Wer die Einleitung lesen möchte, begebe sich bitte ins Jahr 2025. Bis dahin sollte sie eigentlich fertig sein.
Wie geht TREKKING? Wir bilden Kartenreihen. Jede Karte zeigt eine Jahreszahl von 37.000 vor Christus bis 1994. Und jede, die ich meiner Reihe hinzufüge, muss näher an der Gegenwart liegen als die vorherige. Erfüllt die Karte diese Vorgabe nicht, beginne ich mit ihr eine neue Sammelreihe. Das möchte ich eher vermeiden, denn je länger meine Sammelreihe wird, desto mehr Punkte zählt sie.
Bin ich am Zug, wähle ich eine der Karten aus dem Markt. Außer der Jahreszahl zeigt sie erstens Kosten an. Die Kosten zahle ich in Form von Zeiteinheiten. Pro Durchgang habe ich zwölf Zeiteinheiten zur Verfügung. Und an der Reihe ist übrigens immer, wer aktuell die wenigsten Einheiten verbraucht hat. Man kann also mehrfach hintereinander dran sein. Oder auch längere Zeit nicht.
Zweitens zeigt die Karte an, welche Farb-Chips ich erhalte. Die Karte „450 v. Chr.“ bringt beispielsweise einen gelben und einen grünen Chip. Plus eventuell einen weiteren, abhängig von ihrer Position im Markt. Je länger eine Karte schon verschmäht dort liegt, desto höherwertiger ist meine Zusatzbelohnung, wenn ich die Karte nehme.
Die Chips sind in TREKKING die zweite große Punktequelle. Für jeden Durchgang wähle ich ein anderes Tableau, auf dem ich meine Chips ablege. Und das Tableau gibt vor, wofür ich Punkte erhalte: Beispielsweise für meinen dritten und sechsten roten Chip, für den vierten gelben, den dritten grünen und dafür, dass ich mindestens vier rote, einen blauen und zwei gelbe gesammelt habe. Bestimmte Farben benötige ich also häufiger als andere, und um alle möglichen Punkte abzuräumen, muss ich sehr gezielt sammeln.
Was passiert? Der Reiz von TREKKING liegt darin, dass ich zwei Ziele gleichzeitig verfolge: Die Karte soll die benötigten Chips liefern, und sie soll meine Zeitleiste verlängern. Und obendrein sollte sie möglichst wenig kosten. Ist eine solche Karte im Markt, gibt es nicht viel zu überlegen.
Oft genug ist solch eine Karte aber nicht im Markt, und nun muss ich abwägen: Nehme ich eine Kompromisskarte, um wenigstens die Zeitlinie fortzusetzen? Oder ist es zugunsten passender Chips an der Zeit, meine Sammelreihe zu beenden und eine neue zu beginnen? Wenn alle anderen rund um 1800 unterwegs sind und ich 1300 vor Christus neu starte, sammle ich eine Weile antizyklisch und kann darauf hoffen, dass mehr Karten für mich liegenbleiben, denn alles vor 1800 können die anderen ja nicht gebrauchen … Was natürlich nicht zwangsläufig zur Folge hat, dass tatsächlich Karten kommen, die ich haben möchte. Vielleicht bin ich gezwungen, gleich mit der nächsten Karte schon wieder ins 16. oder 17. Jahrhundert zu springen.
Es ist schon recht viel Schicksal, was der Markt hergibt. Aber ich habe auch Raum zum Taktieren. Kristalle, die ich hier und da als Belohnung erhalte, darf ich einsetzen, um die Zeitkosten einer Karte zu reduzieren. So bekomme ich nicht nur mehr Karten pro Durchgang, ich kann auch steuern, wann ich ungefähr wieder an der Reihe sein werde. Liegen gleich mehrere attraktive Karten da, kann ich den Preis mit Kristallen vielleicht so sehr drücken, dass ich zweimal in Folge zugreifen darf. Oder umgekehrt: Liegt auf lange Sicht nur Mist aus, kaufe ich so, dass ich länger nicht dran bin. In der Hoffnung, dass die für mich doofen Karten bis zu meinem nächsten Zug verschwunden sind.
Was taugt es? Man kann in TREKKING in die Zukunft spekulieren, aber wirklich in die Zukunft planen kann man kaum. Wie in vielen anderen Spielen auch werden in TREKKING im Markt Karten um eine Position weitergeschoben, sobald Lücken aufzufüllen sind. Weil ein Teil der Chipbelohnungen von der Position der Karte im Markt abhängig ist, haben kleine Verschiebungen große Auswirkungen. Eine Karte, die mir bis vor wenigen Sekunden zwei blaue Chips gebracht hätte, bringt plötzlich einen blauen und einen gelben – und der gelbe ist für mich völlig unnütz.
Man kann deshalb erst überlegen, wenn man an der Reihe ist, und manchmal muss man obendrein länger abwägen, bis man zu einer Entscheidung gelangt. Die Geduld derjenigen, die wegen der Reihenfolgeregelung viele Züge aussetzen müssen, wird auf die Probe gestellt. Und wenn man nach langem Warten endlich agieren darf und nur Karten vorfindet, die man nicht will, kommen durchaus auch Ohnmachtsgefühle auf. In meinen Runden wurde TREKKING sehr zwiespältig aufgenommen. Manche fühlten sich gespielt und waren frustriert.
Positiv sind die Einfachheit und Eleganz von TREKKING. Hier sind keine Regeln und keine Haken zu viel. Das Ziel ist klar, die Abläufe sind klar und werden zudem durch das schöne, wertige Material sehr gut unterstützt. Das Spielthema Zeitreise passt ganz gut. Bei der Auswahl der Ereignisse wurde offenbar darauf geachtet, Geschichte nicht nur aus männlicher und europäischer Sicht zu betrachten. Schön ist auch, dass auf der Rückseite jeder Karte häppchenweise historische Hintergründe nachzulesen sind, wodurch die Karten mehr liefern als nur Jahreszahlen – wenn man dies möchte.
**** solide
TREKKING – REISE DURCH DIE ZEIT von Charlie Bink für eine:n bis vier Spieler:innen, Game Factory.