Ach, wäre ich doch bloß systemrelevant! Dann hätte ich meine Million schon längst beisammen. Und wenn ich sie verprasste, bekäme ich eine neue.
Wie geht QE? Um sie zu „retten“, ersteigern wir „systemrelevante“ Unternehmen. Die zählen Punkte. Wer am meisten Geld ausgibt, scheidet aus. Unter den Übrigen gewinnt, wer die meisten Punkte gesammelt hat.
Alle Unternehmen kommen in zufälliger Reihenfolge unter den Hammer. Reihum wechseln wir uns als Auktionator:innen ab. Bekleide ich dieses Amt, gebe ich zuerst mein Gebot öffentlich bekannt. Alle anderen Spieler:innen reichen daraufhin ihre Gebote geheim bei mir ein. Ich sehe sie mir an, das Höchstgebot erhält den Zuschlag. Wie hoch genau dieses Gebot ist, erfahren die Unterlegenen nun allerdings nicht (wenn es nicht gerade mein Gebot war). Sie wissen nur, sie wurden überboten. Man ahnt also immer nur so ungefähr, wie viel Geld die anderen Spieler:innen schon ausgegeben haben.
Die Unternehmen haben einen Punktwert von eins bis vier. Außerdem zählt es Extrapunkte, wenn ich Unternehmen meines Landes ersteigere. Ebenfalls positiv wirkt es sich aus, viele Unternehmen aus gleichen und / oder viele aus verschiedenen Industriezweigen zu kaufen.
Die verwegenste Regel von QE lautet: Wir dürfen bieten, wieviel wir wollen. Tausende, Hundertausende, Millionen, Milliarden ... Alles ist nur Fantasiegeld, welches wir in dem Moment schöpfen, wo wir es ausgeben.
Was passiert? QE funktioniert tatsächlich! Normalerweise würde ich das nicht extra herausstellen. In diesem Fall, der so sehr vom Gängigen abweicht, weil wir uns unsere Ressourcen einfach ausdenken, ist es mir aber doch eine Meldung wert.
QE funktioniert sogar sehr gut. Trotz der theoretischen Narrenfreiheit regiert am Tisch die Angst, sich zu überreizen. Bloß nicht am Schluss als Pleitegeier disqualifiziert werden! Vor allem zu Beginn wird oft noch vorsichtig geboten. Doch irgendwann wird die Angst, am meisten Geld auszugegeben, abgelöst durch die Panik, zu kurz zu kommen. Steht zu befürchten, dass die anderen schon mehr Punkte haben als ich, muss ich nachkaufen. Dringend! Und schon zahle ich Preise, die mir zwei Runden zuvor noch total übertrieben erschienen.
Wenn ich weiß, dass zum Ende des Spiels sowieso alles viel teurer wird als noch zu Beginn, kann ich natürlich gleich richtig hoch einsteigen in der sicheren Erwartung, dass die Inflation mir langfristig zuarbeitet. Aber ganz so sicher ist die Erwartung dann doch nicht. Sind die anderen noch im Tausenderbereich, und ich biete schon Millionen, kann sich eine stille Übereinkunft ergeben, mich da oben hängen zu lassen. Es kann aber auch sein, dass die Übereinkunft wieder zerbricht, weil irgendwer dann doch die Nerven verliert und unbedingt was kaufen möchte; koste es, was es wolle.
QE ist ein sehr psychologisches Spiel. Es spielt mit unserer Angst und mit gruppendynamischen Prozessen. Oft hat man das Gefühl, alles, was man noch machen könne, sei falsch, weil man entweder auf die eine oder auf die andere Weise verliert. Oder dass andere schuld sind, weil sie komplett unsinnige Preise bieten und dadurch Dritte zu Siegern küren.
Was taugt es? QE ist ein spezielles Spiel, und es polarisiert. Genau das, was für mich hier den Witz ausmacht, fanden einige in meinen Runden gar nicht lustig. Sie haben QE als wenig unterhaltsam empfunden, auch die kapitalismuskritische Komponente des Spiels ließ sie kalt.
Für mich wird QE durch die realwirtschaftliche Dimension sogar noch ein bisschen besser. Gewiss ist QE weit davon entfernt, geldpolitische Gegebenheiten zu simulieren. Aber zumindest wirft das Spiel Fragen auf; es regt Gedanken an, es hinterlässt das ungute Gefühl, dass so manches in unserer Welt auf tönernen Füßen gebaut sein könnte.
Mit sehr einfachen Mitteln und schlanken Regeln und einer Portion Aberwitz erzeugt QE große Dynamik und große Spannung. Während Versteigerungsspiele häufig durch kühle Berechnung entschieden werden, ist es hier eher irrationale Psychologie. Wenn man mehrfach erlebt hat, was QE auslösen kann, lässt der Reiz allerdings nach. Man ist nicht mehr so überrascht. Das ist für mich das Manko des Spiels. Ein kleines Manko.
***** reizvoll
QE von Gavin Birnbaum für drei bis fünf Spieler:innen, Strohmann Games.
1 Kommentare:
Ich kann den nachlassenden Reiz nicht bestätigen. Das Witzige ist, dass sich die Spieler in manchen Partien mit ihrem Geiz über-(bzw. unter-)bieten, während es in anderen schnell um Abermillionen geht. Es entwickelt immer eine andere Dynamik.
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