Montag, 30. November 2009

Gern gespielt im November 2009

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

VOR DEN TOREN VON LOYANG: Leidend? Verzweifelt? Abgebrannt? Nicht mehr lange! EDITIONEN FÜR MILLIONEN gehen in die nächste Runde. Ein Set exklusiver Spezialkarten hilft aus der Patsche und stiftet neue Lebensfreude zur Adventszeit. (Demnächst in diesem Blog.)

DOMINION - SEASIDE: Aus meiner Sicht die bislang am wenigsten begeisternde Box. Warum SEASIDE dann trotzdem in dieser Rubrik auftaucht? Nun ja, es ist halt DOMINION...



EGIZIA: Nichts reimt sich auf Knizia.





MACAO: Der Witz, dass alle Frauen in MACAO einen Bart haben, hat vermutlich einen Bart.




HANSA TEUTONICA: Wer trotz ICE-Bahnhof noch Zweifel an der Bedeutsamkeit Göttingens hatte, sieht sich spätestens jetzt eines Besseren belehrt.



IM WANDEL DER ZEITEN - DAS WÜRFELSPIEL: Gegen "Süper-Üte", "Wunder-Enke" und "Hammer-Andy" habe ich natürlich keine Chance. Aber nächstes Mal nenne ich mich auf meinem Ergebnisblatt "Unbelievable Udo", und dann begegnen wir uns auf Augenhöhe!

Freitag, 27. November 2009

Die Goldene Stadt

Siiiegpuuunkteee!!! Michael Schacht weiß, was Spieler wünschen. Bei DIE GOLDENE STADT gibt es deshalb alle naselang welche. Und das macht alle Spieler froh und den Kritiker ebenso. Oder...?

Wie geht DIE GOLDENE STADT? Jede Runde bestimmt eine Wertungskarte, was punktet: Mal sind es Bauten am Fluss, mal Bauten in bestimmten Landschaften, mal der Besitz von Waren. Häuser im Stadtzentrum zählen generell Punkte, und wer Bonuskarten besitzt, streicht bei Spielende zusätzliche Gewinne ein.
Gebaut wird mit Karten. Um ein Haus zu errichten, spielt man ein Pärchen mit demselben Landschaftsmotiv aus, wo das Gebäude entstehen soll. Außerdem muss der Neubau über das Wegenetz auf dem Spielplan mit den bisherigen Besitztümern des Spielers verbunden sein. Jede Immobilie bringt sofort einen Vorteil, der anhand eines Symbols auf dem Bauplatz abzulesen ist: Dies kann eine Ware, eine Bonuskarte oder auch Geld sein. Geld wiederum benötigen die Spieler um Landschaftskarten zu erwerben. Zwar bekommt sowieso jeder pro Runde irgendwelche zwei, doch nur wer die meisten Goldmünzen bietet, ergattert genau die Kombination seiner Wahl.

Was passiert? Karten sammeln, Häuser bauen. Das kennt man, da macht man nichts verkehrt. Bis auf... Huch, ich bin ja total eingemauert! Oder: Huch, die anderen punkten dauernd mit Warenkarten! Warum hab ich keine davon?
Nächstes Mal spielt man deshalb anders, geht voll auf Waren oder versucht, ruckzuck ins lukrative Stadtzentrum vorzudringen. Wenn es klappt, war´s natürlich eine geniale Strategie. Wenn´s nicht klappt, fällt vielleicht auf, dass die zufällige Reihenfolge der Wertungskarten nicht unwesentlich über Erfolg und Misserfolg entscheidet.

Was taugt es? DIE GOLDENE STADT ist optisch überaus gelungen, sauber konstruiert und tut niemandem weh. Eine Partie ist innerhalb einer Stunde flott gespielt, verschiedene Gewinnwege halten die Spannung hoch und machen neugierig auf eine Wiederholung. Der Reiz des Neuen verfliegt allerdings recht schnell - wohl deshalb, weil das Spiel auch gar nicht so viel Neues bietet.

DIE GOLDENE STADT von Michael Schacht für drei bis vier Spieler, Kosmos.

Donnerstag, 19. November 2009

Europa

Untertitel: „Venedig ist ja klar, aber wo liegt Nessebar?“ – Aua. Nachdem unser Hobby den Beruf des Spielegrafikers hervorgebracht hat, wird es offenbar dringend Zeit für einen weiteren Spezialisten: den Schachtellyriker!

Wie geht EUROPA? EUROPA geht wie DEUTSCHLAND. Was wie ein schöner Polit-Slogan klingt, stimmt tatsächlich. Wie schon bei DEUTSCHLAND - FINDEN SIE MINDEN teilt ein Gitternetz den Spielplan in über 100 Segmente. Die Spieler erhalten Suchaufträge und müssen nun Rhodos oder Lahti möglichst genau eingrenzen. Jeder bestimmt sein Risiko selbst: Wer die Lage eines Ortes bis auf das kleinste Planquadrat festlegt, kann vier Punkte einstreichen... falls es denn stimmt. Wer sich nur zu entscheiden traut, ob Moskau auf der westlichen oder östlichen Spielplanhälfte liegt, kriegt einen Punkt. Falls es denn stimmt.

