Dienstag, 30. Januar 2018

Gern gespielt im Januar 2018

PANDEMIC LEGACY – SEASON 2: Okay, meinen Charakter „Vogelmann“ zu nennen, war eine Schnapsidee. Davon abgesehen aber läuft es.


GAIA PROJECT: Info an meine Mitspieler: In der Partie neulich wollte ich gar nicht gewinnen, sondern nur „Odyssee im Weltraum“ nachempfinden.


NUSFJORD: Ich erinnere mich, dass es mal die Diskussion gab, Autoren sollten eine erkennbare Handschrift haben. Uwe Rosenberg hat dieses Ziel definitiv erreicht.


PIONEERS: Gleisbau mal ganz ohne Gleise.


ALL YOU CAN EAT: Echt primitiv, woran Tiere den ganzen Tag so denken. Falls ich als Karte im Spiel wäre, enthielte meine Denkblase echte Esskultur: Schokolade. Lakritz. Englisches Weingummi. Noch mehr Schokolade. Mmh …


CODENAMES DUETT: Nach nicht ganz unfallfreier Reise glücklich und zufrieden in der Vatikanstadt angekommen. Nächster Halt: Washington.




Donnerstag, 25. Januar 2018

Pioneers

Spielen bildet. Hatte ich mir amerikanische Siedler zur Pionierzeit bislang so vorgestellt, dass sie unter großen Entbehrungen zu Fuß, auf Pferden, mit klapprigen Karren, auf Kanus oder improvisierten Flößen in unerforschtes Land vordringen, zeichnet PIONEERS ein viel angenehmeres Bild: Pioniere nehmen einfach die Postkutsche. Genial.

Wie geht PIONEERS? Jeder Spieler startet mit fünf Figuren in einer Kutsche. Die Sitzplatzfarbe definiert den Beruf des Männchens, sei es Barkeeper (rot) oder Bankier (gelb). Jede Figur darf nur an Orten ihrer Farbe aussteigen.
Ich will erstens viele Männchen aussteigen lassen. Denn jede Kutsche, die ich leere, zählt Punkte. Zweitens will ich möglichst viele meiner Männchen mit einem Straßennetz verbinden. Das zählt für die Schlusswertung.

Wer am Zug ist, bewegt die gemeinsame Postkutschen-Figur. Sie repräsentiert sozusagen sämtliche Kutschen aller Spieler gleichzeitig. Man darf beliebig weit fahren, allerdings nicht über unbemannte Städte hinweg. Und das Fahren kostet Geld. Entweder an die Bank. Oder an den Mitspieler, falls man dessen Straße benutzt. Nur eigene Straßen zu befahren, ist kostenlos. Am Zielort wird dann ein eigenes Männchen abgestellt und erhält einen berufsspezifischen Vorteil. Der Bankier beispielsweise erhöht das Einkommen des Spielers. Der Barkeeper kickt eine weitere Figur aus der Kutsche heraus (wodurch sich schwer vermittelbare Problemfälle entsorgen lassen und die Kutsche auch schneller leer wird).
Wichtig noch: Gegen Gebühr darf ein Mitspieler eine seiner Figuren in denselben Ort stellen. Das kann im Hinblick auf die Schlusswertung sinnvoll sein oder auch einfach nur zur Kutschenentleerung.


Was passiert? Wer erfolgreich spielen will, muss einiges unter einen Hut bringen. Straßen kosten Geld, also benötige ich ein höheres Einkommen (und will also Bankiers in gelben Städten unterbringen). Einkommensunabhängig darf ich pro Zug aber nur einen Kauf (Gleise, Kutschen) tätigen, was auf Dauer behindert. Also will ich violette Händlerinnen absetzen. Sie erhöhen die Zahl der möglichen Käufe.
Grüne Farmer dürfen zu mehreren aus den Kutschen aussteigen, wozu ich aber erst mal mehrere Kutschen mit mehreren Farmern gekauft haben muss. Und weil Mitspieler ihre Straßen gerne mal so bauen, dass sie mögliche Verbindungen unterbrechen, brauche ich hin und wieder blaue Sergeants, die Straßen auch parallel bauen.
Zu diesem Personal-Management gesellt sich das Navigations-Management. Mit möglichst geringen Kosten will ich die Kutsch-Figur zu einer Stadt dirigieren, in der ich ein Männchen abstellen darf. Möglichst eins, das mir in der aktuellen Situation etwas bringt. Und möglichst an einem Ort, den ich spätestens bis Spielende in mein Straßennetz integriert habe. Und im Bestfall steht die Kutsche dann sogar noch für den folgenden Spieler möglichst blöd, was ihn zu höheren Ausgaben und eventuell zur Benutzung meiner Straßen zwingt.


