Zurück zu den Reimen: MISCHWALD reimt sich auf „bis bald“, und das könnte bedeuten, dass es in naher Zukunft wieder Einleitungen gibt. Vielleicht auch nicht, schließlich ist der Reim echt grottig.
Wie geht MISCHWALD? Wir legen aus Karten einen heimischen Wald. Mit Bäumen und anderen Pflanzen, Pilzen und Tieren. Jeder Baum bietet Platz für vier andere Karten: eine unterhalb, eine oberhalb, eine links, eine rechts des Baumes. Was man wohin legen muss, ist leicht zu erkennen, denn außer den Bäumen sind alle Karten zweigeteilt: vertikal oder horizontal.
Auf beiden Hälften sind stets verschiedene Dinge abgebildet. Schiebe ich eine Karte von links unter den Baum, entscheide ich mich somit gegen das, was auf der rechten Kartenseite abgebildet ist.
Manche Karten sind kostenlos; sie auszuspielen kostet lediglich die Aktion. Für andere Karten muss ich bis zu drei meiner Handkarten abwerfen, um sie zu spielen. Manche bringen dann sofort einen Bonus (Doppelzug, Karte ziehen etc.), andere bringen einen Bonus, wenn die Karten, die ich zur Bezahlung einsetze, die geforderten Symbole zeigen.
Die Karten spiele ich natürlich, weil sie Punkte zählen sollen. Die einen zählen einen festen Punktwert, andere erfordern Mehrheiten. Die meisten zählen in Abhängigkeit von anderen Karten. Beispielsweise punktet ein Buchfink nur, wenn er auf einer Buche sitzt. Oder der Rothirsch bringt Punkte für alle Baum- und Pflanzensymbole in meinem Wald. Manche Karten zählen gar keine Punkte, sondern bringen Dauereffekte. Der Steinpilz besagt etwa, dass ich immer eine Karte ziehen darf, nachdem ich eine Karte oben an einen Baum lege.
In meinem Zug spiele ich entweder eine Karte. Oder ich nehme zwei vom Stapel oder aus der offenen Auslage. MISCHWALD endet sofort, sobald die dritte von drei Winterkarten auftaucht, die in den unteren Teil des Stapels gemischt wurden.
Was passiert? Ich sammle auf meiner Hand Karten, die wegen ihrer Wertungen zueinander passen. Ich sammle zugleich Symbole, um beim Ausspielen von Karten einen Bonus zu erhalten. Weil ich aber nur zehn Karten halten darf, kann ich nicht allzu viele Vorhaben gleichzeitig verfolgen. Immer wieder muss ich auch zwischendurch was ausspielen, ohne die perfekten Symbole zu besitzen oder ohne dass ich schon absehe, ob die gespielte Karte Teil einer glorreichen Kombination sein wird.
Ohnehin sitzt mir die Zeit im Nacken. Spätestens wenn die erste Winterkarte auftaucht, kommt eine gewisse Panik auf, ob man noch alles schafft, was man sich so erhofft und teilweise auch schon vorbereitet hat. Umgekehrt kann es auch Spieler:innen geben, die aus taktischen Gründen das Spielende beschleunigen wollen und für schnellen Kartendurchsatz sorgen.
Ein ganz wesentlicher Reiz von MISCHWALD besteht darin, die Kartenkombinationen überhaupt zu erforschen. Manche Zusammenhänge offenbaren sich schneller, andere erst nach mehreren Partien, zumal man in einem Durchlauf längst nicht alle Karten kennenlernen wird. Es macht Spaß, immer etwas Neues auszuprobieren. Aber interessanterweise macht es auch Spaß, immer dasselbe zu machen. Einige meiner Mitspieler:innen versuchen es mit immer gleichen Kombinationen und verlieren dennoch nicht die Lust an MISCHWALD. Es ist der Reiz, aus Lieblings-Masche beim nächsten Mal noch ein paar mehr Punkte herauszuholen.
Zwar kann ich in MISCHWALD Strategien verfolgen, dennoch hat das Spielgefühl wesentlich mehr mit Hoffen, Bangen und Spekulieren zu tun als mit Durchplanen und Vorausberechnung. Zu vieles ist ungewiss: welche Karten überhaupt im Spiel sind, auf welche ich je Zugriff habe, welche mir weggeschnappt werden – vielleicht nicht mal in böser Absicht, sondern nur wegen eines Symbols. Zu fünft spielt sich MISCHWALD unberechenbarer als zu zweit. Und mit geduldigen Sammler:innen spielt es sich anders als mit Runden, die viele Karten verklappen und schnell den Stapel schrumpfen lassen.
Was taugt es? In MISCHWALD muss man eine Menge Text- und Symbolinformationen verdauen. Die erste Partie wird deshalb wahrscheinlich recht langsam verlaufen. Die Regeln selbst sind aber gar nicht schwierig, und die Grafik unterstützt die Abläufe sehr gut.
MISCHWALD ist sehr schön illustriert. Und auch das Thema ist toll. Dadurch, dass wir Tiere und Pflanzen ausspielen, die wir kennen, ist der emotionale Bezug zum eigenen Tun viel höher als in einer ausgedachten Welt oder einer abstrakten Spielumgebung. Vieles ist thematisch auch absolut schlüssig: Dass etwa Kröten und Beeren unten am Boden und Vögel in die Baumkronen gespielt werden, dass Füchse für Hasen punkten oder Wölfe für Rehe. Oder überhaupt: dass in diesem Ökosystem alles miteinander verbunden ist.
MISCHWALD ist für mich ein Wohlfühlspiel: aufgrund des Idylls und aufgrund des Spielgefühls. Es hat Tiefe, ich treffe Entscheidungen, und weil ich mich nicht genötigt fühle, jedes Detail zu optimieren, geht es leicht von der Hand.
***** reizvoll
MISCHWALD von Kosch für zwei bis fünf Spieler*innen, Lookout Spiele.
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