Wenn man aus BORA BORA einfach so CUZCO machen kann, kann man doch sicherlich auch aus einer Einleitung etwas Faszinierendes machen. Ganz bestimmt. Ich jedoch war es nicht, der aus BORA BORA CUZCO gemacht hat. Insofern sehe ich mich auch nicht in der Verantwortung, was das Aufpimpen dieser Einleitung angeht.
Wie geht CUZCO? CUZCO ist die Neufassung von BORA BORA und somit ein Würfel-Einsetzspiel. Pro Runde werfe ich drei Würfel und setze sie ein, um Aktionen auszulösen. Auf ein Aktionsfeld passen mehrere Würfel auch unterschiedlicher Spieler:innen, allerdings muss jede dort eingesetzte Augenzahl niedriger als alle vorherigen sein. Niedrige Würfelzahlen machen mich also flexibler. Höhere Würfelzahlen bringen stärkere Aktionen.
Ein merkliches Thema, das über „irgendwas mit Inkas“ hinausgeht, hat CUZCO nicht, genauso wie BORA BORA kein Thema hatte, das über „irgendwas mit Atoll“ hinausging. Wir wollen im Laufe der Partie mit unserer Figur über den Spielplan laufen, um in den erreichten Orten Federn einzusammeln. Die wiederum benötige ich in bestimmter Kombination, um eine schöne Ladung Punkte einzustreichen. Und: Mit jedem Ort, den meine Figur erreicht, schalte ich einen Platz auf meinem Tableau frei. Diese Plätze brauche ich für rote und blaue Personen-Plättchen, die mir zusätzlich zu meinen drei Würfelaktionen bis zu zwei Bonusaktionen (eine rote und eine blaue) einbringen.
Alle möglichen Teilerfolge werden mit Punkten honoriert. Am Ende des Spiels zählt es Extrapunkte, bestimmte Bereiche komplettiert zu haben, zum Beispiel das Maximum von zwölf Federn zu besitzen. Und regelmäßig am Ende jeder Runde punkte ich, wenn ich eine meiner drei Aufgaben erfülle (wofür ich bestimmte Personen-Plättchen besitzen muss oder bestimmte Karten, oder ich muss bestimmte Orte bereist haben etc.).
Erfülle ich keine Aufgabe, muss ich eine abschmeißen. In jedem Fall bekomme ich eine neue. Und hier ist die Spielreihenfolge sehr wichtig, denn wer zuerst dran ist, wählt zuerst und bevorzugt natürlich solche Aufgaben, die leichter zu erfüllen sind. Die Spielreihenfolge ergibt sich nicht zufällig, sondern wir konkurrieren darum.
Was passiert? Auch wenn CUZCO keine wirkliche thematische Klammer hat, ist mechanisch alles dicht miteinander verwoben und logisch aufgebaut. Sehr gelungen ist die Spieler:innen-Fokussierung: Ich will einerseits am Ende jeder Runde eine Aufgabe erledigen. Denn lasse ich auch nur einmal eine aus, geht mir der Schlussbonus für komplette Aufgabenerfüllung durch die Lappen. Und genau diese Schlussboni sind es, die mir auch langfristig und spielübergreifend einen Plan geben: Ich will bestimmte Bereiche komplettieren. Das werde ich nicht in allen sechs Kategorien schaffen. Aber möglichst viele sollen es schon sein.
Gleichzeitig sind die Handlungsmöglichkeiten von Anfang bis Ende sehr knapp kalkuliert. Nur drei Würfelaktionen pro Runde sind fast schon eine Zumutung, insbesondere wenn man nicht immer die Wunschaktionen abbekommt. Oft erreiche ich meine Ziele nur haarscharf oder muss dafür Kompromisse eingehen oder Götterkarten verplempern. Doch genau diese Haarscharf-Entscheidungen machen CUZCO sehr spannend.
