Samstag, 13. Juli 2013
Vor 20 Jahren (7): Bluff
Vor 20 Jahren hatte ich noch Zeit für Dinge im Leben. Unter anderem spielte ich Tischtennis. Mit mäßigem Erfolg zwar, aber immerhin war es eine Art Standbein im Realleben.
An den Kneipenabenden, die üblicherweise dazu dienten, den Flüssigkeitsverlust des Freitagstrainings auszugleichen, nahm ich allerdings nur unregelmäßig teil. Meine Verluste fielen ohnehin eher gering aus, und mir war das Ganze auch zu langweilig. Oft drehten sich die Theken-Gespräche um fremdartige Themen, zu denen ich nichts beizutragen hatte. Themen wie... Tischtennis.
Um das nachsportliche Abhängen sinnvoller zu gestalten, kam ich eines Tages auf die Idee, ein Spiel mitzunehmen. Das 1993er Spiel des Jahres BLUFF schätzte ich als außerordentlich breiten- und kneipentauglich ein. Jedoch...
Die erste potenzielle Teilnehmerin klinkte sich sofort aus, als sie nur die Schachtel sah: Oh Gott, Spielen! Als Grundschullehrerin müsse sie das ohnehin schon dauernd tun, hatte es an der Uni gehasst, hasste es immer noch und würde sich keinesfalls den Feierabend damit verderben!
Andere Sportlerkollegen wirkten ebenso wenig begeistert, gaben sich aber etwas diplomatischer: Na gut, wenn ich nun schon extra ein Spiel mitgebracht habe, könne man es ja mal spielen. Und so spielten wir also. Beziehungsweise ich erklärte. Beziehungsweise ich versuchte zu erklären.
Meine Mitspieler, die tagsüber Ingenieure oder Ärzte oder Germanistikstudenten, aber keineswegs Dorftrottel waren, erwiesen sich als spielerische Analphabeten. Weder der Sinn und Zweck des Wettens noch der Sinn und Zweck des Bluffens waren ihnen begreiflich zu machen. Ja, sie konnten nicht einmal würfeln! Einer war dabei, der jedes Mal sofort seinen Becher hochhob. Diesen Automatismus konnte er bis zum Ende des Spiels nicht abstellen.
Ohne erkennbare Ambition wurden verständnislos Wetten abgegeben, erhöht oder angezweifelt. Unter diesen Voraussetzungen war es unvermeidlich, dass ich gewann, und mir wurde nonverbal sehr direkt mitgeteilt, dass an einer Wiederholungspartie kein unmittelbares Interesse bestand.
Sobald jemand ausschied, schaute er nicht etwa weiter zu. Sondern einer nach dem anderen nahm sein Bierglas und setzte sich an einen anderen Tisch. Die Verlierer rotteten sich in sicherer Entfernung zusammen, und nachdem ich den letzten Verbliebenen rausgekegelt hatte, sagte mir einer, der Thomas hieß: „Udo, mit Verlaub, aber das ist ein Scheißspiel!“
Diese eine Partie BLUFF blieb somit mein erster und letzter Bekehrungsversuch des Barbarenhaufens. Ein oder zwei Jahre später – ich hatte meine stagnierende Tischtenniskarriere mittlerweile an den Nagel gehängt – traf ich auf der Straße eben jenen Thomas, der gerade in meinen Stadtteil gezogen war. Er erzählte mir völlig begeistert, dass er mit seiner neuen Freundin das Spielen für sich entdeckt habe. Und ihr gemeinsames Lieblingsspiel sei – BLUFF!
Aha!? Und warum er damals gesagt hatte, dass es ein Scheißspiel sei? Na ja, nur so, weil ich sie alle dermaßen in Grund und Boden gezockt hätte!
Teil 6: Spiel des Jahres
Teil 8: Papua
An den Kneipenabenden, die üblicherweise dazu dienten, den Flüssigkeitsverlust des Freitagstrainings auszugleichen, nahm ich allerdings nur unregelmäßig teil. Meine Verluste fielen ohnehin eher gering aus, und mir war das Ganze auch zu langweilig. Oft drehten sich die Theken-Gespräche um fremdartige Themen, zu denen ich nichts beizutragen hatte. Themen wie... Tischtennis.
Um das nachsportliche Abhängen sinnvoller zu gestalten, kam ich eines Tages auf die Idee, ein Spiel mitzunehmen. Das 1993er Spiel des Jahres BLUFF schätzte ich als außerordentlich breiten- und kneipentauglich ein. Jedoch...
