Samstag, 31. Mai 2014

Gern gespielt im Mai 2014

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

SOS TITANIC: Die zahlreichen Opfer tun mir ein bisschen leid, aber ich möchte es halt auch mal mit den dooferen Crew-Mitgliedern schaffen.

ABLUXXEN: Glaubt nicht, was in den Foren steht! ABLUXXEN wird mit jeder Partie immer besser.

SPLENDOR: Erledigt. Die „ewig gleiche Strategie“ sehe ich als halbwegs widerlegt an. Folglich darf ich SPLENDOR nun noch besser finden.

LEG LOS: Seht nur, in mir steckt ein Küüüünstler! Ach, hätte ich damals im Schulunterricht doch mit Stäben und Scheiben arbeiten dürfen, anstatt brutal zum Malen gezwungen zu werden: Wer weiß, ob nicht doch was aus mir geworden wäre.

SKULL KING: Kann man mit dem Skull King und einem Piraten eine Nullansage durchbringen? – Ja, man kann!

ROKOKO: Wer im Internetzeitalter auf „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!“ reinfällt, hätte sich wahrscheinlich auch im Rokoko mit einem Freudentanz zum Deppen gemacht bei: „Herzlichen Glückwunsch, Sie werden an den Hof des Königs entsandt!“

Sonntag, 25. Mai 2014

Abluxxen

In Foren ist zu lesen, ABLUXXEN werde mit jeder Partie immer besser. Mag ja sein – aber ich würde nicht allzu viel auf das geben, was in Foren verzapft wird. Schließlich weiß man nie so genau, woher es kommt. Wer auf Nummer sicher gehen will, vertraut etablierten Rezensionsseiten. Seiten wie – nur mal als Beispiel – dieser hier.
So. Das wäre hoffentlich geklärt.
Und was meint nun eine etablierte Seite wie diese hier zu ABLUXXEN? Sie meint: ABLUXXEN wird mit jeder Partie immer besser!

Wie geht ABLUXXEN? Jeder Spieler bekommt 13 Zahlenkarten, und sobald einer sein komplettes Blatt abgespielt hat, endet ein Durchgang. Jede ausgespielte Karte zählt bei der Abrechnung einen Punkt, jede Handkarte einen Minuspunkt. Oft hat der Schlussmacher die größte Ausbeute. Aber das muss nicht sein, denn es gibt während des Durchgangs die Möglichkeit, Karten hinzuzugewinnen: das „Abluxxen“.
Wer am Zug ist, spielt eine oder mehrere Karten mit demselben Wert in seine Auslage. Dort staffelt man die Karten etwas versetzt. Die neueste Kombination liegt immer oben und kann abgeluxxt werden. Die Karten darunter sind (vorerst) sicher.
Wer ausspielt, vergleicht seine Kombination (beispielsweise sei es ein Zwilling) reihum mit den zuoberst liegenden Kombinationen aller anderen Spieler. Alle Zwillinge mit niedrigerem Zahlenwert werden nun abgeluxxt, alle anderen Kombinationen (Einzelkarte, Drilling usw.) sind sicher. Wenn ich abluxxe, gibt es zwei Fälle: A) Ich möchte die Karten des Mitspielers haben und nehme sie auf die Hand. Jetzt muss mein Gegner dieselbe Anzahl Ersatzkarten aus der Mitte nehmen oder vom Stapel ziehen. B) Ich will den Krempel nicht. Jetzt entscheidet mein Mitspieler: Entweder er nimmt seine Kombination wieder auf die Hand. Oder wirft sie ab und nimmt Ersatzkarten.