Was taugt es? CUZCO ist ein Punktesalat-Spiel. Die Kernidee ist die Würfelmechanik. Um diese Mechanik herum sind verschiedene Schauplätze, die jeweils eigenen Regeln folgen, eng mit einander verwoben. Wir werden in Wettläufe verstrickt, wir konkurrieren um Schritte auf Skalen, wir schnappen uns Boni auf dem Spielplan weg – originellerweise nicht, indem den Bonus abgreift, wer zuerst kommt. Sondern umgekehrt: Wer einen Ort zuletzt bereist, bekommt am Ende Punkte dafür.
Die ständigen Aufgaben empfinde ich neben dem trickreichen Würfelmechanismus als die reizvollste Idee in CUZCO. Anstatt nur am Schluss Punkte aufzuaddieren, erhalte ich so schon häppchenweise Belohnungen und bin orientiert, wie gut ich dastehe und wo es hakt. Und ich werde in einen ständigen Kampf um die Reihenfolge verstrickt, um machbare Aufgaben abzubekommen.
Der Würfelmechanismus macht CUZCO interaktiv und konfrontativ. Kleine Zahlen finde ich zwar eher doof, aber immerhin kann ich mit einer eingesetzten Eins andere von einer Aktion ausschließen. Oder zumindest besteht diese Drohung. Wahrscheinlich habe ich Wichtigeres zu tun, als plump destruktiv zu spielen. Aber können sich meine Mitspieler:innen darauf verlassen? Die Würfel in einer vorteilhaften Reihenfolge einzusetzen, erfordert gutes Timing.
Zum Glück ist auch Glück im Spiel. Dafür sorgen schon die Würfel. Und auch was jeweils an Plättchen und Aufgaben im Angebot ist, kann mir fein in die Hände spielen oder auch nicht.
Gegenüber BORA BORA empfinde ich die Endwertung als etwas gerechter und die Götterkarten als etwas ausgeklügelter. Statt fünf Sorten gibt es nun 15. Die richtigen Karten zu erwischen und zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen, ist jetzt noch entscheidender.
Aber braucht man CUZCO, wenn man BORA BORA hat? In meinem Fall: nein. Ich bleibe trotz der Verfeinerungen bei BORA BORA. Das liegt daran, dass ich es – offenbar gegen den Trend unserer Zeit – als Nachteil von Spielen empfinde, wenn sie jede Menge Platz verschlingen. Ich brauche keine Unterleg-Tableaus aus dicker Pappe, um darauf den Plättchennachschub aufzustapeln (zumal der dafür vorgesehene Raum seltsam knapp bemessen ist). Ich staple so etwas seit Jahrzehnten sehr erfolgreich auf meiner Tischplatte.
BORA BORA passt problemlos auf meinen Spieltisch, und man kann sogar noch Getränke hinstellen. Und ich habe BORA BORA – im Gegensatz zu manch anderem alea-Spiel – nie als zu gedrängt empfunden. CUZCO benötigt ungefähr die doppelte Fläche. Ich sehe ein, dass dieser Monumentalismus das Konzept der gesamten „City Collection“-Reihe ist und seine Fans hat; meine Bedürfnisse erfüllt das nicht. Nebenbei: Ich finde auch die Materialaufbewahrung in der Box unnötig platzraubend, unübersichtlich und frickelig. Hans im Glück hat da – ebenfalls plastikfrei – ein praktikableres System gefunden.
Auch thematisch hat CUZCO im Vergleich zu BORA BORA nicht gewonnen. Die Materialien heißen jetzt „Khipu-Plättchen“, „Chasqui-Läufer“ oder „Inti-Medaillons“, und der Spielablauf hilft mir nicht, mir darunter etwas vorzustellen. So sind es einfach nur besonders komplizierte Wörter.
***** reizvoll
CUZCO von Stefan Feld für zwei bis vier Spieler:innen, Queen Games.
1 Kommentare:
Das Fazit spricht mir aus dem Herzen! Getränke müssen Priorität vor aufgeblasenen Komponenten haben 😉
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