Dienstag, 6. Dezember 2022

Iki

Einleitung siehe Stiefel.

Wie geht IKI? Wir gründen Handelsgewerbe und hoffen auf Kundschaft. Denn Transaktionen, die in meinem Gewerbe stattfinden, lässt meine darin befindliche Figur (Kobun) um eine Stufe aufsteigen. Was ein höheres Einkommen in der Einkommensphase bedeutet.
Im Bestfall erreicht die Figur die höchste Stufe. Das Gewerbe wird nun in meine Sammlung gelegt und kann von niemandem mehr besucht werden, bringt fortan aber ein dauerhaft hohes Einkommen. Auch meine Figur kehrt vom Spielplan zurück, weshalb ich sie nicht mehr ernähren muss – bis ich sie wieder neu einsetze. Aber selbst wenn: Dass sie für den Neueinsatz frei wird und mir ermöglicht, wieder ein Gewerbe zu eröffnen, ist ein weiterer Vorteil.
Kundschaft anzulocken, ist also gut. Fragt sich, wer das sein soll und wie das geht: Jede:r Spieler:in besitzt eine Figur (Oyakata), die auf dem Straßenrondell ihre Runden dreht. Pro Zug darf meine Figur an ihrem Zielort die ortsabhängige Aktion durchführen sowie eins der maximal zwei dort ansässigen Geschäfte nutzen. Allerdings: Ist das mein eigenes Geschäft, steigt die Erfahrung des Kobun nicht. Das geschieht nur, wenn fremde Oyakatas sein Gewerbe aufsuchen.

Dann geht man einfach nicht zu Fremden? Na ja. Um im Spiel voranzukommen, macht man es letztlich doch. Zum Beispiel bekommt man bei den Händler:innen Nahrung, um die eigenen Leute zu ernähren. Oder Geld, um damit neue Gewerbe zu eröffnen. Oder Baustoffe für spezielle Gebäude, die besonders viele Punkte zählen. Und so weiter.
Selbst wenn meine Läden schlecht laufen, bedeutet dies keinen Stillstand. Alle meine Kobun-Figuren steigen auf, sobald mein Oyakata das Straßenrondell umrundet. Was ein Argument ist, um tendenziell lieber viele statt wenig Schritte zu gehen. Allerdings ist man in der Wahl nicht frei. Pro Runde entscheiden die Spieler:innen, ob sie einen, zwei, drei oder vier Schritte gehen möchten. Eine gewählte Option ist für die anderen blockiert. Wer die kleinste Bewegungsweite gewählt hat, führt den Zug zuerst aus und kann den später Ziehenden attraktive Plättchen oder Gebäude wegschnappen.


Was passiert? IKI ist ein interaktives Spiel. Das zeigt sich nicht nur bei der Entscheidung, welche Geschäfte besucht oder nicht besucht werden. Auch beim Schrittwahl-Mechanismus bin ich von den Mitspieler:innen abhängig bzw. konkurriere mit ihnen darum, möglichst früh auswählen zu dürfen.
… Was wiederum von den Fortschritten auf der Brandwehr-Skala abhängt. Der Stand dort bestimmt, in welcher Reihenfolge wir unsere Zugweite wählen. Und – wie der Name schon sagt – wie gut wir gegen Brände gefeit sind. Denn dreimal im Spiel bricht unweigerlich ein Feuer aus. Eine von vier möglichen Stellen wird als Brandherd ausgelost. Kann die Besitzer:in des betroffenen Gebäudes das Feuer nicht löschen, springt es auf das nächste Gebäude über. Bis irgendwer dann doch löschen kann oder der gesamte Straßenzug abbrennt.
Grundsätzlich hätte wohl jede:r gern hohen Brandschutz. Aber manchmal sind die entsprechenden Aktionen schwer zu bekommen – weil die Schrittweite nicht passt oder andere irgendwo zuvorkamen. Und manchmal zockt man auch. Lasse ich den Schutz schleifen, kann ich schneller Vermögenswerte anhäufen, die am Ende in mehr Siegpunkte münden. Verlockend! Aber gefährlich …


Was taugt es? Dass wir Dinge gegen andere Dinge tauschen und Rohstoffe sammeln, mit denen wir punkteträchtige Gebäude bauen, ist zweifellos nichts Neues. Aber die Hauptmechanismen sind unverbraucht und bewirken, dass wir auch miteinander spielen, nicht nur nebeneinander.
Wohl deswegen ist für IKI – ganz anders als bei vielen anderen Eurogames – die Zweier-Besetzung nicht optimal. Um die Wahlfreiheit einzuschränken, wird zu zweit gelost, welche Schrittweiten überhaupt zur Verfügung stehen, und solche Willkürentscheidungen fühlen sich oft ungerechter an als Entscheidungen echter Spieler:innen. Außerdem ist man zu zweit leichter auszurechnen und kommt, wenn das Gegenüber es verhindern möchte, auf der Brandwehr-Skala schwer in die führende Position.
Das Feuer ist ohnehin der Mechanismus, der in IKI am meisten spaltet. Es gibt immer wieder Spieler:innen, die Gebäude verlieren oder bei ungünstiger Auslosung verlieren könnten. Der Zufall, ob man für Versäumnisse bestraft wird oder glücklich davonkommt, kann in IKI spielentscheidend sein. Aber so gemein das auch ist: Es sorgt für Thrill. Nach meinem Empfinden tut die Feuergefahr dem Spiel gut, weil die Zufälligkeit das an sich rechnerische Spiel etwas weniger rechnerisch werden lässt.
In Details hätte IKI bei Wertungen und Gebäudeeffekten noch verschlankt werden können, ohne an Substanz einzubüßen; überkompliziert ist es ohnehin nicht. Denn IKI beruht auf wenigen und gut verzahnten Prinzipien. Dadurch wirkt das Spiel bei all seiner Tiefe noch einigermaßen leicht.


***** reizvoll

IKI von Koota Yamada für zwei bis vier Spieler:innen, Giant Roc.

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