Was taugt es? Die Stadtfarben sind jedes Mal anders verteilt. So schleift sich keine klare Vorgehensweise ein. Die Züge sind schnell abgewickelt, und weil ich auch Figuren platzieren darf, wenn ein anderer am Zug ist, bin ich stets involviert. Dass wir wirklich miteinander und nicht nebeneinander spielen, fällt positiv auf. Störend kann sich diese Abhängigkeit vom Mitspieler auswirken, wenn jemand nicht mitdenkt und anderen unfreiwillige Vorlagen serviert.
Ornella gelingt mit unverbrauchten Mechanismen eine spannende Verbindung taktischer Erwägungen und langfristiger Pläne. In PIONEERS ist nichts überflüssig, das Spiel kommt genau auf den Punkt. Thematisch ist es jedoch weniger stark. Auch die nüchterne Gestaltung trägt nicht dazu bei, viele Spieler anzulocken. Zugleich ist die Grafik aber ausgesprochen funktional. Alle wesentlichen Informationen findet man rein visuell auf Spielplan und Spielertableaus.
Ein Regelwiderspruch irritiert mich: Besitze ich nur noch leere Kutschen, muss ich eine neue kaufen und mit Männchen bestücken. Kann ich keine der angebotenen Kutschen bestücken, darf ich keine kaufen. Was nun passiert, wenn ich a) eine Kutsche kaufen muss, b) aber regelkonform keine kaufen kann, bleibt offen. Ein Computerspiel würde an dieser Stelle abstürzen. Im Brettspiel wird man sich wohl darauf einigen, dass dann ausnahmsweise keine Kutsche gekauft werden muss.


***** reizvoll

PIONEERS von Emanuele Ornella für zwei bis vier Spieler, Queen Games.

Sonntag, 21. Januar 2018

Vor 20 Jahren (55): Barbarossa

BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER, Spiel des Jahres 1988, ist ein Spiel mit einer sensationellen Geschichte. Gemeint ist nicht die Kyffhäusersage, die den thematischen Hintergrund bildet. Sondern die Veröffentlichungsgeschichte. Sie handelt von einem jungen Autor auf den Göttinger Spieleautorentagen, dessen Prototyp mit Knetgummi niemand beachtet. (Fast niemand.) Und sie handelt von einem Redakteur, der (später) das Potenzial erkennt und das Spiel unbedingt veröffentlichen möchte. Gegen alle Widerstände im Verlag. Und ohne ein Budget für die Grafik. (Man sieht es auch, wenn man genauer hinsieht.)

Diese Geschichte könnte ich erzählen, aber ich habe sie schon in mehreren Artikeln über Klaus Teuber und Reiner Müller erzählt. Deshalb erzähle ich eine andere, zugegebenermaßen nicht ganz so sensationelle Geschichte: die von BARBAROSSA und mir.

Sie beginnt Silvester 1988, als ich BARBAROSSA kennenlernte. Wir spielten mit mehreren Freunden ins Jahr 1989, es bildeten sich zwei Gruppen, und ich sah mich vor die Alternative gestellt: TRIVIAL PURSUIT oder BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER? Ich traf die weitaus bessere, ich würde sogar sagen: die einzig mögliche Wahl.

Zehn Jahre später, Kosmos hatte BARBAROSSA in einer neuen Ausgabe herausgebracht. Nicht der letzte Versuch übrigens. Klaus Teuber veröffentlichte eine Version im Eigenverlag, später kam das Spiel noch mal in abgewandelter Form als KNÄTSEL. Den Evergreen-Status hat BARBAROSSA trotzdem nie erreicht.
Trotz überragender Originalität. Es war das erste Spiel, in dem ich einer Wertung begegnete, die es belohnt, wenn man ein weder zu leichtes noch zu schweres Rätsel gestellt hatte. Später gab es das abgewandelt zum Beispiel bei DIXIT oder auch bei LINQ. (Und anderen.)

Warum kein Evergreen? Wenn ich von mir selbst ausgehe, vermute ich, dass BARBAROSSA gleich zwei Hürden setzt, die viele nicht so leicht überspringen: Man muss Fantasie haben. Und man muss kneten. Ich jedenfalls habe schon bei DIXIT arge Probleme, mir einen guten Begriff auszudenken – ohne ihn dann auch noch formen zu müssen. Aus gutem Grund enthält KNÄTSEL eine Liste mit vorgeschlagenen Basteleien. Einfach für den Fall, dass Dödel wie ich mitspielen.

