Mittwoch, 21. Oktober 2009

Nach Feierabend: Les Suprêmes Dindes

„Auszieh´n! Auszieh´n!“ – Ist das eigentlich überall so oder gehe ich in die falschen Konzerte?
Man kann fast drauf wetten: In dem Moment, wo der Lärmpegel von der Bühne ein klein wenig abebbt, weil vielleicht der Gitarrist zwischen zwei Stücken schnell eine neue Saite aufziehen muss oder der Sänger einen Schluck Wasser trinkt, nutzt das durch Alkohol enthemmte Publikum die Gunst des Augenblicks, um mit der Band zu kommunizieren und eine wichtige Botschaft zu loszuwerden: Ausziehen!

Ich kann mich an nur zwei Abende erinnern, an denen dieses Schema auf interessante Weise durchbrochen wurde. Bei einem Konzert von Smoke Blow wartete der Sänger den obligatorischen Schlachtruf gar nicht erst ab, zog sich schon während der ersten Konzertminuten bis auf die Schuhe aus und spielte mit dem Mikrofonkabel an seinem Penis herum. Aus dem peinlich berührten Publikum erhob sich ein zartes Stimmchen: „Anzieh´n! Anzieh´n!“
Und dann waren da noch Les Suprême Dindes, die auf ihrer kleinen Abschiedstournee wesentlich mehr Zuschauer verdient gehabt hätten, aber trotzdem ungerührt so abrockten, als ginge es darum, sich ein Millionenpublikum zu erspielen. Und schon bevor irgendjemand lospöbelte, hatten die zwei Damen und zwei Herren ihre Oberbekleidung abgelegt, und forderten in einem charmanten Kauderwelsch aus Englisch, Französisch und Deutsch das Partyvolk auf, es ihnen gleich zu tun. Aber wir alle nix verstehen. German Publikum très chüüüchtääärn.

Einen Originalitätspreis gewinnen die Franzosen mit ihren Kompositionen vermutlich nicht. Aber wozu auch? Entweder man ist innovativ oder man rockt. Und Les Suprêmes Dindes rocken. Im Anschluss an das Konzert habe ich mir zur Erinnerung die (drei Jahre alte) CD gekauft. Natürlich hätte ich hier lieber eine total aktuelle CD präsentiert, aber eine aktuellere wird es nicht mehr geben, und ich wäre sehr stolz, wenn mein letztes Lebenszeichen dereinst ähnlich frisch und unverbraucht klingt.
In der Besetzung mit zwei Gitarren und weiblichem Sprechgesang, vorangetrieben von einem Bass- und Schlagzeugteppich, geht es mit reichlich Druck nach vorn. Sehr geschickt nimmt man auch immer mal wieder den Fuß vom Gaspedal, um danach wieder gezielt einen neuen Reiz zu setzen. Viele Bands, die ich live als sehr wuchtig erlebte, entpuppten sich auf ihrem Tonträger als enttäuschend weichgespült. Les Suprêmes Dindes nicht.

http://www.myspace.com/lessupremesdindes


Sonntag, 18. Oktober 2009

Ghost Stories

Dieses kooperative Spiel hat viele Fans. Völlig überraschend gehöre ich jedoch nicht dazu. Und das nicht wegen der unübersichtlichen Spielregel. Und auch nicht weil man so häufig verliert. Und ebenfalls nicht, weil ich Udo Bartsch heiße und aufgrund eines Paktes mit dem Teufel pro Monat eine bestimmte Quote Negativurteile absondern muss.

Wie geht GHOST STORIES? Der Spielplan zeigt ein Dorf mit drei mal drei Feldern. Von links, rechts, oben und unten schleichen Geister mit unerfreulichen Absichten heran. Jede Runde wird eine Geisterkarte vom Stapel gezogen und entsprechend ihrer Farbe an einer der Spielplanseiten angelegt. Die Spieler bewegen sich innerhalb des Dorfes, nutzen die Hilfe verschiedener Bewohner oder bekämpfen von einem der Randfelder aus das dort herannahende Spukwesen.
Hierzu wird gewürfelt. Abhängig von der Widerstandskraft des Geistes muss man mit drei Würfeln eine bestimmte Menge Farbpunkte erzielen, zum Beispiel zwei Mal Rot. Für fehlende Würfelpunkte darf man ersatzhalber auch rote Marker abgeben.
Ziemlich weit unten im Geisterstapel befindet sich der Oberbösewicht. Ihn müssen die Spieler eliminieren, um zu gewinnen. Das geht aber logischerweise nur, wenn nicht schon vorher alle selber tot sind. Und die Geister dürfen auch noch nicht so weit vorgedrungen sein, dass sie drei Dorffelder besetzt halten.

Was passiert? Jede Runde kommt ein neuer Geist, aber nicht zwangsläufig jede Runde vertreibt man einen. Einige Geister drohen Dorffelder zu besetzen, andere bewirken einen negativen Dauereffekt, beispielsweise dürfen während ihrer Anwesenheit keine Farbmarker mehr gespielt werden. Die Schlinge zieht sich immer enger um die Spielerhälse, Lebenspunkte gehen verloren, Ressourcen schwinden. Das ist spannend. Oft wird heiß diskutiert, wer in seinem Zug jetzt am besten welchen Geist angreift und wohin der nächste Spieler dann in seinem Zug gehen sollte.

Was taugt es? GHOST STORIES sieht supertoll aus. Sogar beeindruckend supertoll. Und das allein ist schon ein Grund, das Spiel ins Herz zu schließen. Herausfordernd ist GHOST STORIES auch, denn ohne sinnvoll koordiniertes Vorgehen lernen die Spieler den Oberbösewicht nicht einmal kennen.
Einen merklichen Wiederspielreiz erlebe ich dennoch nicht, denn GHOST STORIES ist eindimensionaler angelegt als andere aktuelle Koop-Spiele: Geist aufdecken, hinrennen, kämpfen. Es gibt keine Teilziele, keinen Zwiespalt zwischen lang- und kurzfristigen Aufgaben und letztlich auch keine Story. Alles Tun ist nur auf reine Optimierung ausgerichtet, um möglichst lange durchzuhalten und viele Ressourcen für den Endgegner aufzusparen.