Was passiert? Es gibt gute und schlechte Blätter. Die Starthand links im Bild ist undankbar, weil trotz Joker mindestens zehn Runden nötig sind, um alles loszuwerden. Die rechte Hand kann im optimalen Fall schon nach sechs Runden Schluss machen.
Doch es kann anders kommen! Vieles hängt im ABLUXXEN vom Spielerverhalten ab: Wie früh wird auf Siegverhinderung gespielt? Wie aggressiv wird abgeluxxt? Habe ich zwei Vieren auf der Hand, kann es attraktiv sein, mir drei weitere zu erobern. Das ist fürs Abspielen kein Tempoverlust, und es wären drei Pluspunkte mehr. Andererseits steigt das Risiko. Ein Durchgang kann urplötzlich enden, und dann sitze ich auf meinen Handkarten. Außerdem provozieren meine fünf Vieren womöglich üble Abluxxereien.
Sich unauffällig durchzumogeln kann deshalb ebenso erfolgreich sein. Oder extra so legen, dass abgeluxxt wird, weil in der Tischmitte attraktiver Kartennachschub lockt. Oder jemanden bewusst nicht abluxxen, damit er die tollen Sachen aus der Mitte nicht bekommt. Wie auch immer: Jeder Spielzug in ABLUXXEN beinhaltet eine Entscheidung: Man zockt. Man hortet und versucht, trotzdem noch rechtzeitig alles runterzuspielen. Man zittert, nicht im falschen Moment abgeluxxt zu werden. Man triumphiert, wenn man kurz vor Schluss die starke Kombi eines Mitspielers übertrumpft und dieser nun mit Schrottkarten aus der Mitte sein Blatt zerstören muss.

Was taugt es? Die Regeln von ABLUXXEN wirken zunächst etwas konstruiert, was Ravensburger mit einer Übersicht in der Anleitung aber sehr gut auffängt. Sind die Abläufe verinnerlicht, wird ABLUXXEN überraschend emotional. Zu viert finde ich ABLUXXEN am stärksten. Bei weniger Spielern ist etwas zu wenig los, zu fünft kann es ein bisschen zäh werden.
ABLUXXEN ist neben SKULL KING die von mir meistgespielte Kartenspiel-Neuheit des Frühjahrs 2014. POTATO MAN und LOVE LETTER eingerechnet, haben wir es mit einem bemerkenswert starken Kartenspiel-Jahrgang zu tun!

ABLUXXEN von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling für zwei bis fünf Spieler, Ravensburger.

Mittwoch, 21. Mai 2014

Vor 20 Jahren (17): Schach

In meinem Leben hatte ich drei Schach-Phasen. Während der ersten war ich ungefähr in der 9. Klasse und tankte Selbstvertrauen, indem ich ahnungslose Mitschüler als Schlacht-Opfer rekrutierte. Meine dritte und vorläufig letzte Phase erlebte ich während einer einjährigen beruflichen Fortbildung in den Jahren 1998/99. Mein Sitznachbar hatte ein Schachprogramm auf unserem gemeinsam genutzten Rechner installiert. Und während er nach drei chancenlosen Partien gegen „Fritz“ die Lust verlor, war mein Ehrgeiz geweckt. – Auch wenn in meinem Abschlusszeugnis letztendlich andere Dinge behauptet wurden, habe ich in dieser Fortbildung womöglich am meisten über Schach gelernt.

Was fehlt? Genau: die zweite Phase. Sie war die kürzeste und währte nur wenige Tage. Und zwar jene Tage, in denen ich 1994 unmittelbar vor meinen vier mündlichen Uni-Abschlussprüfungen stand. Es waren also genau die Tage, an denen man lernen hätte können. Und sollen. Aber an denen ich mich plötzlich sehr zu Schach hingezogen fühlte.

Damals verbrachte ich viel Zeit mit einem Freund, der im Jahr 1991 Brillenputztücher von Swirl benutzt hatte und den wir auch an dieser Stelle wieder Guido nennen wollen. Guido war in seiner Jugend ein aufstrebendes Schachtalent gewesen, hatte die großen Meister studiert und kannte die gängigen Eröffnungen aus dem Effeff. Gegen Guido zu spielen war die interessanteste Schach-Erfahrung meines Lebens, denn ich bekam demonstriert, was Schach überhaupt war: ein brutales Angriffsspiel.