Aber was ich eigentlich schreiben wollte: Vor 20 Jahren spielte ausnahmsweise der Freund einer Mitspielerin mit, obwohl er Spielen gar nicht so sehr mochte und man ihm das beim Spielen auch ein bisschen anmerkte. Ein Spiel für sechs musste her. Wir spielten das neue BARBAROSSA.

Die Mitspielerin hatte die Rätsel ihres Freundes in null Komma nichts geknackt. Wir anderen saßen da und starrten ideenlos auf eine Kugel ohne besondere Eigenschaften und ein rautenförmiges Etwas. War das ein Salino? Ein Drachen? Ein Karo-Muster? Nicht vielleicht doch ein Salino? Nein. Nein. Nein. Alles falsch.

Was uns damals noch nicht so präsent war: Unser Mitspieler war Fußball-Fan. Folglich war die Kugel selbstverständlich der Ball. Und die Raute das Emblem seines Lieblingsvereins. Der HSV.
Dieser Aha-Effekt brannte sich bei mir ein. Von allen Rätseln, die mir jemals bei BARBAROSSA gestellt worden sind, ist mir einzig die HSV-Raute im Gedächtnis geblieben. (Der Ball ist mir erst beim Schreiben dieses Artikels wieder eingefallen.) So wird dieser Fußballverein in meiner Erinnerung weiterleben, selbst wenn er bald in die Niederungen der Unterklassigkeit abrutscht.


Mittwoch, 17. Januar 2018

Exit – Der Tote im Orient-Express

Gute Websites, die Wert darauf legen, ihre Leser aktuell zu informieren, haben EXIT natürlich schon vor einem Jahr abgefrühstückt. Andere Websites ... na ja.
DER TOTE IM ORIENT-EXPRESS ist ein besonderer unter den bislang erschienenen Fällen und dringender Anlass, um endlich mal etwas über die Gesamtreihe zu schreiben.

Wie geht EXIT – DER TOTE IM ORIENT-EXPRESS? Wie alle EXIT-Fälle. Wir beginnen mit einer kleinen Broschüre, in der wir auf mindestens ein Rätsel stoßen. Haben wir den dreistelligen Code geknackt, finden wir weitere Rätsel und weiteres Rätselmaterial. Haben wir alle Rätsel gelöst, ist das Spiel beendet und weder wir noch jemand anderes kann es noch einmal spielen, weil wir Material beschriftet oder zerstört haben.
DER TOTE IM ORIENT-EXPRESS unterscheidet sich von den anderen bisher erschienenen Teilen durch ein Meta-Rätsel: Am Ende muss ein Täter überführt werden. Dazu muss man während des Spiel Indizien sammeln und richtig deuten.


Was passiert? DER TOTE IM ORIENT-EXPRESS fühlt sich genauso an wie die anderen EXIT-Spiele. Und das ist eine gute Nachricht. Mittlerweile frage ich mich ja, ob den Autoren nicht irgendwann die Ideen ausgehen müssten, und nach jedem weiteren Spiel stelle ich überrascht fest: Nein, noch ist es nicht soweit! Bislang enthielt jeder Teil mindestens ein Rätsel, das ich besonders kreativ und besonders überraschend fand. Und auch diesmal ist es wieder so.
Nebenbei: Nur zwei Arten von Rätsel finde ich weniger gelungen: a) Rätsel, die eigentlich keine Rätsel, sondern eher Fleißaufgaben sind, b) Bastelrätsel, deren wackelige Konstruktion Unsicherheit hervorruft, ob die ermittelte Lösung wohl stimmt. Die Qualität der EXIT-Rätsel besteht – normalerweise – darin, dass die Lösungen nie hergeholt oder willkürlich sind. Wenn man erst einmal darauf gekommen ist, was das Rätsel von einem will, gibt es keinen Auslegungsspielraum und keinen nagenden Zweifel mehr. Es bleibt nur eine Lösung übrig. Außer – leider – bei den Bastelrätseln.
DER TOTE IM ORIENT-EXPRESS ist vergleichsweise stringent. Rätsel folgt auf Rätsel. In anderen Teilen sind manche Rätsel mehr miteinander verwoben; man weiß nicht, ob man schon alle lösungsrelevanten Informationen gesammelt hat. Obwohl vom Verlag im Profi-Level einsortiert, hat uns DER TOTE IM ORIENT-EXPRESS weniger Kopfzerbrechen bereitet als manch anderer Fall.
Und noch etwas nebenbei: Als optimal empfinde ich den Schwierigkeitsgrad, wenn man mehrfach kurz davor ist, eine Hilfekarte in Anspruch zu nehmen – und plötzlich doch noch auf die Lösung kommt. Dieses Level wird bei jeder Gruppe woanders liegen. Gut also, dass der Verlag das ungefähre Level neuerdings auf der Schachtel angibt.