GHOST STORIES von Antoine Bauza für einen bis vier Spieler, Repos Production.

Dienstag, 13. Oktober 2009

Essen ruiniert mich

Bekanntlich steht REZENSIONEN FÜR MILLIONEN Geldzuwendungen äußerst aufgeschlossen gegenüber. Der schöne Brief, der mich heute erreichte, hat mich deshalb sehr gefreut. Doch ärgerlicherweise kann ich den im Schreiben genannten Übergabetermin nicht wahrnehmen. Jetzt suche ich einen Dummen einen netten Mitmenschen, der für mich einspringt.
Als Belohnung biete ich ein Guthaben von 13,8 Gummipunkten auf dem exklusiven REZENSIONEN FÜR MILLIONEN-Kundenkonto sowie einen Originalband des Meyer Taschenlexikons.

Hier das seriöse Schreiben im Originalwortlaut (lediglich um allerschlimmste Rechtschreibungs-, Zeichensetzungs- und Grammatikfehler bereinigt):


Sehr geehrter Herr Bartsch,
wir sind seit einiger Zeit dabei, alle Geschädigten anzuschreiben, die Gewinnmitteilungen u.a. von der Firma Phillips Lotto Service bekommen und den versprochenen Gewinn nicht erhalten haben. Wie Sie sich bestimmt noch erinnern [seltsamerweise nein], wurde Ihnen die Gewinnsumme aus uns unbekannten Gründen nicht ausgezahlt. [Schweinerei! Ich will mein Geld!]

Wir konnten bei der Abwicklung dieser Firmen für Sie eine angemessene Summe realisieren. Diese Summe wurde Ihrem Kundenkonto gutgeschrieben. Die genauen Beträge, nebst Zinsen und abzüglich unserer Gebühren und Auslagen, setzen sich wie folgt zusammen:

Gewinnsumme Travelkonto 07.35041448 EUR + 1.000,00
zzgl. Zinsen seit dem 01.05.2009 EUR + 20,32
./. Geschäftsgebühr EUR – 53,60
./. Post- und Telekommunikation EUR – 20,00
Ihr Restguthaben EUR + 946,72

Wir haben für Ihr Recht gekämpft und können Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass Ihnen dieser Betrag im vollen Umfang zusteht. [Aber hallo!] Da dieses Konto von uns aus Datenschutzgründen nur eine gewisse Zeit weitergeführt werden darf und wir dieses Konto auflösen müssen, geben wir Ihnen hiermit letztmalig die Gelegenheit, den Betrag am 22.10.2009 in unserer Filiale im Großraum von Hannover persönlich abzuholen. Geeignete Verkehrsmittel für die Hin- und Rückfahrt stellen wir kostenlos zur Verfügung. Eine Zustellung per Post ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich, da Sie sich ausweisen müssen.

Sollten Sie an dem genannten Termin nicht erscheinen, waren die ganzen Bemühungen und Recherchen umsonst [oooch!], da wir für Sie, Ihre Begleitung und alle anderen Gewinner aus Ihrem Ort als Entschädigung extra ein wunderschönes Rahmenprogramm mit einem kostenlosen Mittagsmenü organisiert haben. Auch ein Getränk Ihrer Wahl steht für Sie bereit. Darum bietet es sich natürlich an, den Betrag persönlich vor Ort zu übergeben, und Sie können sich auch selbst davon überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

Außerdem konnten wir noch eine Zusatzprämie aus den Lagerbestandsauflösungen der betroffenen Firmen für Sie arrangieren. Herr Bartsch, unser Kunde, enthält am 22.10.2009 kostenlos einen nagelneuen Express-Kaffee-Automaten.

Wir gehen davon aus, dass Sie nicht auf Ihren Gewinnbetrag verzichten wollen, und erwarten Ihre Antwort bis zum 16.10.2009. Danach ist die Frist verstrichen und eine Auszahlung nicht mehr möglich. Sie erhalten eine schriftliche Terminbestätigung.

Samstag, 10. Oktober 2009

Bring mich nicht mit (8): What´s missing?

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

WHAT´S MISSING? bildet den perfekten Abschluss dieser nachsommerlichen Bring-mich-nicht-mit-Serie, denn es packt all unser Nichtverstehen, unsere tiefe Verstörung und die entsetzlichen Zweifel an der Richtigkeit des eigenen Hobbys in eine einzige prägnante Frage: Was in aller Welt fehlt hier bloß? Was fehlt? WAS? Und es sei hiermit verraten: Es ist der Spielspaß, verdammich!

Auch bei WHAT´S MISSING fehlt er ganz dringend, und hier verstärken sogar noch ungeeignete Materialien den Negativeindruck. 7,4 mal 7,4 Zentimeter messen die Motive auf den Bildkarten. Das klingt eigentlich gar nicht so winzig, und wäre es ein Spiel, bei dem man sich die Karten in Ruhe beliebig vor die Augen halten kann, käme man wohl klar. Man ahnt jedoch: Solch ein Spiel ist es nicht.

