Was die Einleitung angeht, sieht es eher schlecht aus. Dafür sieht HAMLET umso besser aus. Und im Mittel, finde ich, ist das dann schon in Ordnung so.
Wie geht HAMLET? Wir errichten ein Dorf. Gemeinsam, aber trotzdem in Konkurrenz zueinander. Alle Ressourcen und alle Produktionsgebäude stehen allen Spieler:innen zur Verfügung. Punkte sammelt dennoch jede:r für sich.
Zentrale Mechanismen sind Figureneinsatz und Warentransport. Bin ich am Zug, setze ich meine gesamten Figuren (anfangs besitze ich nur eine) an Orten meiner Wahl ein und führe die zugehörige Aktion aus. Beispielsweise kann ich ein neues Gebäude ans Dorf anlegen. Dazu muss ich mir zuvor das entsprechende Gebäudeplättchen besorgt haben, und ich muss die Baukosten bezahlen.
Die erforderlichen Ressourcen müssen erstens im Dorf vorhanden sein, zweitens muss ich sie mittels meiner Esel zur Baustelle befördern können. Die Esel setzen sich dafür nicht in Bewegung, ich muss vielmehr entlang von Wegen mit einer lückenlose Eselkette alle Dorfplättchen zwischen Ressourcen und Bauplatz überbrücken.
Eine alternative Aktion wäre beispielsweise die Warenherstellung: Ich setze meine Figur in den Steinbruch und erschaffe neue Steine. Es steht zu befürchten, dass sich andere Spieler:innen diese Steine alsbald unter den Nagel reißen, aber immerhin bekomme ich für meine Selbstlosigkeit Geld, und nur mit Geld kann ich mir weitere Figuren und Esel kaufen.
Statt ein neues Gebäude ins Spiel zu bringen, kann ich auch an der Kirche weiterbauen. Jeder Kirchenabschnitt benötigt eine bestimmte Warenkombination, die ich wie üblich mit Eseln herbeischaffen muss. Wie auch beim Bau anderer Gebäude gewinne ich Punkte. Hinzu kommt aber noch: Ist die Kirche komplett, endet das Spiel.
Was passiert? Ich erstelle Gebäude, ich produziere Rohstoffe, ich bringe „Sonderstätten“ ins Dorf. Das sind Plättchen, die nach denselben Regeln gebaut werden wie Gebäude, aber ausschließlich mir Vorteile bringen, immer in Anhängigkeit von anderen Gegebenheiten. Zum Beispiel zählt der „Kleine Berg“ einen Punkt pro angrenzendem Felssegment. Also werde ich ihn so bauen, dass er neben möglichst mehreren Felsen liegt, und bis zum Spielende möchte ich noch weitere Felsen hinzufügen.
Die Sonderplättchen sorgen dafür, dass ich hin und wieder gegen den Strom schwimme. Ansonsten fühlt sich HAMLET ziemlich repetitiv an. Kann ich was bauen, baue ich. Kann ich nichts bauen, produziere ich. Es gibt keinen überzeugenden Grund, da irgendwie nicht mitmachen zu wollen und beispielsweise meine Esel jenseits der Hauptrouten zu platzieren, um mir etwas Eigenes zu erschaffen und es den anderen vorzuenthalten. Mich vom allgemeinen Warenstrom abzuschotten, schadet mir mehr als der Mehrheit. In meinen Runden wurde der Entscheidungsfreiraum und damit auch der Wiederspielreiz von HAMLET als eher gering empfunden.
Man verschafft sich Vorteile, indem man Gelegenheiten nutzt, die sich anderen nicht bieten oder die von anderen übersehen werden. Manchmal profitiert man auch von Warenengpässen, die aber kaum durch eigene Entscheidungen entstanden sind, sondern eher durch den Zufall, welche Gebäudeplättchen in welcher Reihenfolge auftauchen.
Was taugt es? Gut gelöst finde ich, wie HAMLET konstruktives Spielen belohnt. Auch wenn ich hergestellte Waren nicht selber nutzen kann: Ich bekomme trotzdem etwas fürs Produzieren. Und höherwertige Waren produziere ich sogar in meiner Farbe. Dadurch gehören sie zwar trotzdem nicht mir, aber so wird nachgehalten, dass ich es war, der die Ware ins Spiel gebracht hat. Und sobald sie irgendwer verbraucht, kassiere ich eine Belohnung.
Dass alle auf alles Zugriff haben, bringt jedoch den Nachteil mit sich, dass man erst dann sicher planen kann, wenn man an die Reihe kommt. Obendrein macht HAMLET das Spielen unnötig anstrengend. Bei der Grafik wurde offenbar sehr viel Wert auf eine pittoreske Illustration gelegt und weniger auf Spielbarkeit. Die Icons sind winzig, der Wegeverlauf ist auf manchen Plättchen nur zu erahnen.
Mir erschließt sich nicht, welchen Vorteil es haben soll, dass die Plättchen so unterschiedlich geformt sind. Der Nachteil dagegen zeigt sich deutlich: Die Auslage wird unübersichtlich. Man nimmt ein großes Plättchen versehentlich als zwei kleine Plättchen wahr und vertut sich beim Warentransport.
Weil sich die einzelnen Aktionen schnell abwickeln lassen, könnte HAMLET flott vorangehen – tut es aber nicht. Spielzeit verstreicht, weil man nicht nur nachdenken, sondern sich überhaupt erst mal zurechtfinden muss und lieber zweimal als einmal überprüft, ob die Esel richtig positioniert sind. Obendrein kann sich das Spielende hinauszögern. Legt es niemand darauf an, an der Kirche weiterzubauen, geht HAMLET immer weiter und weiter.
HAMLET sieht schön aus, wirkt aber in einigen Belangen unausgereift. Und macht nicht besonders viel Spaß. Ich könnte jedenfalls nicht sagen, welches Element da wohl den besonderen Kick bringen soll. Klar, man kann tüfteln und überlegen. Aber die Tatsache, dass man tüfteln und überlegen kann, erzeugt nicht automatisch Spielreiz. Die Partien folgen einem Muster, Spiel und Dorf entwickeln sich immer ähnlich.
** misslungen
HAMLET von David Chircop für eine:n bis vier Spieler:innen, Mighty Boards.
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