Donnerstag, 28. Februar 2013

Gern gespielt im Februar 2013

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

BORA BORA: Wird nach Tony Marshall nun auch Stefan Feld Ehrenbürger?

AUGUSTUS: „Oooh, that’s a bingo!“

GINKGOPOLIS: Im Jahr 2212 wird es nur noch Städte aus ginkgologischem Anbau geben.

DER HEIDELBÄR: Haha, ErHAIterung: neue KAALauer mit Hinz und KUHnz.

KEYFLOWER: Eine genügende Portion Wahnsinn macht selbst Arbeiter-Einsetzspiele wieder originell.

HANABI: Warten auf die Wunderkerzen-Erweiterung.




Samstag, 23. Februar 2013

Ginkgopolis

Um Krypto ist es still geworden. In MODERN ART war der Meister unverständlicher Gemälde noch der produktivste aller Künstler gewesen. Nach langer Schaffenspause meldet er sich nun eindrucksvoll mit den Sichtschirmen von GINKGOPOLIS zurück.
Okay, um nicht völlig ungerecht zu sein: Wenn man die Symbolik erst mal verstanden hat, dann versteht man sie. Trotzdem nutze ich die Sichtschirm-Grafik aufgrund schlechter Erfahrungen nicht mehr zur Erklärung von GINKGOPOLIS. Zumal es eigentlich gar nicht so viel zu verstehen gibt, und wenn man dieses Wenige erst mal verinnerlicht hat, braucht man auch die Übersichten nicht mehr.
GINKGOPOLIS hat das Problem vieler unthematischen Spiele: Wenig ergibt sich organisch; man muss die Mechanik quasi auswendig lernen. Und weil die Spielregel auch noch seltsame Begriffe einführt (die Pöppel heißen „Ressourcen“; nichts tun nennt sich „planen“), hakt es beim Einstieg gewaltig.

Wie geht GINKGOPOLIS? Angeblich sind wir Architekten der Zukunft, die sich im Jahr 2212 mit Spezialisten umgeben, um auf naturnahe Weise eine moderne Stadt... Wir können das aber auch abkürzen: Es geht um Punkte!
Anfangs besteht die Stadt aus drei mal drei quadratischen Gebäudeplättchen. Drumherum befindet sich Umland (runde Plättchen). Zu jedem Plättchen, ob rund oder quadratisch, gibt es eine Spielkarte. Jeder Spieler bekommt vier, und sie geben mögliche Bauplätze an. Wähle ich Karte B, baue ich, wo das runde Umlandsplättchen B liegt, dehne so die Stadt aus, und Plättchen B wird weiter nach außen verschoben. Spiele ich die rote Drei, überbaue ich das rote Haus mit der Zahl drei, und die Stadt wächst in die Höhe. Um überhaupt bauen zu können, muss ich 1. ein Gebäudeplättchen aus meinem Bestand verwenden, 2. eigene Pöppel auf das neue Gebäude setzen (einen pro Etage). Weil ich das nicht immer kann oder nicht immer will, muss ich manchmal auch aussetzen. Dann bekomme ich neue Plättchen und Pöppel.
Gebäude gibt es in drei Farben. Nebeneinander liegende gleichfarbige Gebäude bilden ein Stadtviertel. In jedem Stadtviertel punkten am Ende die Spieler mit den meisten und zweitmeisten Pöppeln. Darüber hinaus punkten Karten in meiner Auslage. Die gelbe Vierzehn beispielsweise besagt, ich bekomme einen Punkt für jedes meiner Häuser mit maximal zwei Pöppeln drauf.
Doch wie erhalte ich die gelbe Vierzehn? Das geschieht, indem ich das entsprechende Grundstück überbaue. Spiele ich die gelbe Karte zusammen mit beispielsweise dem blauen Plättchen Nummer zwölf (und ein paar Pöppeln), kommt die blaue Zwölf als neue Karte ins Spiel, während die gelbe Vierzehn nicht mehr benötigt wird. Der Bauplatz ist ja verschwunden. Zur Belohnung erhalte ich die Karte.