Die Spielidee kennt man aus guten Fernsehzeitschriften: Finden Sie die Unterschiede zwischen Bild A und B. Bild A liegt in der Tischmitte. Sein persönliches Bild B hat jeder auf der Hand. Außer in der ersten Runde geht es immer nur um einen einzigen Unterschied. Wer ihn zuerst findet (bei jedem Spieler wird es zwangsläufig ein anderer sein), schreit: „Stop!“ oder „Halt!“ oder „Spielspaß!“ und legt seine Bildkarte in die Mitte. Sie bildet nun die nächste Suchvorlage. Wer zuerst seine Karten los ist, gewinnt. Und wenn die anderen nicht gestorben sind, dürfen sie sogar noch die weiteren Platzierungen ausspielen.

Darüber, ob es Spaß macht, nach Unterschieden in immer denselben zwei Bildern zu suchen, lässt sich eventuell noch verschiedener Meinung sein. Und immerhin ist das Spiel nicht zu 100 Prozent monoton, sondern besitzt eine kleine Langzeit-Dynamik: Wenn man die Bilder kennt, muss man sie nicht mehr wie anfangs noch komplett absuchen, sondern weiß inzwischen, wo überhaupt Unterschiede versteckt sein können, und checkt einfach diese Stellen ab.

Meine Toleranzgrenze ist allerdings schon vorher überschritten, nämlich wenn da irgendwo auf dem Tisch ein ziemlich kleines Bildchen herumliegt, womöglich noch in verkehrter Ausrichtung, und um ein Detail auf diesem Bild soll ich jetzt mit anderen in einen Wettbewerb treten... Das ist ähnlich motivierend, als sollte man neben einem Ventilator um die Wette Kartenhäuschen bauen.

WHAT´S MISSING? von Christophe Boelinger für zwei bis sechs Spieler, Ludically / Asmodee.

Was war: Bring mich nicht mit (7): 7
Was kommt: Bring mich nicht mit (9): Cardcassonne

Mittwoch, 7. Oktober 2009

Bring mich nicht mit (7): 7

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

7 beruht auf einer interessanten Idee: Alle Karten haben ein kreisrundes Loch. Legt man eine Karte mit dem Kopf nach unten auf eine andere Karte, kann man durch das Loch weiterhin den Zahlenwert der abgedeckten Karte erkennen.

Was lässt sich mit diesem Material erfinden? Vielleicht ein Spiel, bei dem man Karten an Wäscheleinen auffädelt? Oder an die Finger steckt? Tannenzweige damit dekoriert? Nein. Nein. Nein. Es lässt sich natürlich ein Spiel erfinden, bei dem die Karten übereinander gelegt werden und die zwei sichtbaren Zahlenwerte eine Summe bilden.

Der Rest der Idee geht so: Wer dran ist, muss eine Karte ablegen. Die Summe darf dabei weder niedriger werden, noch den Wert sieben überschreiten. Wenn das nicht klappt, gibt´s eine Strafkarte. Wer als Summe genau sieben bildet, erhält einen Doppelzug und beginnt einen neuen Ablagestapel. Und wer seine Karten los ist, gewinnt. Aber nur diese eine Runde.
Also bitte nicht zu früh freuen, sondern erst mal entspannt ein wenig zuschauen, denn es werden sämtliche Plätze vom ersten bis zum letzten ausgespielt. Und das Ganze nun sieben Runden lang.

Kürzer geht es nicht, denn das Spiel heißt ja 7. Weshalb es natürlich auch für bis zu sieben Spieler geeignet ist und laut Packungsangabe „manchmal nur sieben Minuten“ dauert. Was ja nun erstens absolut großartiger Humor und zweitens kaum zu schaffen ist, außer wenn einer schon nach der ersten Runde schreit: „Aufhören! Genug! Ich gestehe alles!“

7 von Klaudia Bollwerk für zwei bis sieben Spieler, Nürnberger Kartenspiele.

Was war: Bring mich nicht mit (6): Saugut
Was kommt: Bring mich nicht mit (8): What´s missing?

Sonntag, 4. Oktober 2009

Bring mich nicht mit (6): Saugut

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

SAUGUT, das wird jetzt manchen überraschen, erweist sich als doch gar nicht so gut, wie der Titel verspricht. „Ein Spiel zum Brüllen“ (Untertitel) trifft die Sache schon besser.
SAUGUT enthält Karten mit Tierbildern, von jedem Tier zwei Stück. Die Zeichnungen sind sympathisch, was mir die dankenswerte Gelegenheit gibt, hier auch ein Lob unterzubringen.

Faszinierenderweise soll sich SAUGUT saugut für bis zu 42 Spieler eignen. Oder beinahe saugut. Denn nur bis zu zehn können das normale Spiel spielen; bei noch größeren Teilnehmerzahlen greift die Variante „Dunkel wie die Nacht“. Und die muss ich unbedingt erklären: Es sind so viele Karten wie Mitspieler im Spiel, natürlich nur komplette Paare. Jeder erhält eine Tierkarte und schaut sie sich an. „Nun wird das Licht ausgemacht und jeder Spieler versucht, durch Geräusche und Bewegungen seinen Partner zu finden.“

Leider sind meine Spielerunden personell nicht ganz so üppig bestückt, weshalb ich zu meinem großen Bedauern nur das Standardspiel spielen konnte. Hier werden alle Karten aufgeteilt und vier Jägerkarten sind auch noch dabei. Simultan legt jeder eine Karte vor sich ab und macht das entsprechende Tiergeräusch. Höre ich von gegenüber „Quack, quack“ und besitze die Ente, dann suche ich sie schnell aus meinem Blatt und mache ebenfalls „Quack, quack“. Wenn beide Spieler meinen, dass sie zusammengehören, dürfen sie klopfen, die Karten werden aufgedeckt und – falls es tatsächlich dieselben sind – als Punkt gewertet.
Allerdings kann mich mein Mitspieler auch hereinlegen. Wer den Jäger spielt, darf jedes Geräusch machen. Decke ich mein Entchen auf, ist es futsch und der Jäger aus dem Spiel. Diesen grandiosen Effekt erleben wir also vier Mal.