Weil ich unter normalen Umständen keine Chance gehabt hätte, spielten wir ausschließlich Blitzschach. Und während Guido nur fünf Minuten Bedenkzeit bekam, hatte ich zehn oder sogar eine Viertelstunde. Letztendlich zog ich trotzdem so schnell wie irgend möglich, denn im Gegensatz zu so manchem Grübler aus dem Jahr 2014 war der Guido des Jahres 1994 so gewieft, unautorisiert auch meine Bedenkzeit für seine Überlegungen mitzunutzen.

Partie für Partie war mein einziges Ziel, die Abwehrschlacht über die Zeit zu bringen. Was auf dem Brett passierte, war faszinierend: Guido konnte, auch ohne dass ich offensichtliche Fehler machte, meine sicher geglaubte Stellung in Trümmer hauen. Er vollzog die wildesten Opfer, ich hatte riesige Figurenvorteile – und stand trotzdem mit dem Rücken zur Wand. Ich verlor reichlich oft. Aber nie zuvor und nie danach hat mir Schach so viel Spaß bereitet wie in diesen Tagen.

Dann bestand ich meine Uni-Prüfungen, und die Schachfiguren wurden wieder eingepackt. Der Ernst des Lebens begann.

Teil 16: Der Feuersalamander
Teil 18: Café International

Samstag, 17. Mai 2014

SOS Titanic

Nautische Wochen bei REZENSIONEN FÜR MILLIONEN. Auf NORDERWIND folgt PACKET ROW folgt FRANCIS DRAKE folgt SOS TITANIC. Ahoi!

Wie geht SOS Titanic? Blickfang des Spiels ist ein Ringbuch mit elf Doppelseiten. Sie werden wie bei einem Countdown heruntergezählt. Die erste Seite ist die 10. Darauf sehen wir die noch stolz im Wasser schwimmende Titanic um 23:40 Uhr. Auf Seite 9 um 0:05 Uhr hat sie bereits etwas Schlagseite, und auf Seite 0 um 2:29 Uhr ist das Schiff fast vollständig versunken. Danach kommt: Game over. Das Ringbuch ist Spielbrett und Rundenzähler zugleich.
Eine Karten-Pacience bildet den Hauptmechanismus. Im Spiel sind zwei violette Kartensätze von 1 bis 13 (Passagiere erster Klasse) sowie zwei gelbe Kartensätze von 1 bis 17 (Passagiere zweiter Klasse). Ziel ist es, alle Passagiere in Rettungsboote zu bringen, was bedeutet, seitlich der Titanic vier aufsteigende Reihen zu bilden, die mit Einsen beginnen. Kinder und Frauen kommen dabei zuerst. Sie sind auf den niedrigen Karten abgebildet. Und damit im Untergangs-Chaos auch ja die Sitten stimmen, bleiben erste und zweite Klasse hübsch getrennt.
Das Spiel beginnt mit vier ungleich langen gemischten und verdeckten Kartenreihen an Bord der Titanic. Die jeweils oberste Karte wird aufgedeckt. Frei liegende Karten dürfen bewegt werden: a) Einsen werden als Rettungsboote ins Wasser gelassen. Hierauf werden gleichfarbige Zweien, Dreien usw. abgelegt. b) An Bord der Titanic werden Karten umgruppiert, solange sie eine absteigende gleichfarbige Reihenfolge bilden. c) Mit einer gelben 17 oder einer violetten 13 werden auf der Titanic noch zwei neue Reihen eröffnet.
Der Nutzen all dieser Umgruppierungen: Verliert eine Reihe ihre letzte offene Karte, wird wieder die oberste aufgedeckt. Dadurch ergeben sich eventuell neue Möglichkeiten. Wenn nichts mehr geht, darf der Spieler entweder eine Aktionskarte spielen. Will er das nicht oder hat er keine, muss er alternativ Karten vom gemischten Stapel aufdecken. Kann eine davon regelkonform angelegt werden, ist alles gut. Passen mehrere, muss man sich für eine entscheiden. Passt keine, muss eine Seite im Ringbuch umgeblättert werden. Nach dem dritten Mal Umblättern ist das erste Deck voll Wasser gelaufen. Unter den dortigen Passagieren entsteht Panik. Die beiden Kartenreihen links werden zusammengemischt und zu einer Reihe vereinigt. Für alle bisherigen Ordnungsbemühungen kann das verheerend sein. Optimalerweise hat man die beiden linken Decks zu diesem Zeitpunkt schon relativ leer gespielt. Ist der Kartenstapel aufgebraucht und muss neu gemischt werden, wird ebenfalls umgeblättert.
SOS Titanic kann solitär gespielt werden oder kooperativ als Gruppe. Jeder Spieler verkörpert ein Besatzungsmitglied und bringt eine Spezialeigenschaft in die Rettungsmannschaft ein.

