karten spekulativer wähle. Vielleicht nehme ich gleich eine mit fünf Schritten, weil doch bestimmt irgendwer dazwischenpilzt. Oder gar eine mit sechs?
Noch kniffliger werden die Abwägungen, spielen wir mit Zielkarten. Um viele Extrapunkte zu gewinnen, soll ich jetzt bis Spielende zwei Pilze der Höhe vier bauen oder sieben verschiedene Pilze. Drei Ziele sind gleichzeitig im Spiel. Bei den gerade mal 13 Karten, die mein Pilzwald groß wird, erledigen sich diese Vorhaben nicht nebenbei, sondern nur wenn ich mich darauf konzentriere – und schon gibt es neben der Feenreichweite und der Einkommensstärke meiner Pilze noch ein drittes Kriterium, das ich beachten möchte.


Fairy Ring: Karten

Was taugt es? Bei allem, was es abzuwägen gibt: FAIRY RING ist ein einfaches und schnelles Spiel. Man kann Glück haben, man kann reinfallen. Pläne gehen auf oder leider nicht. Man kann nett oder böse spielen. Manche Spieler:innen gönnen gar nichts. Anderen ist es nicht so wichtig, ob andere mehr verdienen. So kann FAIRY RING durchaus aufgrund von Unachtsamkeit oder Königsmacherei entschieden werden, was angesichts von Spieltiefe und Spieldauer nicht allzu negativ ins Gewicht fällt.
Das Material unterstützt sehr gut den Draftmechanismus für Menschen, denen so etwas zum ersten Mal begegnet. Die Gestaltung ist herzallerliebst. Nur die weitgehend transparenten Feen sind weniger gelungen. Sie werden häufiger verwechselt. Und plane ich versehentlich mit einer Fee, die gar nicht meine ist, kommt selten etwas Gutes dabei heraus.
FAIRY RING ist spannend. Es gibt Erfolgsmomente, es gibt Zockmomente, es gibt Verzockt-Momente. Gemeinsam einen Rundkurs zu bauen und ihn gleichzeitig zu durchlaufen, finde ich originell. FAIRY RING ist ein grundsolides Spiel, bei dem vieles stimmt.
Für „reizvoll“ reicht es am Ende trotzdem nicht ganz. Gemessen an Material- und Regelaufwand sind die Partien arg kurz. Bei mir bleibt da nicht das Gefühl, dass mich beim nächsten Mal etwas anderes erwarten wird, oder dass es da noch etwas gibt, was ich ausprobieren möchte. Sondern es werden dieselben paar Züge sein, in denen ich dasselbe versuche. Gäbe es die Wertung „nett“, ich schriebe „nett“.


**** solide

FAIRY RING von Laurence Grenier und Fabien Tanguy für zwei bis vier Spieler:innen, Repos Production.