Was taugt es? Die besondere Stärke der EXIT-Reihe sehe ich in den klaren, logischen, nachvollziehbaren und zugleich abwechslungsreichen Rätseln. Nach neun Teilen ist mir noch immer nicht langweilig geworden. Ich bin auf weitere EXIT-Fälle gespannt, während ich an anderen eingeführten Escape-Reihen das Interesse verloren habe. Dass das Spiel zerstört wird, ist kein Gimmick oder Marketing-Trick, um mehr Spiele zu verkaufen: Ohne das Zerstören von Material wären einige der besten EXIT-Rätsel schlichtweg nicht möglich gewesen.
Das kartengesteuerte Hilfe-System von EXIT ist das mit Abstand beste, dem ich in Escape-Spielen bislang begegnet bin: Ich brauche hier keine App, ich muss nicht während des Spiels ins Internet gucken. Ich kann frei wählen, an welcher Stelle ich Hilfe bekommen möchte und in welchem Umfang. Bis hin zur Lösung.
Zusammengefasst: Die Stärke von EXIT ist, dass es keine Schwächen hat. Außer vielleicht die schmalbrüstige thematische Einkleidung. Mich stört die Konzentration auf die Mechanik allerdings überhaupt nicht. An ein Spiel im Mitbringformat, das ich nur ein einziges Mal spielen kann, habe ich nicht die Erwartung, dass es mich in Welten eintauchen lässt.
Und um zum Schluss doch noch mal etwas speziell zum ORIENT-EXPRESS zu sagen: Jetzt haben auch Menschen, denen das Thema wichtiger ist als mir, ihren EXIT-Fall. Man sollte aber trotzdem nicht erwarten, in diesem Spiel forensisch zu arbeiten und sich dabei wie ein weltberühmter Privatdetektiv zu fühlen.


***** reizvoll

EXIT – DER TOTE IM ORIENT-EXPRESS von Inka und Markus Brand für einen bis vier Spieler, Kosmos.

Dienstag, 9. Januar 2018

Café Fatal

Wie geht CAFÉ FATAL? Wer LAS VEGAS kennt, kennt den Grundmechanismus von CAFÉ FATAL. Und wer LAS VEGAS nicht kennt, hat ein Problem. Erstens weil er ein saugutes Spiel verpasst. Zweitens weil ich mich hier gleich mehrfach auf LAS VEGAS beziehen werde.
Auch in CAFÉ FATAL platzieren wir lasvegasmäßig Würfel (alle werfen, eine Zahl wählen, alle dieser Zahl auf dasselbe Feld setzen), allerdings ohne dass vorab festgelegt wäre, welche Zahl wohin gehört. Bei vier Spielern gibt es 13 Ablagefelder. Jeder startet auf einem Feld seiner Wahl. Auf jedem liegt mindestens ein Käse-, Pizza- oder Tortenstück als Belohnung für denjenigen, der hier am Ende des Durchgangs die meisten Würfel besitzt. (Bei Gleichstand zählt die höhere Augenzahl.)
Weitere Würfel darf ein Spieler in späteren Würfen nur benachbart ablegen. Zudem müssen sie eine andere Augenzahl haben als alle seine bisherigen ausgelegten Würfel. Wählt man eine Augenzahl, die man bereits gelegt hat, müssen die neuen Würfel hinzu. Sind alle Würfel aller Spieler platziert, wird der Durchgang ausgewertet.


