Ein neuer Anfang ist immer das Schwerste.
Was bringt EIN NEUER ANFANG? Wie zu erwarten war: neue Module. Aber nicht einfach nur mehr desselben: Unsere Steinzeitzivilisation hat sich ein bisschen weiterentwickelt. Statt nur jagend und sammelnd von der Hand in den Mund zu leben, unternehmen wir nun auch erste Schritte zu Landwirtschaft und Tierzucht.
Damit das funktionieren kann, werden einige Kartenstapel (Träume, Erfindungen, Geheimnisse) ergänzt; die Stammeskarten und die Basiskarten werden komplett durch andere ersetzt. Das bedeutet auch, wieder neu überrascht zu werden, was im Wald, im Gebirge und am Gewässer so geschieht. Obendrein kommen auch zusätzliche Kartenrückseiten ins Spiel, mit denen wir erst Erfahrungen sammeln müssen. Unsere Welt justiert sich also neu.
Wesentliche Regeländerung: Nahrung verdirbt jetzt am Ende der Runde, mit Ausnahme von Getreide, das allerdings roh nicht essbar ist und deshalb immer wieder mal in Nahrung umgewandelt werden muss. Und Tiere können wir, statt sie zu töten, auch einfangen. Dann geben sie ein regelmäßiges Einkommen (üblicherweise Nahrung oder Fell), allerdings müssen wir Zäune bauen, um die Tiere von den Vorzügen der Sesshaftigkeit zu überzeugen. Und Tierzucht lohnt sich erst so richtig mit einer vollen Weide. Das wiederum kann dauern, und bis dahin ist eine Hungerstrecke zu überwinden.
Was passiert? Das Spielgefühl ist dem des Grundspiels sehr ähnlich. Wieder ist das Entdecken unserer Welt das zentrale Grundprinzip. Wieder sprechen wir uns ab und koordinieren unsere Handlungen, wägen ab, welcher Schritt als nächster kommen soll und wie wir langfristig unsere Siegpunkte sammeln. Wir fallen an einigen Stellen herein, haben mal Glück und mal Pech, aber lernen dazu, und das Wissen befähigt uns schließlich, die Szenarios zu bestehen.
Im Gegensatz zum Grundspiel haben meine Mitspieler:innen und ich diesmal kein einziges Szenario im ersten Anlauf geschafft. Schwierigkeiten bereitete uns vor allem der Stamm der Xrib bei seinen beiden Auftritten. Die Dramaturgie der Szenarios ähnelt aber trotzdem dem Gewohnten: Anfangs sind wir schwach, kriegen dauern eins auf den Deckel und müssen um unser Überleben bangen. Wenn es halbwegs gut läuft, kommen wir irgendwann an den Punkt, wo wir unsere Ohnmacht überwinden und selbst Dinge gestalten können. Und kommt dieser Punkt früh genug, reicht es schließlich zum Sieg.
Während es im Grundspiel nach Erreichen dieses Punktes meist schnell ging (und auch schnell gehen musste, weil man sonst den Wald leergejagt hätte), dauerten die erfolgreichen Partien bei EIN NEUER ANFANG erheblich länger. Manchmal gab es über mehrere Runden ein Patt: Wir hatten keine Verluste, aber wir gewannen auch keinen Punkt.
Was taugt es? Die Erweiterung bereitet mir nicht weniger Spaß als das Grundspiel, und das Grundspiel finde ich weiterhin „außerordentlich“, somit könnte man fragen, warum ich hier nur „reizvoll“ vergebe. Auf keinen Fall will ich damit ausdrücken, das Spiel sei durch die Erweiterung schlechter geworden. Die Erweiterung entwickelt die Gedanken und Leitlinien des Grundspiels weiter. Das ist völlig okay, mehr hätte ich gar nicht erhofft – aber es ist nicht mehr ganz so überraschend. Der wesentliche Teil an Innovation und Schöpfungshöhe steckt nun mal im Grundspiel.
Es gibt wieder einiges auszuprobieren, einiges herauszufinden, wir erleben ein paar neue Geschichten, es eröffnen sich neue Wege. Nicht alle haben sich als gleichermaßen erfolgreich erwiesen. Für PALEO-Fans ist die Erweiterung eine klare Bereicherung, sie wird aber wohl niemanden neu zu PALEO bekehren.
Mein einziger Kritikpunkt ist die Anleitung. Hans im Glück ist für mein Empfinden wie schon im Grundspiel zu optimistisch, dass alle Karten und Anweisungen von allen verstanden werden. Ja, zugegeben, vermutlich ist es uns letztendlich gelungen, alles richtig zu deuten. Doch manchmal hatten wir Zweifel, und bei einem kooperativen Spiel stört mich das tatsächlich noch mehr als bei einem kompetitiven. Rein um den Spielenden Sicherheit zu geben, wünschte ich mir, die Anleitung hätte einen noch ausführlicheren Teil zum Nachschlagen.
***** reizvoll
PALEO – EIN NEUER ANFANG von Peter Rustemeyer für zwei bis vier Spieler:innen, Hans im Glück.
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