Was passiert? SOS TITANIC hat ganz viel mit Glück zu tun. Die Entscheidungen sind Zockerei. Wenn ich Karten aufdecken muss: Wie viele wähle ich? Nicht zu wenige, denn ich riskiere, dass im Buch umgeblättert wird. Aber auch nicht zu viele, sonst verbraucht sich der Stapel zu schnell.
Taktischer wird es durch die Aktionskarten. Es gibt bessere und schlechtere Zeitpunkte für ihren Einsatz, wenngleich auch hier einiges auf Zock beruht. Das macht aber nichts, denn eine Solo-Partie ist locker in zehn Minuten heruntergespielt.
Bei mehreren Spielern kommt es etwas mehr aufs Timing an. Um eigene Aktionskarten zu nutzen, muss man an der Reihe sein. Außerdem bieten sich für die Crewmitglieder – je nach Eigenschaft – etwas unterschiedliche Spielweisen an.

Was taugt es? SOS TITANIC stieß in meinen Runden nicht gerade auf heiße Liebe, und ich kann die Kritik nachvollziehen. Der reine Mechanismus ist weder neu noch gehaltvoll. Wer Patiencen sowieso als Zeitvertreib einstuft, bei dem man weitgehend vom Stapel gespielt wird, wird keinen Mehrwert darin entdecken, diesen Zeitvertreib nun mit mehreren Spielern auszuüben und über die Spielzüge auch noch zu diskutieren.
Mein Empfinden ist allerdings ein anderes. Dazu beigetragen hat sicherlich, dass ich sehr viele Solo-Partien gespielt und bei aller Zufallslastigkeit viel Spannung dabei erlebt habe. Der Reiz, es endlich zu schaffen, ist hoch. Und ist es geschafft, lautet ein neues Ziel, dasselbe in Gestalt eines anderen Crewmitgliedes noch einmal zu vollbringen.
Vor allem aber finde ich die erzählerische Einbettung von SOS TITANIC überragend. Die Patience hat ein starkes und überzeugendes Thema bekommen. Die Illustrationen (leider ist die Symbolik teilweise unklar) verströmen Zeitkolorit, die Spielcharaktere sind an historische Personen angelehnt. Und es geht über Äußerlichkeiten sogar noch hinaus. Das Blätterbuch simuliert das versinkende Schiff. Die Mechanismen (Wer darf in welcher Reihenfolge ins Boot? Welche Folgen hat ein voll gelaufenes Deck?) passen zum Thema.

SOS Titanic von Bruno Cathala und Ludovic Maublanc für einen bis fünf Spieler, Ludonaute / Heidelberger Spieleverlag.

Dienstag, 13. Mai 2014

Spielejahrgang 2013/14:
Was meine Mitspieler gerne spielen (2)

Acht Tage ist es nun her, dass ich anlässlich meines vor acht Tagen veröffentlichten Spiele-Rankings versprach, in acht Tagen eine anders sortierte Liste zu veröffentlichen. Dieser große Tag ist nun heute!

Diesmal habe ich die von meinen Mitspielern bewerteten Spiele nicht nach der Durchschnittsnote sortiert, sondern nach der Anzahl besonders positiver Rückmeldungen (konkret: mindestens 8 von 10 Punkten). Auf die Weise werden zwei Effekte etwas ausgefiltert: a) wenn Spiele stark polarisieren, b) wenn Spieleexperten Spiele runterpunkten, die sich nicht an Spieleexperten richten.