Was passiert? CAFÉ FATAL erfordert das Lesen der Auslage. Meine ersten Würfel will ich einerseits – natürlich – in eine Region setzen, wo es viel zu holen gibt. Zweitens sollte ich Ausbreitungsmöglichkeiten haben.
Wer in der Spielerreihenfolge vorne sitzt, kann allerdings leicht eingekesselt werden, egal wie genau er sich seine Platzierung überlegt. Wenn auch nur ein einziger Spieler einem das Revier streitig machen möchte, erweist sich das bereits als nachteilig. Der Zweikampf absorbiert Würfel und verhindert eine größere Ausbreitung in die Fläche. Wer freies Hinterland hat und Felder ohne große Konflikte gewinnt, darf sich freuen.
Im Vergleich zu LAS VEGAS zeigt sich: Sechs (statt acht) Würfel senken die Spannungskurve. Man hat in seinen Spielzügen weniger Auswahl, das Pulver ist früher verschossen. Dass die Würfelergebnisse Spieler zu bestimmten Handlungen zwingen, macht in LAS VEGAS den besonderen Witz aus, weil ungewollte Gleichstände einen lachenden Dritten hervorbringen. CAFÉ FATAL fehlt diese Wendung. Doofe Würfelergebnisse sind und bleiben doof und sorgen für Frust.
Bester Kniff des Spiels ist die Wertung. Pizza (am häufigsten im Spiel) zählt einen, Käse zwei, (seltene) Torte fünf Punkte. Hat man fünf Stücke derselben Sorte, zählen sie doppelt. So begehrt die Torten auch sind: Der Fünfling gelingt bei Pizza oder Käse erheblich häufiger. Oft entscheidet über den Spielsieg, ob man fünf oder nicht fünf einer Sorte ergattern konnte. Das macht es spannend, und man sammelt nicht irgendwas und nicht nur auf Masse.


Was taugt es? Bekannte Mechanismen aufzugreifen, ist legitim. Letztendlich greift jedes Spiel Bekanntes auf, variiert, ergänzt, repariert. Allerdings sollte ein Mehrwert schon erkennbar sein. In CAFÉ FATAL erkenne ich ihn nicht. Ausgerechnet die markanteste Änderung – das Spielfeld samt der Bedingung, Würfel benachbart zu platzieren – macht die Spielverläufe eher unbefriedigend, obwohl sich sogar neue taktische Optionen ergeben.
Negativ kommt hinzu: Das Material erinnert an billige Mitbringspiele. Und das Café-Thema passt auch nicht so richtig und wirkt gewollt.
CAFÉ FATAL ist spielerisch trotzdem nicht reizlos. Es macht schon einigermaßen Spaß. Taktieren und spekulieren, zocken und frohlocken. Aber warum sollte man CAFÉ FATAL spielen, wenn man auch das viel bessere, dichtere, emotionalere LAS VAGAS spielen kann?


*** mäßig

CAFÉ FATAL von Brett J. Gilbert und Trevor Benjamin für zwei bis fünf Spieler, Zoch.

Mittwoch, 3. Januar 2018

Bunny Kingdom

Geschichte wiederholt sich. Vor allem in Eroberungsspielen. Obskurerweise schicken höhere Instanzen immer wieder mehrere konkurrierende Eroberer los, und wer von ihnen am besten erobert, wird Obereroberer und gewinnt. Normalerweise entscheiden Siegpunkte, die der Stimmigkeit halber manchmal auch „Ruhmespunkte“ oder „Machtpunkte“ heißen. Oder wie in diesem Fall „Goldene Karotten“, denn die Eroberer sind niedliche Häschen.
Die thematische Einbettung eröffnet dem Illustrator zahlreiche Möglichkeiten für eine putzige Gestaltung, und Paul Mafayon verwandelt die Vorlage souverän. Für das Spiel selbst macht es jedoch keinen Unterschied, ob Hasen hoppeln oder Ritter raufen. Nur die Aufmerksamkeit ist urplötzlich größer. Spieler öffnen die Schachtel und rufen begeistert: „Oh, Hasen!“


Wie geht BUNNY KINGDOM? Oh, Hasen!
In der zehn mal zehn Felder großen Hasenwelt enthalten einige Spielfelder Rohstoffe, auf manchen Feldern befindet sich ein Turm, weitere Felder sind leer. Ziel sollte es sein, zusammenhängende Felder in Besitz zu nehmen. Denn jedes Gebiet punktet nach folgender Formel: Anzahl Türme mal Anzahl verschiedener Rohstoffe.
Bei Spielbeginn gibt es nur drei verschiedene Rohstoffe (auf 40 Feldern) und 17 Türme. Mittels Karten können sowohl weitere Rohstoffsorten als auch weitere Türme ins Spiel gebracht werden, um eigene Gebiete nachträglich aufzuwerten. Zunächst muss man die Felder jedoch in Besitz nehmen. Dies geschieht, indem man die entsprechende Koordinatenkarte (von A1 bis J10) spielt.
An Karten gelangt man durch Drafting: Von seinem Anfangsbestand behält und spielt man zwei, kriegt anschließend die verschmähten Karten des Nachbarn, wählt davon wieder zwei, gibt den Rest weiter … bis sämtliche Karten gespielt sind. Dann gibt es erstmals Punkte, anschließend neue Karten und nach vier Durchgängen endet das Spiel.
Außer den schon beschriebenen und einigen Spezialkarten enthält der Kartensatz auch 37 „Schriftrollen“. Wer eine solche wählt, hält sie bis zur Schlusswertung geheim, wo sie (meist unter bestimmten Bedingungen) Punkte zählt.