Was passiert? Von den vier Handkarten wird immer eine gespielt, der Rest an den linken Nachbarn weitergegeben. Jeder zieht eine Karte nach; alle spielen simultan wieder eine und so fort. Dieses System sorgt für eine starke Abhängigkeit von der Situation. Ich kann keine Karten aufsparen; ich sollte auch nicht davon ausgehen, dass eine Karte noch mal wiederkommt. Also versuche ich, den aktuell besten Zug zu machen. Gibt es keinen besten, lohnt vielleicht auch die Überlegung, welche Karte man dem Nachbarn besser nicht vererbt.
Die Entscheidungen bei GINKGOPOLIS sind selten trivial. Oft hakt es irgendwo: zu wenige Pöppel, unpassende Plättchen, falsche Karten. Also vielleicht doch mal eine Runde nichts tun und Vorräte sammeln? Jeder Spieler startet mit unterschiedlichen Boni. Der eine kriegt mehr Belohnungen, wenn er die Stadt ausdehnt. Der andere, wenn er in die Höhe baut. Meist versucht man, diesen Weg beizubehalten, und sich Karten in die Auslage zu holen, die denselben Bonus weiter erhöhen. Auf diese Weise können schöne Maschinen entstehen, so dass man die verbrauchten Materialien nach dem Bauen sofort wieder nachbekommt. Das spart Aussetzer-Züge, aber Punkte gewinnt man allein damit noch nicht.
Ich habe sowohl erfolgreiche Maschinen-Strategien erlebt als auch erfolgreiche Qualitäts-Strategien. Das heißt: Anstatt mittelmäßige Züge zu machen, lieber passen und Material für einen wichtigen Zug ansammeln. Bei knappen Vorräten besteht die Gefahr, dass im Finale genau der eine entscheidende Pöppel fehlt. Das Ende hat in GINKGOPOLIS nämlich Schicksals-Charakter: Wer hat noch Material? Wer muss ausgerechnet jetzt passen? Wer bekommt Karten, mit denen sich etwas anfangen lässt? Und wer wird am Schluss noch überbaut? In letzter Sekunde können Viertel zerteilt oder verbunden werden und Mehrheiten wieder kippen. Bisweilen spielentscheidend.

Was taugt es? Der Aufwand, GINKGOPOLIS zu erlernen, ist recht groß, zumal eine Partie noch nicht ausreicht, um zu verstehen, was man hier eigentlich tut. GINKGOPOLIS ist verzahnt und interaktiv und verfolgt das Prinzip der Überinformation: Nicht nur über die drei Karten, die ich weitergebe, kann ich mir den Kopf zerbrechen. Auch welches meiner Plättchen ich verbaue, will überlegt sein. Denn mit jedem Plättchen kommt eine neue Karte ins Spiel, und deren Eigenschaft kann mir nützen – oder dem Gegner.
Seinen vollen Reiz entfaltet GINKGOPOLIS erst, wenn alle Spieler es beherrschen und endlich in unter einer Stunde spielen können. Dann (und nur dann) ist die Spielzeit mit einer Vielzahl von Entscheidungen gut gefüllt und auch der sehr erhebliche Glücksfaktor wird vertretbar.

GINKGOPOLIS von Xavier Georges für einen bis fünf Spieler, Pearl Games / Heidelberger Spieleverlag.

Dienstag, 19. Februar 2013

Vor 20 Jahren (2): Choco Crossies

Vor mehr als 20 Jahren hatte ein Freund namens Heiko mal erwähnt, dass er gerne Choco Crossies isst. Wie sich herausstellten sollte, waren derartige Privatoffenbarungen in einer Clique total gewitzter Typen (oder solcher, die sich dafür hielten) ein schlimmes Eigentor. Schnell entwickelte sich die Tradition, dass Heiko zum Geburtstag von uns allen nur noch Choco Crossies geschenkt bekam. Damit das Konzept mehrere Jahre lang unterhaltsam blieb, wechselten die Darreichungsformen: Choco Crossies ließen sich nicht nur eingehüllt in schönem Geschenkpapier überreichen, sondern auch getarnt in der Verpackung anderer Köstlichkeiten oder eines kleinen Elektrogeräts. Noch besser aber machten sie sich in verfremdeter Umgebung, beispielsweise abgefüllt in einer ausrangierten Socke.