Andererseits verzerren nun andere Effekte das Bild. In diesem Ranking haben ganz klar diejenigen Spiele einen Vorteil, die von besonders vielen Menschen gespielt und bewertet worden sind. Warum Spiele von mehr Menschen gespielt werden als andere Spiele, kann verschiedene Gründe haben, die nichts mit der Qualität des Spiels zu tun haben müssen: a) Es gibt das entsprechende Spiel schon seit Herbst 2013 und nicht erst seit dem Frühjahr 2014. b) Das Spiel lässt sich in größerer Besetzung spielen und nicht nur zu zweit, zu dritt oder zu viert. c) Ich bringe das Spiel besonders häufig zu meinen Spieletreffen mit.
Gerecht und / oder repräsentativ ist diese Liste also genauso wenig wie die Vorgängerliste; allenfalls ist es eine weitere (je nach Geschmack mehr oder weniger interessante) Statistik-Spielerei. Stand der Erhebung ist übrigens der 12.05.2014, während die vorige Liste alle bis zum 30.04.2014 erfassten Noten berücksichtigt hatte. Weil ich in der Zwischenzeit viel gespielt habe, haben diese paar Tage durchaus einiges durcheinander gewirbelt. Mit Stand vom Stand 30.04.2014 wären noch BLOOD BOUND und LEMMINGE bei der nachfolgenden Aufstellung dabei gewesen. Nun sind sie es, wie man sieht, nicht.
So. Jetzt aber endlich...

Tatatataaaa! Die am häufigsten von meinen Mitspielern mit 8 oder mehr Punkten bewerteten Spiele:

1. BAM
*** mäßig

2. CAVERNA
****** außerordentlich (Rezension spielbox 3/2014)

3. CONCEPT
Rezension folgt

4. CONCORDIA
***** reizvoll

5. CAMEL UP
***** reizvoll

6. RUSSIAN RAILROADS
****** außerordentlich

7. LEG LOS
**** solide (Rezension spielbox 5/2014)

8. LOVE LETTER
***** reizvoll

9. ISTANBUL
***** reizvoll

10. GLÜCK AUF
**** solide






Das Spiel mit den insgesamt meisten Bewertungen ist übrigens immer noch CONCEPT. Den höchsten Begeisterungs-Quotienten in dieser Liste hat CAVERNA. 65 Prozent der Spieler zückten entzückt 8 Punkte oder mehr.

Freitag, 9. Mai 2014

Francis Drake

Gewissen Leuten kann man es einfach nicht recht machen. Einer davon bin ich. Gerne meckere ich darüber, dass Symbole zu klein, Pappmarker zu fitzelig oder Spielregeln zu bleiwüstig sind. Und bei FRANCIS DRAKE lege ich nun noch einen drauf: Auch hier finde ich die Symbolik mal wieder zu klein, unklar, nicht der Spielbarkeit förderlich. Gleichzeitig stört mich aber auch die protzig zur Schau getragene Überproduziertheit, gepaart mit fehlerbehaftetem Chinamaterial. FRANCIS DRAKE ist riesig, um möglichst riesig zu sein. Meinem Spiele-Schönheitsideal entspricht das nicht.