Was passiert? EUROPA nimmt Dinge, die man irgendwie so ungefähr weiß, nun ganz genau. Reichte das Halbwissen zum Überleben im Alltag bislang problemlos aus, wird es plötzlich zu einer kitzeligen Angelegenheit, ob Prag nördlich oder südlich einer schwarzen Linie liegt.
Der Hauptreiz von EUROPA steckt im Zock. Um Zusatzpunkte bei der Endwertung zu ergattern, lohnt es sich, einen bewusst hohen Schwierigkeitsgrad zu wählen. Oder sagen wir: Es könnte sich lohnen. Denn natürlich verleitet gerade der Bonus dazu, sich selbst ein Bein zu stellen.

Was taugt es? Wer Quizspielen und Topografie aufgeschlossen gegenüber steht, wird EUROPA mögen. EUROPA ist ein rundes Gesamtwerk, das zudem noch den Eindruck vermittelt, man könne etwas dabei lernen. Die Einstiegshürde ist niedrig. Zielgruppe sind also nicht die Freaks, zumal ihnen auch negativ aufstößt, dass alles doch recht gleichförmig verläuft: sowohl von Partie zu Partie als auch im Vergleich mit dem Vorgängerspiel. Wer DEUTSCHLAND schon hat, braucht EUROPA also nicht mehr. (Oh, das klingt jetzt wie ein unschöner Polit-Slogan.)

Besinnliches Nachwort: DEUTSCHLAND - FINDEN SIE MINDEN rezensierte ich seinerzeit in der Fairplay und kam zu demselben Urteil wie bei EUROPA. Kritisiert hatte ich vor allem die Schlussabrechnung. Diese ist in EUROPA nun verbessert – und trotzdem empfinde ich den Spielspaß als weitgehend identisch. Seltsam, oder?
Als mögliche Gründe fallen mir ein, dass EUROPA eben nur ein Nachfolgespiel ist, dessen grundlegender Mechanismus mich nicht mehr überrascht. Oder vielleicht fühlt sich Deutschland einfach vertrauter an. Oder die neue und umständliche Zusatztipp-Regel stört...
Oder am Ende ist es eben doch so, dass ausschließlich Herz und Bauch über den Spielreiz entscheiden. Und alles, was man nachträglich als Argumente anfügt, sind hirngesteuerte Versuche, etwas zu begründen, was sich nicht wirklich begründen lässt... Erschreckender Gedanke! Müssen jetzt alle Spielekritiker auf Schachtellyriker umschulen?

EUROPA von Günter Burkhardt für zwei bis sechs Spieler, Kosmos.

Mittwoch, 11. November 2009

Cartagena - Die Meuterei

Bekanntlich gibt es auf Piratenschiffen dauernd Streit. Kein Pirat kann sich da raushalten, jeder an Bord muss Farbe bekennen: Bayern oder HSV? AC/DC oder KISS? Captain Valverde oder Steuermann Ramon Diaz?

Wie geht CARTAGENA – DIE MEUTEREI? Im ersten Spielabschnitt sammeln die Spieler Kampfkarten und Gold, legen ihre Gesinnung fest und ordnen je fünf Piratenfiguren der einen oder der anderen Seite zu. Die starken Jungs (Stärkepunkte an der Unterseite der Figur ablesbar) natürlich der eigenen Seite.
All dies geschieht, indem man nacheinander eine Reihe von Piratenkarten aufdeckt. Jede offeriert eine Aktionsmöglichkeit. Diese nimmt man wahr oder man guckt, was die nächste Karte bringt. Dumm gelaufen, falls sie schlechter ist, denn auf die erste darf man nun nicht mehr zurückgreifen. Vielleicht also einfach eine weitere aufdecken? Huch, ganz dumm: ausgerechnet der Geist. Jetzt bekommt man gar nichts.
Im zweiten Spielabschnitt erfolgt die blutige Nachbereitung. Zwei Piratenfiguren verschiedener Lager treten gegeneinander an. Ihre individuelle Kampfkraft können die Spieler mit verdeckten Kartenbeigaben noch verstärken. Sobald eine Seite drei Zweikämpfe gewinnt, ist die Meuterei entschieden. Unter den Spielern mit der Gesinnung der Siegerseite gewinnt derjenige, der mehr Gold besitzt.