Was passiert? Da es ein Ausbreitungsspiel ist, breiten sich die meisten Spieler aus – und stellen dann fest, dass es gar nicht so einfach ist, ein großes zusammenhängendes Gebiet zu erobern, und dass diese Mühe möglicherweise mit weniger Punkten belohnt wird als das gezielte Sammeln von Schriftrollen.
Die Schriftrollen sind in BUNNY KINGDOM das Salz in der Suppe. Manche bringen völlig unabhängig von der Situation auf dem Spielbrett Punkte, für andere muss man bestimmte Ausbreitungsziele erreichen (beispielsweise sieben Felder mit dem Rohstoff Holz besitzen), allerdings ohne den Druck, viele Türme und Rohstoffarten in einem Gebiet vereinen zu müssen.
Auf die Balance kommt es an: Je mehr Schriftrollen ich bunkere, desto mehr Raum lasse ich den Ausbreitungsstrategen auf dem Spielplan. Und je weniger ich selber auf dem Spielplan vertreten bin, desto schlechter stehen meine Chancen, die Bedingungen der vielen schönen Schriftrollen zu erfüllen.
So schafft BUNNY KINGDOM Situationen voller Zwiespalt: Von den zehn oder zwölf Anfangskarten ist oft die Hälfte viel zu attraktiv, um sie in fremde Hände gelangen zu lassen. Der Reiz und die Herausforderung bestehen darin, zu filtern und Prioritäten zu setzen. Planungssicherheit gibt es selten, denn nicht alle Karten kommen ins Spiel, und manch erhoffte Schriftrolle hat vielleicht längst ein anderer Spieler behalten, und man wartet und wartet vergebens.
Der Drafting-Mechanismus gaukelt eine Interaktion allerdings eher vor. Jeder ist mit seinen eigenen Plänen beschäftigt. Die diversen Bedingungen der eigenen Schriftrollen zu überblicken, ist schon kompliziert genug. In meinen Runden herrschte keine große Bereitschaft, sich darüber hinaus auch noch mit den potenziellen Schriftrollen der Konkurrenz zu befassen oder eine Karte nur deshalb zu wählen, damit sie ein anderer nicht bekommt.


Was taugt es? Gutes Abschneiden beruht bei BUNNY KINGDOM zunächst auf Erfahrung. Wer schon mindestens eine Partie hinter sich hat und deshalb weiß, wie der Hase läuft, hat Vorteile. Sind alle Spieler ähnlich erfahren, beruht ein gutes Abschneiden eher auf Glück. Es gibt nun mal klar stärkere und klar schwächere Karten und somit auch bessere und schlechtere Starthände. Glück hat, wer früh etwas Zusammenhängendes aufbauen kann. Glück hat auch, wer schöne Multiplikatoren oder ideale Schriftrollen ergattert.
BUNNY KINGDOM macht Spaß, ist spannend und unterhält. Man trifft eine Wahl, man hofft auf gute Karten, man fiebert mit. Der Reiz liegt im Überfluss. Es gibt viele Dinge, die man tun, und Wege, die man verfolgen könnte. Nur geht eben nicht alles.
Ein neuartiges Spielgefühl kreiert BUNNY KINGDOM nicht. Andere Drafting-Spiele leisten dasselbe. Der Detailreichtum macht das Spiel etwas wirr (was durchaus gewollt sein kann), zusätzlich erschweren die kleinen Figuren und das gedrängte Spielfeld aber auch das Handling und die Übersicht. Wenn es denn wirklich nötig ist, einige Spielfelder durch Lavaströme voneinander zu trennen, sollte diese Lava dann auch zu sehen sein, wenn die Felder durch Figuren besetzt sind.


**** solide

BUNNY KINGDOM von Richard Garfield für zwei bis vier Spieler, iello.