Freitag, 9. Mai 2014

Francis Drake

Gewissen Leuten kann man es einfach nicht recht machen. Einer davon bin ich. Gerne meckere ich darüber, dass Symbole zu klein, Pappmarker zu fitzelig oder Spielregeln zu bleiwüstig sind. Und bei FRANCIS DRAKE lege ich nun noch einen drauf: Auch hier finde ich die Symbolik mal wieder zu klein, unklar, nicht der Spielbarkeit förderlich. Gleichzeitig stört mich aber auch die protzig zur Schau getragene Überproduziertheit, gepaart mit fehlerbehaftetem Chinamaterial. FRANCIS DRAKE ist riesig, um möglichst riesig zu sein. Meinem Spiele-Schönheitsideal entspricht das nicht.

Wie geht FRANCIS DRAKE? Wir sammeln Mannschaft, Kanonen, Handelswaren und Rumfässer als Ausrüstung für eine anschließende Kaperfahrt. Diesen Vorgang spielen wir drei Mal, und wer am Schluss die meisten Punkte hat, gewinnt.
Die Ausstattung gewinnen wir wie in EGIZIA: Wir durchlaufen einen Arbeiter-Einsetz-Parcours (Hafen von Plymouth), auf dem wir nur vorwärts, aber niemals zurückziehen dürfen. Manche Felder schenken nur dem Erstankömmling etwas, auf anderen Feldern ist die Belohnung gestaffelt, beispielsweise bekommen die ersten beiden Spieler zwei Kanonen, der dritte immerhin noch eine.
Nach der Plymouth-Phase platzieren die Spieler verdeckt ihre Setzscheiben (mit Zahlen zwischen 1 und 4) an verschiedenen Zielorten. Je nach Reichweite der eigenen Flotte (=Anzahl der Rumfässer) steht einem die gesamte Karibiklandkarte oder nur ein Teilbereich offen. Anschließend werden erst alle 1er-Scheiben, dann die 2er usw. ausgewertet. Wer Plymouth früher verlassen hat, besitzt bei Gleichstand Vorrecht. Aus zwei Gründen ist das wichtig: Erstens darf jeder Ort nur von maximal zwei Spielern überfallen werden, und wurden mehr als zwei Scheiben eingesetzt, fallen welche raus. Zweitens erhält, wer zuerst kommt, zusätzlich zur normalen Belohnung einen Bonus.
Vier verschiedene Ziele locken den Eroberer: A) Handelshäfen. Hier gibt man eine Handelsware ab und erhält einen Rohstoff. Viele verschiedene Rohstoffe zu besitzen, bringt bei Spielende eine fette Punkteprämie. B, C, D) Städte, Forts, spanische Galeonen. Sie zu überfallen kostet Matrosen, Kanonen oder beides. Erfolgreiche Überfälle bringen Punkte. Viele Zusatzpunkte gewinnt, wer auf derselben Fahrt sowohl Stadt als auch Fort als auch Schiff besiegt. Bei Forts und Galeonen herrscht Planungsunsicherheit. Ein zunächst verdeckt liegender Marker bestimmt, ob sich die Eroberungskosten um eventuell bis zu zwei Matrosen bzw. Kanonen erhöhen.

Was passiert? FRANCIS DRAKE erweist sich jenseits des Piratenthemas als Optimierungsspiel. In der Plymouth-Phase sind viele spannende Entscheidungen zu treffen, ähnlich denen, die wir aus EGIZIA kennen: Was brauche ich unbedingt, worauf zielen die anderen ab? Presche ich gezielt nach vorn und lasse Felder aus oder lese ich geduldig die verschmähten Reste auf?
In der Platzierungs-Phase definiert das so erworbene Material den Rahmen der Möglichkeiten. Wenn ich nicht gerade auf Handel setze, möchte ich möglichst Stadt und Fort und Galeone überfallen, also muss ich meine Matrosen und Kanonen so portionieren, dass es aufgeht. Für die verdeckt liegenden Marker kann man sicherheitshalber stets zwei Soldaten bzw. Kanonen einplanen. Die Gefahr ist allerdings, dass man hinterher Material übrig hat. Man kann sich alternativ auch an demjenigen Spieler orientieren, der die geheimen Marker platzieren durfte. Oder man pokert und setzt sich dem Risiko aus, bei einer Eroberung zu scheitern. Im Erfolgsfall hat man ein paar Punkte mehr herausgeholt. Im Misserfolgsfall aber bricht eine ganze Aktion weg und somit meist auch der Bonus für die drei verschiedenen Eroberungen. So etwas lässt sich kaum wieder aufzuholen, denn FRANCIS DRAKE ist sehr ausbalanciert. Ob man mehr auf Handel oder mehr auf Krieg setzt, ist ziemlich egal, Hauptsache, man baut keinen groben Schnitzer ein.
Nicht verbrauchtes Material muss am Ende des Durchgangs abgegeben werden. Für die zweite und dritte Kaperfahrt startet man wieder bei Null. Und das ist die große Schwäche von FRANCIS DRAKE. Man macht in der Partie drei Mal hintereinander dasselbe. Die Durchgänge werden nur addiert, es baut sich kein übergeordneter Spannungsbogen auf. Man sammelt Material, tüftelt daraufhin seine Scheibenverteilung aus und hofft, an einigen Orten früher an die Reihe zu kommen als die Konkurrenz.

Was taugt es? Der stärkste Mechanismus ist nur aus EGIZIA übernommen, und dort war er obendrein raffinierter, denn im Gegensatz zu FRANCIS DRAKE wird EGIZIA im Laufe der Durchgänge zunehmend spannend. Das Piratenthema basiert auf historischen Fakten, wird im Spiel aber genauso abstrahiert wie in anderen Eurogames auch. FRANCIS DRAKE ist handwerklich in Ordnung. Einen eigenen Charakter aber offenbart es nicht.

FRANCIS DRAKE von Peter Hawes für drei bis fünf Spieler, Kayal Games.

2 Kommentare:

Tom Hilgert hat gesagt…

Ich habe Francis Drake vor zwei Jahren als Prototyp gespielt und Peter Hawes gefragt, ob er Egizia denn kennt, was er verneint hat und das glaube ich ihm auch. Also eine Parallelentwicklung dei zugegebenermaßen bei Egizia mehr Früchte trägt

Schnuppi hat gesagt…

Als einen Mangel empfinde ich persönlich, dass es - egal bei welcher Spielerzahl - in der zweiten Phase gleich viele Punkte zum Einsetzen gibt. Dies führt dazu, dass es mit drei Spielern schnarchlangweilig ist, weil viel zu viel Platz ist. Bei vier Spielern ist es ok, aber wirklich Konkurrenz gibt es erst bei fünf Spielern. Zu Dritt würde ich es nicht noch einmal spielen.

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