SAUGUT besitzt eine riesige Zielgruppe. Es eignet sich für Kinder, die Tiergeräusche erlernen sollen, für Jäger, um Lockrufe einzustudieren, oder für verklemmte Partybesucher, die einen Vorwand benötigen, um im Dunkeln auf Tuchfühlung zu gehen. Zur Verwendung in einer Spielerunde hätte meines Erachtens allerdings noch eine Spielidee in die Schachtel gehört.

SAUGUT von Jean-Marc Pauty für drei bis 42 Spieler, Interlude.

  • Was war: Bring mich nicht mit (5): Topas
  • Was kommt: Bring mich nicht mit (7): 7

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Bring mich nicht mit (5): Topas

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

Mit TOPAS hat Reiner Knizia jetzt auch noch EINFACH GENIAL erfunden. Das hatte er zwar schon mal, aber bislang eben nicht mit Karten.
Die Karten sind Dominos und zeigen auf jeder Hälfte einen bis drei Edelsteine einer Farbe. Wer am Zug ist, legt eine seiner drei Handkarten so in die Auslage, dass gleiche Edelsteine sich berühren. Das zählt Punkte entsprechend der abgebildeten Klunker. Optimal ist es, die Karte so einzufügen, dass beide Farbhälften punkten.

Und an dieser Stelle mal eine schäbige Suggestivfrage: Was war eigentlich noch mal der besondere Reiz an EINFACH GENIAL? Das Anpassen der Teile?

Antwort: Nein.
Das Plättchen-Hantieren ist nur Mittel zum Zweck. Der besondere Reiz ist hingegen die Wertung, die dazu zwingt, alle Farben gleichmäßig zu sammeln. So gibt es außer der Frage „Findet man das Punktemaximum oder findet man es nicht?“ auch noch Entscheidungen zu treffen: Welche Farbe geht unter? Wo muss ich mich einklinken, bevor es zu spät ist? Und welche Farbe will ich untergehen lassen...?

Daran anknüpfend und zum Abschluss noch eine zweite schäbige Frage: Was ist EINFACH GENIAL, wenn man den besonderen Reiz subtrahiert?

Antwort: TOPAS.

TOPAS von Reiner Knizia für einen bis vier Spieler, Amigo.

  • Was war: Bring mich nicht mit (4): Hochstapler
  • Was kommt: Bring mich nicht mit (6): Saugut

Mittwoch, 30. September 2009

Gern gespielt im September 2009

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

RA - THE DICE GAME: (Werbung) Man munkelt, für die Rezension in Heft 6 / 2009 konnte die Spielbox einen wahren Ägypten-Experten gewinnen. HurRA!



DIE TORE DER WELT: Als ich erst erst Rot und später Blau nehmen musste, war die Welt noch in Ordnung. Mit meiner Stammfarbe Gelb jedoch bin ich irgendwie verkrampft.



UBONGO 3D: Ohne vorab meine Genehmigung zu erbitten, bildet Kosmos im Regelanhang einfach alle Lösungen ab! Meine schöne Geschäftsidee eines UBONGO-Sorgentelefons sehe ich damit als weitgehend ruiniert an. Muss ich jetzt etwa weiter Rezensionen schreiben...?!

IM WANDEL DER ZEITEN: Inzwischen doch mit scharf.




DOMINION - DIE INTRIGE: Zugegeben: Für meine Blog-Leser ist es wahrscheinlich langweilig, wenn ich jeden Monat dasselbe gern spiele. Für mich allerdings gar nicht. Und das ist mir irgendwie wichtiger.


FINITO: Absacker sind eine Erfindung des Teufels, um am Ende eines gelungenen Spieleabends doch noch drei von vier Spielern deprimiert nach Hause schicken zu können.

Montag, 28. September 2009

Bring mich nicht mit (4): Hochstapler

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

Bei HOCHSTAPLER sind wir Hochstapler, und Reiner Knizia hat jetzt auch BLUFF erfunden. Allerdings mit Karten statt Würfeln. Und das geht dann so: Es gibt sieben Sorten Motive (Haus, Auto, Yacht usw.) mit Werten von null bis sieben. Jeder besitzt von jeder Sorte eine Karte, und man wettet darauf, wie viele Motive pro Sorte im Umlauf sind. Natürlich - denn es ist ja BLUFF - muss man sich dabei überbieten oder anzweifeln. Beispielsweise sage ich: „13 Häuser“ und mein Nachbar trumpft mit „15 Diamanten“ auf, der Nächste sagt „16 Diamanten“ und der Übernächste „Glaube ich nicht!“, und jetzt decken wir die Diamanten-Karten auf und vergleichen.
Anhaltspunkte für Gebote sind: das eigene Blatt, die Gebote der Mitspieler und die bislang ausgetauschten Karten. Jedes Mal, wenn man bietet, darf man nämlich eine beliebige Karte offen abwerfen und eine derselben Sorte nachziehen.
In Summe sind das trotzdem sehr wenige Anhaltspunkte, und man bietet ins Blaue hinein. HOCHSTAPLER hat nichts, was BLUFF nicht auch hätte. Umgekehrt hat BLUFF aber einiges, was Hochstapler nicht hat: kalkulierbare Wahrscheinlichkeiten, Schadensabwägungen, Hochtreiben der Gebote durch Nachwürfeln und – Spielspaß!

HOCHSTAPLER von Reiner Knizia für drei bis sieben Spieler, Kosmos.

Freitag, 25. September 2009

Bring mich nicht mit (3): Würfel Express

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

WÜRFEL EXPRESS hat von Anfang an einen schweren Stand, was in meiner früh verblühten Jugend begründet liegt: Machte es mir in jungen Jahren nichts aus, nach einer Fete mit sieben Betrunkenen auf dem Fußboden zu nächtigen, bestehe ich heute auf einem rückengerechten Bett. Und hatte ich in der Zeit der Garagen-Kleinverlage noch Geduld bei der Handhabung von Mini-Countern, bin ich, was das angeht, inzwischen richtig spießig!