Der in unseren Augen nahezu unerschöpfliche Gag machte Heikos Geburtstage zu einem der besonderen Jahresereignisse, vor allem wenn auch uneingeweihte Gäste kamen, die versehentlich etwas anderes schenkten und sich – im Gegensatz zu Heiko übrigens – lachend auf die Schenkel schlugen, wenn der Gastgeber die nächste Ladung Choco Crossies auspackten musste.
Kaum zu glauben, dass wir trotz allem nett bewirtet wurden. Denn es gab ein zweites jährliches Highlight, und das war Heikos Geburtstagssalat: ein Salat mit Miesmuscheln, der so lecker war, dass man nicht wieder aufhören konnte, wenn man einmal davon gekostet hatte.

Und trotzdem habe ich einmal Heikos Geburtstag sausen lassen!


Lange, lange hatte ich meinem erweiterten Umfeld in den Ohren gelegen, bis ich endlich genügend Leute beisammen hatte, um eine Partie CIVILIZATION anzugehen. Und der einzige Termin, auf den wir uns einigen konnten, war ausgerechnet Heikos Geburtstag.
Weil ich überzeugt war, dass jeder Spielen gut finden müsse, insbesondere solch (nach damaligem Empfinden) tolle Spiele wie CIVILIZATION, machte ich mir keine weiteren Gedanken, ob dies wohl das richtige Spiel für die Gruppe war, wie viel man den Mitspielern überhaupt zuzumuten konnte und mit welchen Erwartungen sie an die Sache herangingen. Die Antworten auf meine nicht gestellten Fragen sollte ich dennoch bald bekommen. Sie lauteten: Nein. Wenig. Die falschen.

Das Spielen war richtig schlecht. Meine Spielpartner waren unkonzentriert und abgelenkt, sie überlegten ewig, machten dumme Züge und besprachen nebenbei am Telefon Pläne für das weitere Wochenende. Außerdem nörgelten sie über das Spiel und motzten, sie hätten keine Chance mehr und müssten trotzdem noch stundenlang weiterspielen. Wir brachen die Partie schließlich ab, und reumütig fuhr ich doch noch zu Heiko.
Der Salat war längst aufgegessen, alle Choco Crossies ausgepackt, und ich schämte mich und nahm als Lektion mit, dass man nicht immer alles im Leben dem Spielen unterordnen sollte.
Und wie mein weiterer Werdegang zeigt, habe ich mich eisern daran gehalten.

Freitag, 15. Februar 2013

Fundstücke

Wenn man sich neue Stühle kauft, die alten an den Straßenrand stellt, und am nächsten Vormittag kommt die Sperrmüllabfuhr... und alles steht noch unberührt da: Dann weiß man, es war wirklich dringend nötig!
(Altes chinesisches Sprichwort)

Wie geht FUNDSTÜCKE? Wir sammeln Sperrmüll in fünf Sorten. In jeder Runde liegt eine von der Spielerzahl abhängige Menge bereit, und wir bieten mit verdeckten Zahlenkarten um die Reihenfolge, in der wir Gegenstände auswählen dürfen.
Wer die Eins spielt, kommt als Erster an die Reihe, erhält aber nur ein Teil. Entsprechend agiert die Fünf ganz am Schluss, rafft aber – sofern vorhanden – bis zu fünf Stücke. Im Falle eines Gleichstandes setzt sich der mit dem besseren Gleichstandsmarker durch. Der andere bekommt nichts, aber immerhin werden die Marker getauscht.
Und schließlich gibt es noch die Karte „Dieb“. Der Dieb klaut bei denjenigen Spielern, die gerade zum Sperrmüll unterwegs sind. „Unterwegs“ sind alle, die nicht bei Gleichständen ausgestochen wurden. Um sich nicht zum Ziel des Diebes zu machen, ist es vorteilhaft, Waren schnell wieder wegzutauschen. Denn man sammelt die Dinge nicht um ihrer selbst willen: Auftragskarten geben vor, für welche Altmöbel-Kombinationen es wie viele Punkte gibt. Immer direkt nach dem Beutezug dürfen die Spieler Aufträge erfüllen.

