Dienstag, 1. November 2011

1655 - Habemus Papam

Als in die Jahre gekommener Website-Betreiber kann man das Tempo der jungen Leute nicht mehr mitgehen. Auf einschlägigen Seiten finde ich erste Besprechungen manchmal schon zwei Tage, nachdem ich das neue Spiel überhaupt erstmals in Händen halte. Und plötzlich komme ich mir sehr überflüssig vor.
Da lobe ich mir Verlage, die auf das Arbeitstempo eines abgehalfterten Bloggers noch Rücksicht nehmen. Der DDD Verlag zum Beispiel hat in Essen 2011 keine Neuheit veröffentlicht, weshalb ich 1655 – HABEMUS PAPAM ohne rot zu werden als top-aktuellste Verlagsveröffentlichung besprechen kann.

Wie geht 1655 – HABEMUS PAPAM? Aus heutiger Perspektive kaum zu glauben: Wir sind NICHT Papst! Aber jeder Spieler will natürlich unbedingt Papst werden. Der Job ist gerade frei geworden, und wir buhlen um die Stimmen der Kardinäle. Wer die meisten Stimmen hat, gewinnt.
1655 – HABEMUS PAPAM ist ein Versteigerungsspiel mit verdeckten Geboten. Jede Runde werden mehrere Karten vergeben. Der Meistbietende darf als Erster eine auswählen.
Kardinäle bringen generell eine Stimme. Und sammelt man solche Kardinäle, die dem eigenen Geheimauftrag entsprechen, zählt dies Bonusstimmen. Karten von Louis XIV bringen umso mehr Stimmen, je mehr Louis-Karten jemand besitzt. Die Anzahl der Mazarin-Karten bestimmt bei Spielende den Tauschkurs von Bargeld in Stimmen. Aktionskarten schließlich erlauben, in die Planungen anderer Spieler störend einzugreifen, beispielsweise durch das Abwerben oder Vertauschen von Kardinälen.

Was passiert? Das, was bei Spielen mit verdeckten Geboten eben oft passiert: Mal kriegt man ein überraschendes Schnäppchen, mal liegt man total daneben. Sicherlich kann man sich vorab mächtig Gedanken machen, aber vieles hängt letztlich davon ab, wer Opfer der destruktiven Aktionskarten wird und wer nicht.

Was taugt es? Spielerisch bietet 1655 – HABEMUS PAPAM wenig Neues. Dass das Spiel neben der eigentlichen Währung Edelsteine als zweite Währung auch noch Geld beinhaltet, ist vermutlich der Authentizität geschuldet. Im Ablauf kommt es mir wenig elegant vor, und ich halte es für Ballast.
Aber egal. Die Stärke dieses Titels liegt ohnehin in einem anderen Bereich, nämlich dem historischen Flair. Die gelungenen Illustrationen orientieren sich an Originalgrafiken. Die Spielmechanik integriert tatsächliche Begebenheiten wie etwa das Eingreifen des spanischen Königs oder die verspätete Anreise einiger Kardinäle. Als Zielgruppe von 1655 – HABEMUS PAPAM sehe ich deshalb weniger die eingefleischten Spieler, sondern kulturell und historisch aufgeschlossene Menschen, die ein Spiel wie dieses als Edutainment begreifen.

1655 – HABEMUS PAPAM von Christoph Bauer für drei bis vier Spieler, DDD Verlag.

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