Wie geht FRANCIS DRAKE? Wir sammeln Mannschaft, Kanonen, Handelswaren und Rumfässer als Ausrüstung für eine anschließende Kaperfahrt. Diesen Vorgang spielen wir drei Mal, und wer am Schluss die meisten Punkte hat, gewinnt.
Die Ausstattung gewinnen wir wie in EGIZIA: Wir durchlaufen einen Arbeiter-Einsetz-Parcours (Hafen von Plymouth), auf dem wir nur vorwärts, aber niemals zurückziehen dürfen. Manche Felder schenken nur dem Erstankömmling etwas, auf anderen Feldern ist die Belohnung gestaffelt, beispielsweise bekommen die ersten beiden Spieler zwei Kanonen, der dritte immerhin noch eine.
Nach der Plymouth-Phase platzieren die Spieler verdeckt ihre Setzscheiben (mit Zahlen zwischen 1 und 4) an verschiedenen Zielorten. Je nach Reichweite der eigenen Flotte (=Anzahl der Rumfässer) steht einem die gesamte Karibiklandkarte oder nur ein Teilbereich offen. Anschließend werden erst alle 1er-Scheiben, dann die 2er usw. ausgewertet. Wer Plymouth früher verlassen hat, besitzt bei Gleichstand Vorrecht. Aus zwei Gründen ist das wichtig: Erstens darf jeder Ort nur von maximal zwei Spielern überfallen werden, und wurden mehr als zwei Scheiben eingesetzt, fallen welche raus. Zweitens erhält, wer zuerst kommt, zusätzlich zur normalen Belohnung einen Bonus.
Vier verschiedene Ziele locken den Eroberer: A) Handelshäfen. Hier gibt man eine Handelsware ab und erhält einen Rohstoff. Viele verschiedene Rohstoffe zu besitzen, bringt bei Spielende eine fette Punkteprämie. B, C, D) Städte, Forts, spanische Galeonen. Sie zu überfallen kostet Matrosen, Kanonen oder beides. Erfolgreiche Überfälle bringen Punkte. Viele Zusatzpunkte gewinnt, wer auf derselben Fahrt sowohl Stadt als auch Fort als auch Schiff besiegt. Bei Forts und Galeonen herrscht Planungsunsicherheit. Ein zunächst verdeckt liegender Marker bestimmt, ob sich die Eroberungskosten um eventuell bis zu zwei Matrosen bzw. Kanonen erhöhen.

Was passiert? FRANCIS DRAKE erweist sich jenseits des Piratenthemas als Optimierungsspiel. In der Plymouth-Phase sind viele spannende Entscheidungen zu treffen, ähnlich denen, die wir aus EGIZIA kennen: Was brauche ich unbedingt, worauf zielen die anderen ab? Presche ich gezielt nach vorn und lasse Felder aus oder lese ich geduldig die verschmähten Reste auf?
In der Platzierungs-Phase definiert das so erworbene Material den Rahmen der Möglichkeiten. Wenn ich nicht gerade auf Handel setze, möchte ich möglichst Stadt und Fort und Galeone überfallen, also muss ich meine Matrosen und Kanonen so portionieren, dass es aufgeht. Für die verdeckt liegenden Marker kann man sicherheitshalber stets zwei Soldaten bzw. Kanonen einplanen. Die Gefahr ist allerdings, dass man hinterher Material übrig hat. Man kann sich alternativ auch an demjenigen Spieler orientieren, der die geheimen Marker platzieren durfte. Oder man pokert und setzt sich dem Risiko aus, bei einer Eroberung zu scheitern. Im Erfolgsfall hat man ein paar Punkte mehr herausgeholt. Im Misserfolgsfall aber bricht eine ganze Aktion weg und somit meist auch der Bonus für die drei verschiedenen Eroberungen. So etwas lässt sich kaum wieder aufzuholen, denn FRANCIS DRAKE ist sehr ausbalanciert. Ob man mehr auf Handel oder mehr auf Krieg setzt, ist ziemlich egal, Hauptsache, man baut keinen groben Schnitzer ein.
Nicht verbrauchtes Material muss am Ende des Durchgangs abgegeben werden. Für die zweite und dritte Kaperfahrt startet man wieder bei Null. Und das ist die große Schwäche von FRANCIS DRAKE. Man macht in der Partie drei Mal hintereinander dasselbe. Die Durchgänge werden nur addiert, es baut sich kein übergeordneter Spannungsbogen auf. Man sammelt Material, tüftelt daraufhin seine Scheibenverteilung aus und hofft, an einigen Orten früher an die Reihe zu kommen als die Konkurrenz.

Was taugt es? Der stärkste Mechanismus ist nur aus EGIZIA übernommen, und dort war er obendrein raffinierter, denn im Gegensatz zu FRANCIS DRAKE wird EGIZIA im Laufe der Durchgänge zunehmend spannend. Das Piratenthema basiert auf historischen Fakten, wird im Spiel aber genauso abstrahiert wie in anderen Eurogames auch. FRANCIS DRAKE ist handwerklich in Ordnung. Einen eigenen Charakter aber offenbart es nicht.