Die erste potenzielle Teilnehmerin klinkte sich sofort aus, als sie nur die Schachtel sah: Oh Gott, Spielen! Als Grundschullehrerin müsse sie das ohnehin schon dauernd tun, hatte es an der Uni gehasst, hasste es immer noch und würde sich keinesfalls den Feierabend damit verderben!
Andere Sportlerkollegen wirkten ebenso wenig begeistert, gaben sich aber etwas diplomatischer: Na gut, wenn ich nun schon extra ein Spiel mitgebracht habe, könne man es ja mal spielen. Und so spielten wir also. Beziehungsweise ich erklärte. Beziehungsweise ich versuchte zu erklären.
Meine Mitspieler, die tagsüber Ingenieure oder Ärzte oder Germanistikstudenten, aber keineswegs Dorftrottel waren, erwiesen sich als spielerische Analphabeten. Weder der Sinn und Zweck des Wettens noch der Sinn und Zweck des Bluffens waren ihnen begreiflich zu machen. Ja, sie konnten nicht einmal würfeln! Einer war dabei, der jedes Mal sofort seinen Becher hochhob. Diesen Automatismus konnte er bis zum Ende des Spiels nicht abstellen.
Ohne erkennbare Ambition wurden verständnislos Wetten abgegeben, erhöht oder angezweifelt. Unter diesen Voraussetzungen war es unvermeidlich, dass ich gewann, und mir wurde nonverbal sehr direkt mitgeteilt, dass an einer Wiederholungspartie kein unmittelbares Interesse bestand.
Sobald jemand ausschied, schaute er nicht etwa weiter zu. Sondern einer nach dem anderen nahm sein Bierglas und setzte sich an einen anderen Tisch. Die Verlierer rotteten sich in sicherer Entfernung zusammen, und nachdem ich den letzten Verbliebenen rausgekegelt hatte, sagte mir einer, der Thomas hieß: „Udo, mit Verlaub, aber das ist ein Scheißspiel!“
Diese eine Partie BLUFF blieb somit mein erster und letzter Bekehrungsversuch des Barbarenhaufens. Ein oder zwei Jahre später – ich hatte meine stagnierende Tischtenniskarriere mittlerweile an den Nagel gehängt – traf ich auf der Straße eben jenen Thomas, der gerade in meinen Stadtteil gezogen war. Er erzählte mir völlig begeistert, dass er mit seiner neuen Freundin das Spielen für sich entdeckt habe. Und ihr gemeinsames Lieblingsspiel sei – BLUFF!
Aha!? Und warum er damals gesagt hatte, dass es ein Scheißspiel sei? Na ja, nur so, weil ich sie alle dermaßen in Grund und Boden gezockt hätte!
Teil 6: Spiel des Jahres
Teil 8: Papua
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Vor 20 Jahren
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4 Kommentare:
Nun ja: Objektiv gesehen ist Bluff tatsächlich ein Sch...spiel.
Was soll man aber auch von einem minimal aufgebohrtem Kneipenspiel (Oriignalnamen: "21" oder "Meiern") erwarten...
Ich habe lustigerweise ähnliche Erfahrungen mit Bluff. Durch seine einfachen Regeln dachte man immer, dass man Nichtspieler in die Welt der Spiele einführen könnte. Falsch.
Meine Erfahrungen sehen anders aus... aber es gibt in meinem Freundeskreis auch niemanden den ich nicht zum Spielen bekehren konnte... zumindest manchmal...
Und zwischen Meiern und Bluff ist schon noch ein gewaltiger Unterschied. Das wär ungefähr so als würde man Schwimmen/Einunddreißig mit Poker gleichsetzen.
Was für eine lahme Geschichte über ein tolles Spiel! Ein Spiel, dass ich bisher jedem unter die Nase halten konnte und Spielemuffel begeistert hab zocken sehen!
Endlich traut sich jemand auch mal eine langweilige Geschichte zu erzählen! Das find ich gut! Es muss ja nicht immer über ein Spiel die faszinierende Story sein, wie man selbst die größten Skeptiker begeistert! Das kann doch jeder!
Ich hab kürzlich in einer Wenigspielrunde Carcassonne auf den Tisch geschmissen und keiner (außer mir) mochte es! Hat mich voll umgehauen! Dachte immer, dass man damit jeden infizieren kann...
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