Der Spielstand bei WÜRFEL EXPRESS wird markiert, indem die Spieler kleine, flache Pappteile neben einer Skala verschieben. Und das wackelt, das verrutscht, das nervt. Ein Spielplan als spießergerechte Unterlage wäre besser gewesen. Doch genau hier steckt das Dilemma: Im Budget eines Mitbringspieles ist ein Spielplan natürlich nicht drin. Und um WÜRFEL EXPRESS eine größere Schachtel zu gönnen, ist das Spiel wiederum nicht gut genug. (Streng genommen gilt dies auch schon für die kleine Schachtel, aber kleinen Schachteln verzeiht man eher...)

WÜRFEL EXPRESS ist ein Farbwürfel-Spiel. Mit sieben Würfeln will man viele gleiche Farben erzielen. Habe ich beispielsweise vier Mal Rot gewürfelt, erhalte ich ein vier Felder langes rotes Segment, lege es vor meine übrige Pappschlange und habe damit vier Schritte gut gemacht. Allerdings muss das gewünschte Teil in der Bank vorhanden sein. Falls nicht, könnte ich es unter bestimmten Umständen bei anderen Spielern klauen. Aber ich darf nicht bereits was anderes Rotes besitzen, weshalb es eine Regel gibt, wie man hinten aus der eigenen Schlange wieder etwas entfernt... An Wenns und Danns herrscht kein Mangel, das Spielerische tritt dahinter zurück.

WÜRFEL EXPRESS funktioniert und die Regeln ergeben schon durchaus Sinn. Rein handwerklich gesehen ist alles okay, doch geht es eben über das Handwerkliche auch nicht hinaus. Emotionen habe ich bei diesem Spiel lediglich auf dem Cover gesehen.

WÜRFEL EXPRESS von Steffen Benndorf für zwei bis sechs Spieler, Ravensburger.

Dienstag, 22. September 2009

Bring mich nicht mit (2): Goldrausch

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

Mit GOLDRAUSCH erreicht diese Serie bereits ihren ersten Tiefpunkt. „(K)ein leichtes Spiel für Goldsucher“ lautet der perfekt gewählte Untertitel und bringt das Dilemma auf den Punkt: Bestimmt ist GOLDRAUSCH eigentlich ganz einfach. Doch die beiliegenden Regeln werfen ziemliche Fragen auf, nämlich: Soll das so sein? Muss man vorher Whisky trinken, um das adäquat spielen zu können? Kneift mich mal jemand?
GOLDRAUSCH ist offenbar ein Merk-Spiel. Man deckt Flusskarten auf und findet entweder nur Wasser oder Nuggets oder Goldzähne (!). Nuggets und Zähne darf man behalten, sofern man die richtigen von acht verdeckten Ausrüstungs-Karten aufdeckt. Da vier dieser acht Karten auch noch identisch sind, muss man sich eigentlich nur die anderen vier Symbole merken, und schon kennt man die gesamte Auslage.
Nach meinem Empfinden sind vier bis acht Karten – zumindest ohne Whiskykonsum - im Laufe eines Spiels keine nennenswerte Hürde, deshalb wundert es mich nicht weiter, dass die Spielregel hin und wieder einen Kartentausch initiiert. Seltsamerweise soll dieser Tausch jedoch nur dann stattfinden, wenn eine falsche Karte aufgedeckt wurde. Ab da, wo allen alle acht Kartenpositionen bekannt sind, tut sich nichts mehr. Und das ist... ähm, gewöhnungsbedürftig.
Die Frage, ob das tatsächlich so gewollt ist, spielt aber glücklicherweise keine gewichtige Rolle. Denn ob nach dem Regelwortlaut gespielt oder mit selbst erdachten Erschwernissen: Der Grad der Langeweile unterscheidet sich nicht signifikant.
Unwillkürlich schweift man gedanklich ab und sinniert über das exorbitante Goldzahn-Aufkommen im Fluss: Hm, wie rabiat mögen wohl empörte Kunden auftreten, die beim Spiele-Händler ihr Geld zurückverlangen...?

GOLDRAUSCH von Frank Stark für zwei bis vier Spieler, Nürnberger Kartenspiele.

Samstag, 19. September 2009

Bring mich nicht mit (1): Worm up!

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

WORM UP bildet für diese kleine Serie das perfekte Aufwürmtraining. Jeder Spieler besitzt einen Wurm aus sieben hölzernen Fragmenten und startet mit ihm zu einem Wettkriechen quer über die Tischplatte.
Die Würmer bewegen sich, indem man das hinterste Teil entfernt und vorne wieder anlegt. Ein Spielbrett gibt es nicht. So sind die kleinen Kameraden sehr frei bei ihrer Wegwahl, können beliebig abbiegen, Haken schlagen und den Kollegen den Weg versperren.
Und genau bis zu dieser Stelle – nämlich bis kurz vor dem Startschuss – wirkt das Würmerrennen noch nett. Knackpunkt aber ist die Frage, wer nun Segmente versetzen darf und wie viele. Randolph variiert hier sein HOL´S DER GEIER-Prinzip: Jeder bietet verdeckt eines von fünf Zahlen-Plättchen. Gleiche Gebote stechen sich aus. Alle anderen ziehen. Theoretisch. Doch wenn der erste Wurm auf die Idee kommt, sich quer zur Startlinie zu legen und alles abzusperren, zieht erst mal niemand. - Haha, Würmer mit Humor!
Aber versuchen wir es doch noch mal in eine etwas friedlicheren Runde, wo nicht mit ganz so harten Bandagen gekämpft wird: Na bitte, jetzt ist es ein Spiel. Allerdings ein Einweg-Spiel. Nachdem jeder seinen Wurm einmal über den Tisch gescheucht hat, sind Mensch und Tier erschöpft und an Wiederholungen nicht interessiert.

