Einleitung? Da habe ich keine Aktien drin.
Wie geht 7 EMPIRES? Wir spielen sieben europäische Großmächte des 18. Jahrhunderts. Wer die wertvollsten Einflusskarten einer Großmacht besitzt, führt – normalerweise – deren Spielzüge aus. Allerdings: Komme ich an die Reihe und alle Nationen, deren Boss ich bin, haben bereits gezogen, darf ich ersatzhalber eine andere Nation ziehen, die noch nicht dran war und deren Anteile ich besitze. Das kommt insbesondere dann vor, wenn ich nur eine oder gar keine Nation anführe.
Die Nationen wollen Machtpunkte generieren. Alle Anteile des bei Spielende mächtigsten Staates werden mit 7 multipliziert. Gewinnt Habsburg, und ich besitze die österreichische Adlige (6) sowie zwei österreichische Bauern (3), sind das schon mal 84 Siegpunkte. Die zweitmächtigste Nation erhält einen Multiplikator von 6 … und immer so weiter bis zur Losernation mit dem Multiplikator 1.
Macht gewinnen die Großmächte, indem sie Territorien besetzen und in einer späteren Aktion („Empire“) werten. Oder mit der Aktion „Palast“ Paläste errichten oder verbessern und sofort auch werten. Zwei der fünf möglichen Aktionen sind aggressiv („Feldzug“ und „Attacke“), mit „Bauen & Rüsten“ rüste ich auf. Jede Aktion, die ich wähle, steht der Großmacht in den anschließenden zwei Runden nicht zur Verfügung.
Wir starten mit vorgegebenen Aktienpaketen (für jede Spieler:innenzahl gibt es mindestens zwei Varianten) und einer vorgegebenen Startaufstellung. Haben alle Großmächte ihren Zug gemacht, decken wir das nächste der bei Spielbeginn in eine zufällige Reihenfolge gebrachte Runden-Plättchen auf. Meistens besagt es, dass jede:r sich eine weitere Einflusskarte nehmen darf, und in welcher Reihenfolge dies geschieht. Alle Nationenstapel sind vorsortiert. Wer zuerst kommt, kriegt höherwertigere Anteile. Wer später kommt, kriegt nur noch einen Bauern. Oder irgendwann auch gar nichts mehr.
Was passiert? Während die erste Runde meist noch eher gleichförmig verläuft, entwickelt sich bald ein dynamischer Schlagabtausch. Bin ich der Führende in Frankreich und Spanien, wird an der gemeinsamen Grenze dieser Mächte sicherlich einträchtige Ruhe herrschen. Frankreich kann sich bequem nach Norden oder Osten orientieren. Knöpft mir jemand Spanien ab, ist in Frankreichs Süden nun möglicherweise freie Bahn.
Gewiss könnte ich mir ebenfalls spanische Anteile nehmen und den Übernahmeversuch kontern. Aber vielleicht traue ich Spanien langfristig nicht so viel zu. Oder ich finde es gar nicht so schlecht, eine Herrschaft abzugeben, weil ich dann auch mal eine Großmacht ziehen könnte, ohne ihr Mehrheitseigner zu sein. Preußen zum Beispiel, das sich unter meiner Führung plötzlich nach Osten statt wie zuvor nach Westen orientiert.
Wenig in 7 EMPIRES ist vorhersehbar. Zu häufig wechseln die Interessen und Allianzen. Zu unsicher sind Gebietsgewinne. Und vielleicht lässt sich jemand, obwohl selbst in Russland investiert, bequatschen und gibt dem vermeintlich übermächtigen Russland eins auf den Deckel. Offensichtlich ist eigentlich nur, dass ich denjenigen Mächten schaden möchte, deren Anteile ich überhaupt nicht besitze. Und selbst das überlege ich mir während der Partie vielleicht noch mal anders, weil es plötzlich Gründe gibt, in die bislang verschmähte Farbe einzusteigen.
7 EMPIRES ist ein hoch interaktives und auch psychologisches Spiel, indem es mit Kategorien wie „mein“ und „dein“ spielt. Nichts ist hier wirklich meins, ich besitze von allem nur Anteile. Allzu sehr sollte ich mich nicht an die mir bei Spielbeginn zugelosten Farben klammern. Genauso wie ich Verluste nicht persönlich nehmen sollte. Vielleicht ergibt es sich, dass Gegner:innen von jetzt Partner:innen von nachher sein werden.
Vieles hängt in 7 EMPIRES vom Timing ab, von der Reihenfolge, in der die Großmächte ziehen, und davon, welche Aktionen sie dann gerade zur Verfügung haben: Ob ich es beispielsweise schaffe, die eroberten Gebiete noch zu werten, oder ob mir ein Großteil vorher wieder abgenommen wird. Oder ob ich im großen Stil aufrüsten kann oder ob jemand kurz zuvor meine Heimatstädte besetzt. Während sich dies teilweise noch planen lässt, ist es schlichtweg Zufall, wer beginnen darf, wenn es gilt, weitere Anteilsscheine zu nehmen. Das kann schon einen bedeutsamen Unterschied machen, wenn etwa nur noch eine letzte Aktie von England im Spiel ist und alle sie haben wollen.
Was taugt es? Schon mehrfach haben mich die Endergebnisse in 7 EMPIRES überrascht. Und mehrfach haben sich die Ränge in den letzten Zügen noch ordentlich verschoben. Weil 7 EMPIRES so interaktiv und so verflochten ist, ist jede Partie wie eine kleine Wundertüte. Das macht 7 EMPIRES sehr spannend. Und auch immer wieder reizvoll, weil es sich nicht so schnell erschöpft.
Die Anleitung hätte für mein Empfinden ein paar Beispiele und Erläuterungen mehr vertragen. Manches ist arg knapp gehalten. Das Material ist sehr wertig. Doch manches wirkt unausgegoren. Neben den Spielplan müssen noch sieben kleine Täfelchen gelegt werden, um pro Nation drei Steine darauf abzustellen. Für jede der Großmächte gibt es eine Materialbox. Doch fürs Verstauen in der Schachtel muss man alles wieder umfüllen; die Boxen eignen sich dafür nicht. Das haben andere Verlage schon besser hingekriegt.
***** reizvoll
7 EMPIRES von Mac Gerdts für zwei bis sechs Spieler:innen, PD-Verlag.
5 Kommentare:
Von der Beschreibung her erinnert es ja stark an das gute alte Attila, was gerne mal eine Neuauflage in hübsch bekommen könnte...
Vor allem erinnert es an IMPERIAL, dessen überarbeitete Neufassung es ist. Ein guter Rezensent hätte das auch gleich in seinen Artikel reingeschrieben.
Wir haben in unserer Runde viel Imperial und Imperial 2030 gespielt und ich liebäugle schon seit der Messe hiermit. Interessant finde ich, dass auch Nicht-Mehrheitsbesitzer mal die Nationen lenken. Hat das Spiel deiner Meinung nach genug Alleinstellungsmerkmale gegenüber seinen Vorgängern?
Wobei m.M.n. das Original deutlich besser ist als 7 Empires...
Tut mir leid, kann ich absolut nicht beantworten. Meine Erinnerung an IMPERIAL ist so sehr verblasst, dass ich in meinem Artikel auf einen Vergleich der Spiele verzichtet habe. In der Spielbox 1-25 analysiert Christwart Conrad 7 EMPIRES im Vergleich zu IMPERIAL und IMPERIAL 2030.
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