Was passiert? Weil alle Informationen offen liegen, kann ich mir durchaus Gedanken machen, was die anderen wollen. Die Gleichstandsplättchen besitzen nicht nur Verwaltungsfunktion; es lässt sich auch mit ihnen taktieren: Besitze ich den schlechtesten Chip, sollte ich entweder eine Wahl treffen, mit der ich mutmaßlich allein dastehe, oder ich sollte versuchen, ins Duell mit der Nummer eins zu gehen, um das Reihenfolgeplättchen zu ergattern.
Dennoch unterscheidet sich das Spielgefühl am Ende nicht sehr von anderen Spielen mit verdeckten Geboten: Man überlegt sich was, probiert es und lässt sich vom Ausgang überraschen. Je mehr Spieler, desto unberechenbarer wird es. Die Diebeskarte hat in meinen Runden mehrfach für Unlust gesorgt, wenn beim Führenden nichts zu holen war und ersatzhalber die beklaut wurden, die ohnehin schon schlecht dastanden.

Was taugt es? An FUNDSTÜCKE gefällt mir der stimmige Mechanismus, dass Frühaufsteher gezielt die besten Stücke bekommen, während die Langschläfer in größeren Fuhren die Reste einsammeln. Trotzdem empfinde ich das Spiel als nicht so stark, dass es diese Neuauflage gebraucht hätte. Das Geschehen in FUNDSTÜCKE fühlt sich nicht dicht genug an. Die Zeit, in der ich nachdenke, ist kurz im Vergleich zu der Zeit, die für Verwaltung und Warengeschiebe drauf geht. Am besten gefallen mir letztlich die hochwertige Aufmachung mit schönen großen Karten und die charmante Retrografik von Harald Lieske.

FUNDSTÜCKE von Friedemann Friese für drei bis sechs Spieler, 2F-Spiele.

Montag, 11. Februar 2013

Spielejahrgang 2012/13:
Was meine Mitspieler gerne spielen (1)

Bevor demnächst die Nürnberg-Neuheiten meine Regale fluten, präsentiere ich als Zwischenfazit ein kleine Statistik: Welche Spiele des aktuellen Jahrgangs kommen bei meinen Mitspielern am besten an?

Zum Hintergrund: Weil ich in größeren Runden nicht mehr so leicht mitbekomme, wie die Spiele verlaufen, bitte ich alle Teilnehmer, Punkte für ihre gespielten Spiele zu vergeben. Solche Noten ersetzen zwar keine eigene Analyse, aber sie können Hinweise sein, um bei bestimmten Spielen genauer hinzusehen oder das eigene Urteil zu hinterfragen. Außerdem lässt sich mit den Zahlenkolonnen sehr schön herumspielen.

Meine Spielerunden erleben momentan einen Zulauf wie noch nie. Das freut mich sehr – einerseits weil ich auf diese Weise viele Menschen kennen lerne, andererseits weil ich genau das erfahren darf, was ich berufsmäßig seit Jahren propagiere: Das Brettspiel lebt!

Entgegen allen Vorurteilen sind die neuen Mitspieler keine Nerds oder Tattergreise. Ganz im Gegenteil hat sich mein Mitspieler-Pool verjüngt. Etliche kommen mit vergleichsweise geringen Brettspiel-Erfahrungen und sind noch nicht durch die typischen Vielspieler-Vorurteile verdorben. So ist zu erklären, dass in diesem Herbst / Winter eine für Vielspieler-Augen recht wilde Lieblingsspiel-Liste entstanden ist.
Vor allem Spiele der mittelschweren Kategorie haben es offenbar schwer, sich weit oben zu platzieren: Die Kenner und Freaks, meist aus meinen privaten Runden, deren Noten ich ebenfalls abfrage, bevorzugen tendenziell Schwergewichte. Und die weniger Spiel-Erprobten bevorzugen tendenziell das Leichte.
Womöglich ist genau das auch ein Abbild der derzeitigen Marktsituation und erklärt, warum im Bereich der mittleren Spiele – zumindest gefühlt – immer weniger passiert.