WORM UP! von Alex Randolph für drei bis fünf Spieler, Abacusspiele.

Freitag, 11. September 2009

Die Siedler von Catan - Deutschland Edition

„So lernt man die abgespeckten Bestandteile der Urausgabe richtig zu schätzen“, kommentierte Christwart Conrad in der Spielbox und bringt es damit exakt auf den Punkt. Und im Grunde gibt es jetzt gar nichts weiter zu sagen.
Aaaaaaber... bekanntermaßen sind wir hier im Internet, und da wird so manche Regel des guten Kommunikations-Anstands umgeschrieben. Im Internet lautet die Maßgabe: Es gibt auf jeden Fall noch was zu sagen!

Wie geht DIE SIEDLER VON CATAN – DEUTSCHLAND EDITION? Im Großen und Ganzen wie DIE SIEDLER, nur eben abgespeckt. Das heißt: 1. Es ist immer derselbe Spielplan, nämlich - na logo - Deutschland. Deutschland ist ein reiches Land, in dem alle Menschen glücklich sind. Deshalb gibt es von jedem Rohstoff viele Felder und die Zahlen sind hübsch ausgewogen. Die Partien verlaufen dadurch meist glatter als im Original. 2. Siedlungen werden nicht mehr zu Städten aufgerüstet. Es gibt also keine Felder mit doppeltem Ertrag, und dem Spielverlauf fehlt dieser reizvolle Wendepunkt, ab dem statt Holz und Lehm nun Erz und Getreide immer wichtiger werden. 3. Es ist genau festgelegt, wo Siedlungen gebaut werden dürfen und wo nicht. Straßen dürfen nicht über unbebaute Gründungs-Kreuzungen hinwegführen. Das taktisch-topologische Element wird dadurch stark reglementiert.

Was passiert? Trotzdem ist es eben immer noch SIEDLER. Würfeln, Handeln, Tauschen, Bauen. Das machte damals schon Spaß und das macht heute noch Spaß. Und immerhin ein Element kommt neu hinzu: die Wahrzeichen.
Wahrzeichen geben Erz und Getreide eine neue Daseinsberechtigung, werden genau wie Siedlungen an festen Standorten gebaut, zählen ebenfalls einen Siegpunkt, aber bringen keine Einkünfte über die Würfelzahlen, sondern nur eine einmalige Belohnung in Form von Entwicklungskarten, bestimmten Rohstoffen oder einer geschenkten Straße. Diese Dreingaben lassen sich in manchen Situationen taktisch nutzen.

Was taugt es? Alles ist gesagt. Aber wir sind ja im Internet, deshalb sage ich es noch einmal: Auch dieses SIEDLER ist SIEDLER. Würfeln, Handeln, Tauschen, Bauen. Das machte damals schon Spaß und das macht immer noch Spaß. Und jetzt haben wir eben auch noch eine Ausgabe speziell für Schwarz-Rot-Gold-Fans.
Wer mit dem Originalspiel aufwuchs, wird allerdings schnell bemerken, dass einiges fehlt. Kollege Christwart Conrad schrieb dazu übrigens in der Spielbox, so lerne man die abgespeckten Bestandteile wieder richtig zu schätzen. Und was soll ich sagen? Er hat Recht.

DIE SIEDLER VON CATAN – DEUTSCHLAND EDITION von Klaus Teuber für drei bis vier Spieler, Kosmos.


54 % der Leser dieser Rezension lasen auch: Thurn & Taxis - Alle Wege führen nach Rom
48 % lasen: Cartagena - DieGoldinsel
1 % lasen: Black Box +

Donnerstag, 3. September 2009

Comuni

Spielregeln...!
Könnte ich davon ausgehen, dass alle Blog-Leser die Spielregeln von COMUNI am eigenen Leibe erfahren haben, genügte als Einleitung bereits dieses eine Wort. Alle würden nun zumindest beifällig nicken, vielleicht noch resigniert „ja, ja...“ vor sich hinmurmeln oder gar zornig den Zeigefinger wedeln und mit Schaum vor dem Mund schlimme Schimpfwörter brüllen.
Leider kann ich nicht von diesem allgemeinen Erfahrungsschatz ausgehen, also muss ich den Zeigefinger-mit-Schaum-Job wohl selber machen. Bitte sehr: (fuchtel, fuchtel) Argh! Grmmpf! Hrrx!
Nicht nur, dass die Anleitung manche Fragen unbeantwortet lässt und der englische dem deutschen Regeltext widerspricht: Hinzu kommt, dass im Netz mehrere verschiedene Auslegungen kursieren; angeblich alle autorisiert. Was mich zu der Vermutung führt, dass offenbar jeder der vier Autoren nach anderen Regeln spielt. Argh! Grmmpf! Hrrx!

