Dienstag, 21. August 2018

Sagrada

Buntglasfenster in Kirchen sind meistens sehr schön, ich habe trotzdem ein etwas gespaltenes Verhältnis dazu. Vor einigen Jahren sammelte die Kirchengemeinde in meinem Stadtteil sehr viele Spendengelder für neue prächtige Fenster ein. Und nicht lange später wurde das Kirchengebäude verkauft und entweiht. Ich fühlte mich damals als Nicht-Kirchenmitglied enorm bestätigt. Und ich habe gelernt: Lasst euch von diesem schönen bunten Schein nicht blenden!


Wie geht SAGRADA? Wir puzzeln. Mit Würfeln. Jeder hat eine vier mal fünf Felder große Fläche (sein Kirchenfenster), darauf sollen die Würfel. Einige Felder machen Vorgaben, beispielsweise dass hier ein roter Würfel oder die Augenzahl drei abgelegt werden muss. Außerdem muss man immer benachbart legen, mindestens diagonal. Und gleiche Zahlen und gleiche Farben dürfen nicht senkrecht oder waagerecht nebeneinander liegen.
Pro Runde werden (bei vier Spielern) neun zufällig aus dem Beutel gezogene Würfel geworfen. Der Startspieler sucht sich zuerst einen aus, dann einmal reihum und in umgekehrter Reihenfolge zurück. Für Geld kann man außerdem „Werkzeuge“ aktivieren. Sie erlauben, Würfel wieder zu versetzen oder vor dem Nehmen neu zu würfeln etc. Wegen systembedingtem Geldmangel macht das jeder nur so zwei, drei Mal pro Partie.
Und wozu das Ganze? Wegen der Spenden Punkte. Pro Partie gelten drei von insgesamt zehn Aufträgen. Sie bringen beispielsweise Punkte für jede Senkrechte mit vier unterschiedlichen Farben oder für farbgleiche Diagonalen oder für jedes Set aus Würfeln von eins bis sechs. Außerdem hat jeder Spieler eine Geheimfarbe. Alle Würfel dieser Farbe zählen Punkte entsprechend ihrer Augenzahl.


Was passiert? Wir puzzeln. Und Puzzeln macht Spaß. Natürlich will man sich in seinem Raster möglichst schnell ausbreiten, um bald flexibler agieren zu können. Und die Felder mit Vorgaben erledigt man möglichst zuerst. Man schaut also, was passt, hofft, dass die anderen einem nichts wegschnappen, hat die Aufträge im Blick und versucht, keine Lücken zu lassen (denn die zählen Minuspunkte).
Wirklich tiefschürfend ist SAGRADA allerdings nicht. Deshalb sollte man hoffen, keiner Runde anzugehören, die zu viel Grübelbedarf in das Spiel hineininterpretiert.
Die meisten Entscheidungen sind solitär. Zwar kann man die Geheimfarben der anderen Spieler recht bald erraten, und wenn man die Wahl zwischen zwei gleichwertigen Würfeln hat, nimmt man gewiss den mit der Farbe des Gegners. Aber man orientiert sich schon deshalb nur selten am anderen, weil sich fremde Fenster-Vorgaben aus der Distanz kaum erkennen kann. Und weil man oft determiniert ist. Meist gibt es einen Würfel, der eindeutig am besten passt. Also nimmt man genau den.
Falls Werkzeuge im Spiel sind, die es erlauben, Würfel wieder umzusetzen, verkompliziert sich das Handling. Bei dem Versuch, Würfel aus dem Raster herauszuheben, haben schon mehrere Spieler unbeabsichtigt andere Würfel verdreht, und es begann ein Rätselraten, welche Zahl oben gelegen hatte. Um überhaupt sinnvoll umsetzen zu können, benötigt man außerdem die Information, auf welchen Feldern die vorhandenen Würfel liegen. Dazu allerdings muss man sie erst anheben.
Die Wertung der Geheimfarben ist ein Glücksspiel. Werden in meiner Farbe überwiegend niedrige Augen gewürfelt, darf ich mich ziemlich benachteiligt fühlen. Absurd wird es bei weniger Mitspielern, weil in dieser Konstellation nicht einmal alle Würfel aus dem Sack gezogen werden. Und wessen Farbe seltener kommt, darf ich sich äußerst benachteiligt fühlen. Eine Regelvariante empfiehlt, bei weniger als vier Spielern Würfel vorab auszusortieren. Dies müsste zwingend die Standardregel sein.


Was taugt es? Puzzeln fühlt sich befriedigend und konstruktiv an und macht deshalb Spaß. In SAGRADA sind die Spieler angenehm beschäftigt, machen sich Gedanken und treffen Entscheidungen. Die Schwächen des Spiels (auch die Werkzeuge haben so ihre Macken; aber ich will nicht zu sehr ins Detail gehen) fallen deshalb nicht so sehr ins Gewicht. Ich habe keine meiner Partien bereut und würde auch weitere spielen.
Man sollte aber nicht viel Tiefe erwarten. Zu Spielbeginn lege ich meine Marschroute fest, indem ich (abhängig von den Aufträgen) eine von vier Vorlagen für mein Kirchenfenster wähle und mir überlege, ob es mehr Punkte verspricht, viele Aufträge zu erfüllen oder einfach nur möglichst viele eigene Würfel ins Fenster zu ballern. Im weiteren Spielverlauf arbeite ich mein Vorhaben nur noch ab und bin abhängig von dem, was gewürfelt wird und was mir die Mitspieler (meist ungeplant) wegnehmen oder lassen.


**** solide

SAGRADA von Daryl Andrews und Adrian Adamescu für einen bis vier Spieler, Pegasus Spiele.

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