Hier nun die zehn Spiele mit der besten Durchschnittsnote meiner Mitspieler (inklusive aller Ungerechtigkeiten, die eine Aufschlüsselung nach dem Durchschnitt mit sich bringt).
Mit einer Ausnahme (KEYFLOWER: 14) haben alle aufgeführten Spiele mehr als 20 Bewertungen. Das am häufigsten bewertete Spiel ist RIFF RAFF (85). Sofern bereits rezensiert, erlaube ich mir, meine Beurteilung ebenfalls anzugeben. Nur weil meine Mitspieler eigene Noten aufschreiben dürfen, heißt das ja noch lange nicht, dass ihnen zustimme.

1. MAKE ’N’ BREAK PARTY
*** mäßig
2. STILLE POST – EXTREM
***** reizvoll

3. TERRA MYSTICA
***** reizvoll

4. TZOLK’IN
****** außerordentlich

5. HANABI
******* genial

6. KEYFLOWER
****** außerordentlich
7. GINKGOPOLIS
***** reizvoll
8. QWIXX
***** reizvoll
9. NOBLEMEN
**** solide
10. RIFF RAFF
**** solide

Donnerstag, 7. Februar 2013

Rondo

Unter allen Kommentaren, die ich bislang zu RONDO vernommen habe, lautete der mit großem Abstand häufigste: „Rentnerspiel!“ Mit meinen zirka 32 Jahren denke ich eigentlich noch nicht ans Altenteil, trotzdem scheine ich auf magische Weise zur Zielgruppe zu gehören, denn zu einer Partie RONDO sage ich nicht nein.

Wie geht RONDO? Der Spielplan zeigt eine Art Rad mit Feldern drin und erinnert an meinen alten Erzfeind TRIVIAL PURSUIT. Die Felder sind farbig und tragen Zahlen von 1 bis 5. Hier sollen gleichfarbige Chips abgelegt werden und zählen dann entsprechend Punkte. Immer muss an bereits vorhandene Chips angebaut werden. Ich darf mehrere Felder in Reihe belegen, und ich darf sogar mehrere Chips auf dasselbe Feld legen. Zur Überbrückung von Feldern lassen sich falsche Farben benutzen, dann allerdings für null Punkte.

Was passiert? Wer Chips legt, zieht anschließend einen nach. Wer passt, zieht zwei nach. Mehr als fünf Chips besitzt man nie. Eine beliebte Strategie besteht deshalb darin, erst mal geduldig das Ablagebänkchen vollzusammeln und anschließend alles rauszuhauen.
Das ist am ökonomischsten und so kommt man auch eher an die wertvollen Felder heran. Denn selten wird ein Mitspieler ein benachbartes 5-Punkte-Feld als Vorlage offen lassen. Komme ich an die Reihe, sind die attraktiven Ziele meist drei Schritte entfernt und ich muss schauen, wie ich mir mit meinen Farben am besten einen Weg dorthin bahne.
Natürlich gehört Glück dazu. Wer stets eine bunte Mischung besitzt, wird leider nie das erhabene Gefühl kennen lernen, gleich zwei oder sogar drei Chips auf einer 5 stapeln zu können. Inklusive weitem Satz auf der Siegpunkt-Skala.
Gewisse Zweifel bestehen an der Ausgewogenheit der Positionen. Ich jedenfalls sitze bei RONDO lieber hinten, weil ich dann das Spielende besser kontrollieren kann. Als Startspieler bleibt man manchmal auf seinen Chips hocken.