Wie geht COMUNI? Zu allererst ist COMUNI ein Kartensammelspiel. Karten gibt es in vier Sorten. Im Hinblick auf die Schlusswertung sollte man sie gleichmäßig sammeln, im Spielverlauf jedoch bringt es Vorteile, in einer Sorte mehr zu haben als die anderen. Während man eine Sammlung mit jeder beliebigen Farbkarte eröffnen kann, wird die Luft danach immer dünner. Die zweite Karte einer Sorte muss mindestens den Wert zwei besitzen, die dritte den Wert drei... und natürlich sind hohe Zahlen seltener.
Zweitens geht es bei COMUNI um Ressourcen. Wer eine Farbsammlung erweitert, aktiviert damit diese Farbe und kann einen späteren Spielzug dazu verwenden, um Pöppel in allen aktivierten Farben einzukassieren. Je größer die Kartensammlung, desto mehr Pöppel. Die Farben werden so allerdings wieder deaktiviert.
Die Pöppel bringen für das weitere Spiel Vergünstigungen. Gelbe dienen als Gebote auf ausliegende Kartenpakete, weiße erlauben, Karten trotz zu niedriger Zahlenwerte in die Sammlung zu spielen, schwarze helfen bei Invasionen.
Invasionen...? Si. Denn COMUNI hat drittens auch ganz viel mit Timing zu tun. Immer wenn einer der vier Kartenstapel aufgebraucht ist, kommen böse Menschen und wollen was kaputt machen. Wer zu diesem Zeitpunkt auf der Siegpunktleiste vorn liegt oder wer wenige Ressourcen besitzt, hat ein ausgeprägtes Problem.

Was passiert? Obwohl es so klingt, als passiere wahnsinnig viel, passiert genau das nicht. Gehässig gesagt, ist COMUNI eine material- und regelintensive Form, um binnen 90 Minuten rund zwanzig Karten zu erwerben und auszuspielen.
Die Entscheidungen sind trotz verzahnter Mechanismen meist sehr reduziert und gut auf den Punkt gebracht. Was aber Zeit frisst, ist Verwaltung: Klötzchen nehmen, Klötzchen abgeben, Kampfstärke ermitteln, Schadensmarker nehmen, Schadensmarker abbezahlen, Karten nehmen, Karten nachfüllen...

Was taugt es? Wahrscheinlich vertrete ich mal wieder eine Außenseitermeinung (deshalb heißt das Blog in weiser Voraussicht ja auch ganz bescheiden REZENSIONEN FÜR MILLIONEN und nicht etwa REZENSIONEN FÜR MILLIARDEN)... aber: Obwohl COMUNI gleich mehrere außergewöhnliche und interessante Mechanismen enthält, fühlen sich die Partien für mich niemals atmosphärisch dicht an. Die Elemente sind sauber aneinander montiert, kommen aber nicht in einen Fluss. Es gibt noch bessere Spiele in diesem Segment.

COMUNI von Autorengruppe Acchittocca für zwei bis fünf Spieler, Tenki Games.

54 % der Leser dieser Rezension lasen auch: Vineta
48 % lasen: Deukalion
1 % lasen: Finito

Montag, 31. August 2009

Gern gespielt im August 2009

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?


DOMINION - DIE INTRIGE: Ich erhöhe auf 10 Punkte. (Und hoffentlich habe ich mich damit nicht schon wieder disqualifiziert.)



DOMINION: Bis neulich war noch die Hexe mein absoluter Liebling. Zwecks intriganter Experimente mische ich inzwischen aber viel lieber den Thronsaal mit ein.



ZUG UM ZUG EUROPA: Lechts und rinks kann man leicht verwechseln. Lisboa und Cadiz auch...




FILTHY RICH: Wir spielen zu dritt mit einer Hausregel: Sieger ist, wer vier Luxuries besitzt. (Und Sieger der Herzen, wer den Clown eröffnet.)



AGRICOLA: Wegen der Moorbauern mache ich mir jetzt schon Sorgen. Meine Woche hat nämlich nur 168 Stunden, und das könnte ziemlich eng werden.



MEMOIR ´44: Ich weiß nicht, was andere Menschen sich unter Urlaub vorstellen. Meine Vorstellung ist: MEMOIR und Bier trinken.




Mittwoch, 26. August 2009

Strozzi

Knizia-Spiele erinnern häufig an... Knizia-Spiele. Und so wundert es wenig, dass einem bei STROZZI sofort MEDICI einfällt. Und es wundert noch viel weniger, wenn man sich vor Augen führt, dass die drei Titel MEDICI, MEDICI VS STROZZI und nun STROZZI offenbar eine Reihe bilden. Die Spielanleitung erwähnt sogar eine „Medici-Strozzi-Bardi-Serie“. Und weil uns die Bardi bislang noch gar nicht vorgestellt wurden, kommen da wohl noch ein paar weitere Knizia-Spiele, die an Knizia-Spiele erinnern.

Wie geht STROZZI? Genau wie MEDICI läuft STROZZI über drei Wertungsdurchgänge. In jedem ersteigert man bis zu drei Schiffe, und diese sollten a) viele Waren der gewünschten Sorte enthalten, b) einen hohen Punktwert aufweisen. Beides zahlt sich am Ende des Durchgangs in barer Münze aus.
Direkt nach dem Erwerb steuern die Schiffe einen der drei italienischen Häfen an. In Neapel interessiert nur Tuch, in Rom nur Wein, in Venedig nur Gold. Lande ich in Rom mit einem Schiff an, das zwei Wein, ein Gold und ein Tuch geladen hat, bringe ich nur den Wein in mein Kontor. Der Rest ist für die Fische.
Und ersteigere ich noch ein zweites Schiff mit Wein, ist dies eine ziemlich dumme Idee, denn pro Durchgang darf ich jede Stadt nur einmal anlaufen. Das zweite Wein-Schiff muss nach Venedig oder Neapel, und dort wohnen leider nur Abstinenzler.
Und noch mehr Schikane: Damit der Wert eines Schiffes nicht ganz so leicht zu ermitteln ist, haben manche noch Schriftrollen an Bord, die in jedem Hafen willkommen sind, während andere Schiffe wiederum auch Mäzen-Plättchen bringen, die bei der Schlusswertung ordentlich reinknallen.