FRANCIS DRAKE von Peter Hawes für drei bis fünf Spieler, Kayal Games.

Montag, 5. Mai 2014

Spielejahrgang 2013/14:
Was meine Mitspieler gerne spielen (1)

Seit einigen Jahren büßen meine Mitspieler dreifach:
1) Sie müssen dauernd neue Spiele spielen.
2) Mit mir.
3) Hinterher verlange ich auch noch Rückmeldungen, mindestens in Form von Noten.
Mit diesen Noten bastele ich nicht nur zauberhafte Statistiken mit riesigen Tabellen; obendrein verwende ich das Material in unregelmäßigen Abständen, um ohne großen Aufwand einen hübschen Blog-Eintrag daraus zu stricken.
So wie jetzt. Es folgt eine Liste der von meinen Mitspielern bestbewerteten Spiele des aktuellen Jahrgangs (Stand: 30.04.2014). Sortiert ist die Liste nach Durchschnittsnoten. Der höchste Durchschnitt beträgt 7,9: wie man sieht, für CAVERNA. Der niedrigste Durchschnitt liegt bei 2,2 (für welches Spiel, verrate ich nicht, weil dieser Schnitt auf lediglich fünf Wertungen beruht). In die Liste aufgenommen habe ich nur Spiele, die mindestens 15 Mal bewerten wurden. Die meisten Spiele wurden häufiger benotet. Spitzenreiter ist CONCEPT mit derzeit 76 Bewertungen.

1. CAVERNA
****** außerordentlich (Rezension spielbox 3/2014)

2. CONCORDIA
***** reizvoll

3. BLOOD BOUND
**** solide


4. ABLUXXEN
***** reizvoll

5. RUSSIAN RAILROADS
****** außerordentlich

6. ISTANBUL
***** reizvoll

7. SKULL KING
****** außerordentlich (Rezension spielbox 4/2014)

8. NATIONS
****** außerordentlich


9. LEG LOS
**** solide (Rezension: spielbox 5/2014)

10. ROKOKO
***** reizvoll (Rezension: spielbox 7/2013)






Was fällt auf?
Erstens fällt auf, dass gleich bei sieben Spielen [Stand: 5. Mai 2014] die lahme Floskel steht: „Rezension folgt“. Offenbar ist der Rezensent nicht mehr ganz auf der Höhe der Ereignisse... oder drücken wir es mal höflich aus: Das arme Kerlchen ist vollkommen überarbeitet.
Zweitens enthält die Liste überwiegend Kenner- und Expertenspiele. Das liegt natürlich auch daran, dass in meinen Runden Kenner und Experten sitzen. Und während die Normalos bei solchen Spielen üblicherweise nicht mitspielen (bzw. diese Spiele nicht vorgesetzt bekommen), spielen die Kenner und Experten umgekehrt durchaus bei Spielen für Normalos mit und bewerten diese vielleicht nicht immer ganz so euphorisch wie die komplexeren Sachen. Üblicherweise gleicht sich dieser Effekt dadurch einigermaßen aus, dass in meinen Runden die Normalos zahlenmäßig weit überwiegen. In diesem Jahr scheint es jedoch so zu sein, dass auch die Normalos mit den Normalo-Spielen nicht ganz so glücklich sind. Der aktuelle Jahrgang ist vor allem für Vielspieler ein toller Jahrgang.

In acht Tagen veröffentliche ich noch eine anders sortierte Liste, die fast identisch ist, aber eben nicht ganz identisch. Ich könnte sie direkt hier anhängen, aber die Aussicht auf einen zweiten Blog-Eintrag ohne viel Aufwand ist einfach zu verlockend.

Donnerstag, 1. Mai 2014

Packet Row

Das Schwerste sind Einleitungen.