Was taugt es? Manches verläuft schematisch, manches ist auch vorgegeben, weil man ganz simpel seine Zugmöglichkeiten auszählen kann, und bei der Wahl zwischen 13 und 14 Punkten wohl tendenziell die 14 bevorzugt. Im Rahmen eines 20-Minuten-Spieles finde ich das aber angemessen. Außerdem gibt es durchaus Spannungsmomente: Was ziehe ich nach? Verbaut mir jemand meinen schönen Plan? Und muss ich, bevor ein anderer den Reibach macht, irgendwo dazwischengrätschen, obwohl ich eigentlich lieber passen und zwei Chips nachziehen würde?
Sehr gelungen sind die schönen, dicken Kunststoff-Chips. Um das Material perfekt zu machen, hätte ich mir noch einen optischen Hinweis gewünscht, welcher Spieler welche Farbe (weiß, grau, schwarz, braun) hat. Beim Vorrücken auf der Zählleiste ist das Nachfragen echt lästig.
In Summe passen Aufwand und Ertrag bei RONDO gut zusammen. RONDO ist ein einfaches, unkompliziertes, angenehmes Ablegespiel für Menschen ab 32 und gaukelt auch nichts anderes vor. Für mich ist das stimmig.

RONDO von Reiner Knizia für zwei bis vier Spieler, Schmidt.

Sonntag, 3. Februar 2013

Ich freu mich und drei ärgern sich


Was auf den ersten Blick womöglich so aussieht wie ein würfelförmiges Holzpuzzle in einer Box, ist in Wahrheit das achtteilige „Topolotoy“ von Alex Randolph: ein würfelförmiges Holzpuzzle in einer Box. Und zugleich eine Trophäe.
Nach Alex Randolph ist der ALEX-Medienpreis benannt, den die Spieleautorenzunft SAZ jährlich vergibt. In diesem Jahr wurde zusätzlich ein Sonderpreis verliehen, und das ist der Grund, warum plötzlich auch ich zum exklusiven Kreis der Topolotoywürfelpuzzler zähle. Die zugehörige Urkunde erläutert dies so:

„Die Spieleautorenzunft ehrt Udo Bartsch mit einem Sonderpreis für seine langjährige herausragende Arbeit als Spielekritiker und besonders für seine Spielkritik „Und das Volk nannte es Spielreiz“ in der Zeitschrift „spielbox“ (1/2012).“

Meinen bisherigen Kontakte mit „Sonderpreisen“ beruhten hauptsächlich auf Spam-Mails diverser Telefonanbieter. Deshalb muss ich sagen: Diese neuartige Form von Sonderpreis gefällt mir weitaus besser. Vor allem gefällt mir die schmeichelhafte Wortkombination „langjährige herausragende“. Derartiges kriegt man normalerweise erst beim Eintritt ins Rentenalter bescheinigt. Und ich bin doch noch jugendliche 32. (Gefühlt.)

Weil wir in einer Spielokratie leben, gibt es aber auch gegenteilige Meinungen:
„Oh Gott, nicht auch noch das“, stöhnt einer im spielbox-Forum.
„Ich kann der Schreibe von Udo Bartsch leider gar nichts abgewinnen. Wenig Infos – viel Blabla“, findet ein Zweiter.
Und ein Dritter kotzt: „Diese selbstherrliche Überheblichkeit in seinen Rezensionen konnte ich schon zu Fairplay-Zeiten nicht ertragen.“

Au wacker! Bei so viel Kritik bin ich natürlich in mich gegangen und habe alle Ansichten gründlich hinterfragt. Nach langer Abwägung komme ich aber zu dem Ergebnis, dass die Lobhudeleien der ALEX-Urkunde meinen Geschmack klar besser treffen.
Dort steht nämlich, ich hätte mit meinen selbstherrlichen Rezensionen in der Fachpresse „fast eine eigene Textgattung“ geschaffen. „Mit einer Sicherheit, die ihresgleichen sucht, navigiert er [das bin ich] den Leser durch das Spielgeschehen, taucht dabei ganz in Atmosphäre und Thema des Spiels ein und erledigt den notwendigen Erkenntnisgewinn wie nebenbei.“ Klingt doch toll.

Wer mein überhebliches, informationsarmes Blabla (vs. „Ein derart dichter, geschliffener und gleichzeitig leichtfüßiger wie feinsinniger Text, der einfach Spaß macht, ist im Genre der Spielkritik eine Besonderheit mit Vorbildcharakter.“) nachlesen möchte, kann das auf der Seite der SAZ tun. Wem das sogar gefällt, der abonniert die spielbox.