Was passiert? Tja, zunächst einmal passiert, dass dieser Text ziemlich lang wird. CARTAGENA – DIE MEUTEREI ist eines der originellsten Spiele 2009 und erfordert tatsächlich mal ein paar Sätze mehr. Und genau deshalb kommen hier noch welche:
Die Kunst in Abschnitt eins besteht nicht nur darin, möglichst viel von möglichst allem zu raffen, sondern sich zugleich auf die richtige Seite zu schlagen. Oder wenn man feststellt, dass die ehemals richtige Seite inzwischen die falsche ist, diese schleunigst zu wechseln.
Und welche Seite ist die richtige? Die, die gewinnt natürlich. Bestimmte Piratenkarten erlauben, fremde Gesinnungen oder die Stärke bereits aufgestellter Piraten anzuschauen. Das gibt Aufschlüsse. Andererseits ist die richtige Seite dann doch die falsche, wenn hier schon jemand dabei ist, der deutlich mehr Gold hat als man selbst. Kurz gesagt: Die Sache ist diffizil, und optimalerweise benötigt man einen Partner, der die entscheidenden Kampfkarten in die Gemeinschaft mit einbringt, während man selbst... ähm, das nötige Geld beiseite schafft, um das Spiel zu gewinnen.

Was taugt es? Mit seiner Originalität, der stimmigen Spielgeschichte und -atmosphäre besitzt CARTAGENA – DIE MEUTEREI viele Pluspunkte. Durchgesetzt hat es sich bei mir dennoch nicht ganz, weil es Längen hat, bevor endlich der Showdown losgeht, und weil manche Teilnehmer schon vor dem Showdown erahnen können, dass sie chancenlos sind.
Als beste Strategie hat sich erwiesen, Gold zu sammeln und sich bei jemandem einzuzecken. Selber schuld, könnte man sagen, wenn einer so dumm ist, das Gold zu vernachlässigen. Stimmt aber nicht ganz. Was man bei den Piratenkarten findet und was nicht, gibt die Marschrichtung stark vor.
Am interessantesten ist CARTAGENA – DIE MEUTEREI zu dritt. Hier kann tatsächlich jemand aussichtsreich versuchen, das Gold Gold sein zu lassen und mit seiner Kampfkarten-Übermacht alleine gegen zwei zu gewinnen. Vorausgesetzt natürlich, keinem der beiden reicheren Spieler gelingt es, sich noch auf seine Seite zu schlagen.

CARTAGENA – DIE MEUTEREI von Michael Rieneck für zwei bis vier Spieler, Winning Moves.

Dienstag, 3. November 2009

Eine Frage der Ähre

Schlauer Bauer. Dicke Kartoffeln. - Diese Floskeln gehören in einer Rezension über Landwirtschaftsspiele zum absoluten Pflichtprogramm. Und weil EINE FRAGE DER ÄHRE außer im Titel nicht die Bohne was mit Landwirtschaft zu tun hat, ist es schön, das schon mal erledigt zu haben.

Wie geht EINE FRAGE DER ÄHRE? Der schlaue Bauer erntet dicke Kartoffeln. Und wodurch? Er legt und stapelt Dominos. Auf der einen Hälfte des Plättchens ist beispielsweise eine Rübe abgebildet, auf der anderen Raps. Damit bildet der Bauer möglichst große Flächen gleicher Ackerpflanzen, denn die werden nun gewertet und zählen Punkte.
Hat der Bauer nur wenige Punkte erzielt oder findet er Punkte generell nicht so toll, kann er stattdessen auch seine Farmmarker um einen oder zwei Schritte weiterbewegen. Welche Marker und wie weit, das ergibt sich durch Symbole in den Ecken der Dominos. Langfristig locken hier zwei Belohnungen: a) Ein Marker, der seinen Parcours schneller durchläuft als die Konkurrenz, greift nicht zu verachtende Punkte-Boni ab. b) Marker, die in allen fünf Laufleisten einen bestimmten Mindestlevel erreichen, schalten eine Hütte frei. Die wiederum platziert man auf den ausgelegten Dominos in einer möglichst großen Monokultur. Runde für Runde wertet diese Hütte nun ihre Ackerfläche und stellt eine zusätzliche Einkommensquelle zum gelegten Domino dar.

Was passiert? EINE FRAGE DER ÄHRE bietet unterschiedliche Strategien an: schnelle Punkte sofort oder langfristigerer Aufbau mit Hütten. Paradoxerweise möchte der Hüttenspieler anfangs keine großen Flächen zulassen, damit die Sofortpunkter nicht allzu sehr davonziehen. Andererseits darf er auch nicht zu zerstörerisch agieren; schließlich soll ja mindestens ein passables Areal entstehen, um später darauf die Hütte abzusetzen. - Und einem ähnlichen Dilemma, nur eben umgekehrt, sind die Sofortpunkter ausgesetzt.

Was taugt es? EINE FRAGE DER ÄHRE ist sauber konstruiert, besitzt hochwertiges Spielmaterial und eine tadellose Regel. Alles strahlt, alles glänzt, alles könnte traumhaft sein. Das Spiel ist jedoch derart glatt geschliffen und ausbalanciert, dass im Verlauf keine nennenswerte Reibung mehr entsteht. Und gerade Reibung ist es ja, was am Ende Wiederspielreiz erzeugt.

EINE FRAGE DER ÄHRE von Jeffrey D. Allers für zwei bis fünf Spieler, Pegasus.