Wie geht PACKET ROW? Wir wollen Geld machen und mit dem Geld Siegpunkte kaufen. Geld verdienen wir durch Transportverträge. Wer zum Beispiel den Vertrag „Bringe drei Einheiten Baumwolle nach England“ besitzt, benötigt erstens ein Schiff mit englischer Flagge, zweitens Warenkarten mit insgesamt drei Baumwolle. Oder notfalls auch mit Gold, denn Gold ersetzt jede andere Ware. Oder notfalls mit Fell / Getreide / Tabak plus einen Händler. Denn ein Händler definiert Warenkarten um. Während wiederum ein Kapitän das Reiseziel eines Handelsschiffes verändert. Inklusive Kapitän wäre also auch ein schwarz-rot-gold beflaggter Segler in Ordnung.
Wer Geld hat, kann schon mal anfangen, nach und nach Siegpunktkarten zu kaufen. Für durchschnittlich je drei bis vier Geld erhält man einen bis vier Punkte, wohingegen die Barschaft bei Spielende nur im Verhältnis 10:1 umgewandelt wird. Viel Restgeld muss aber nicht die Niederlage besiegeln – falls man eine oder besser mehrere der fünf Karten „Bankier“ erworben hat. Sie zählen Bonuspunkte, sofern ihr Besitzer auf dem größten Geldbestand hockt.
Der besondere Clou von PACKET ROW ist der Mechanismus, wie die Spieler Karten erwerben. Auf vier Tableaus liegt – thematisch sortiert – das Angebot. Pro Durchgang erhält jeder Spieler maximal eine Karte, und der reihum wechselnde Startspieler bestimmt dasjenige Tableau, von dem zuerst genommen werden darf. Zuerst bedient sich sein linker Nachbar, anschließend reihum die anderen. Der Startspieler kommt also zuletzt an die Reihe. Nimmt er keine Karte, bestimmt er ein zweites Tableau. Alle Spieler, die noch nicht zugeschlagen haben, dürfen sich bedienen. Der Startspieler wieder zuletzt. Und so weiter. Die Prozedur endet, wenn der Startspieler eine Karte nimmt oder alle vier Tableaus abgehandelt wurden.

Was passiert? An die eigene Wunschkarte zu gelangen, ist für den Startspieler ein subtiles Unterfangen. Er muss der Konkurrenz andere leckere Dinge zum Fraß vorwerfen und sie so zum Aussteigen bewegen. Oder er macht kurzen Prozess und beendet den Durchgang, indem er schnell irgendetwas Mittelmäßiges einsackt. Dieser Prozess ist spannend und psychologisch. Jeder belauert jeden und versucht dessen Pläne zu erraten. Lediglich kurz vor Schluss kommt es zu berechenbaren Situationen; jetzt spielt die Kartenauslage die Spieler.
PACKET ROW erfordert Geduld. Selten sind Aufträge schnell erfüllt. Beispielsweise will einfach nicht das benötigte Schiff auftauchen und auch kein Kapitän. Aus der Not heraus nimmt man einen zweiten Auftrag, aber hier fehlt die Ware, man kauft Gold, aber es reicht immer noch nicht, dann kommt endlich das ersehnte Schiff, doch der rechte Nachbar schnappt es weg, man disponiert erneut um und so weiter.
Im Kopf kalkuliert man diverse Varianten durch, aber wenig passiert sichtbar. Da die Wunschkarten oft nicht zur Verfügung stehen, sammelt man spekulativ oder arrangiert sich mit Kompromisskarten. Bis zum ersten Erfolgserlebnis vergehen mitunter viele Durchgänge. Es entsteht das Gefühl, einen hohen Aufwand bei geringem Ertrag zu betreiben. Und weil sich das in anderen Partien wiederholt, fehlt irgendwann die Neugierde, es noch einmal probieren zu wollen.

Was taugt es? Den originellen Kartenmechanismus von PACKET ROW schätze ich sehr. Doch anscheinend harmonieren der im Spiel enthaltene Kartensatz und der Mechanismus nicht optimal. Jedenfalls entsteht kein gutes Gefühl, und ich erlebe den Spielfortschritt und damit auch den Spielspaß in PACKET ROW als gebremst.

PACKET ROW von Ase und Henrik Berg für zwei bis fünf Spieler, Pegasus Spiele.