Was passiert? Die Versteigerung selbst verläuft kurz und schmerzlos. Ein Schiff wird aufgedeckt. Einmal reihum die Frage: Kaufen oder nicht? Jeder besitzt drei Bietsteine. Einer davon ist der Supertrumpf. Setzt man den, hat man das Schiff. Setzt man einen anderen, kann nur ein fremder Supertrumpf überbieten.
Im Gegensatz zu MEDICI ist also nicht so sehr die Versteigerung das Spiel und erst recht nicht das Zusammenstellen eines Angebotes. STROZZI besteht aus Wertabwägung und Spekulation: Schiff gut? Schiff nicht gut...? Haben will? Nicht haben will...? Kommt noch was Besseres? - Ja? Nein? Pech gehabt.

Was taugt es? Bei STROZZI stellt sich weniger als bei manch anderem Versteigerungsspiel von Knizia das Gefühl ein, die Dinge in der Hand zu haben. STROZZI fühlt sich an wie MEDICI weichgespült. Alles funktioniert tadellos, und die Spieler haben auch durchaus Entscheidungen zu treffen. Allerdings sind die Abläufe die gesamte Partie über immer dieselben. Und die Komplexität beruht weniger auf irgendeiner Spieltiefe als auf der Kompliziertheit des Wertungsgeflechts.

STROZZI von Reiner Knizia für drei bis sechs Spieler, Rio Grande Games.


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Samstag, 22. August 2009

Gambit 7

Das Leben steckt voller Fragen: Wie viele Musiker spielten im Orchester der Titanic? Mit welcher Geschwindigkeit bewegt sich eine Nacktschnecke? Und wie alt, zum Teufel, ist denn wohl Papa Schlumpf?

Wie geht GAMBIT 7? Allen Fragen sind zwei Dinge gemeinsam. Erstens: Die Antwort sind stets Zahlen. Zweitens: Kaum jemand kennt sie. Und genau so soll es sein, denn bei GAMBIT 7 geht es weniger um Wissen oder Nichtwissen; weitaus entscheidender ist Zocken: Nachdem alle Spieler ihre Schätzung notiert haben, wird auf die Lösung gewettet. Punkte gibt es sowohl für die beste Antwort als auch für korrekt platzierte Einsätze.

Was passiert? Für gesteigerten Nervenkitzel sorgt der Risiko-Chip. Wer diesen setzt, kann im Erfolgsfall seinen Punktestand versiebenfachen - oder muss komplett wieder bei Null beginnen.
Dieser sehr mächtige Chip prägt das Geschehen: Da nur ohnehin sieben Runden (= sieben Fragen und Antworten) gespielt werden, ist es kein besonderes Drama, alle Punkte zu verjubeln. Und wer kurz vor Schluss nicht vorne liegt, aber trotzdem noch gewinnen will, muss zwangsläufig auf Risiko spielen. So ähnelt sich der Ablauf von Spiel zu Spiel immer mehr: Erst mit Streuwetten ein Punktekonto ansammeln, dann den richtigen Moment abpassen, um alles auf eine Karte zu setzen.

Was taugt es? Quizspiele haben in den vergangenen Jahren einen Sprung nach vorn gemacht. Auch GAMBIT 7 macht mehr Spaß als ein klassisch-monotoner Frage- und Antwortreigen. Allerdings wurde aus der fetzigen Grundidee hier redaktionell noch nicht alles herausgeholt.
Einige Fragen sind zu leicht und hemmen den Spielspaß. Wenn mehrere Spieler die Lösung wissen, entfällt nämlich das Zocken. Auch Regelunklarheiten und Materialmängel (empfindliche Stifte, labbrige Schachtel) fallen hier negativ auf.

GAMBIT 7 nach einer Idee von Dominic Crapuchettes für drei bis sieben Spieler, Days of Wonder.

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Samstag, 15. August 2009

Im Wandel der Zeiten

Warnung: IM WANDEL DER ZEITEN dauert Stunden. - Drei? Vier? Fünf? Vielleicht sogar sechs? Je nach Spielrunde. Selbst bei Schnellspielern sind Wartezeiten unvermeidlich; Tüftler im Optimierungswahn können die Atmosphäre am Tisch ganz schnell langsam vergiften.
Als zusätzlichen Härtetest enthält der Mechanismus destruktive Komponenten, deren bisweilen krasse Folgen nicht nur sensible Gemüter frustrieren. Vielleicht wäre es also besser, etwas anderes zu spielen...
Der Haken daran: Nein, es ist leider nicht besser, etwas anderes zu spielen. IM WANDEL DER ZEITEN macht zu viel Spaß, um es sich entgehen zu lassen.

Wie geht IM WANDEL DER ZEITEN? Das Spiel unternimmt den originellen Versuch, die menschliche Zivilisationsgeschichte von der Antike bis in die Moderne zu erzählen, ohne dabei auf die obligatorische Landkarte zurückzugreifen. Jeder spielt auf seinem eigenen Tableau. Karten symbolisieren technologische Errungenschaften, Anführer oder Bauten. Gelbe Pöppel sind Arbeiter, blaue sind Rohstoffe.
In den Kartenvorräten der Bank ist nicht alles für alle da. Jeder Spieler wird zwangsläufig irgendwo Schwächen haben: zu wenig Arbeiter, zu wenig Rohstoffe, zu wenig Fortschritt, zu wenig Militärstärke. Da die Karten überdies in zufälliger Reihenfolge ins Spiel kommen, kann es passieren, dass der Lieblings-Anführer erst spät auftaucht oder dass einem die erhofften Technologien vor der Nase weggeschnappt werden. Dies zwingt zu einer flexiblen Spielweise.

Was passiert? Es wird ganz viel optimiert. Jedem stehen nur wenige Aktionen pro Zug zur Verfügung, wodurch man gefühlt immer viel weniger tun kann als gewünscht. Zudem fehlt es dauernd an Material, und wenn man mal versucht, etwas anzuhäufen, kommt es noch schlimmer: Je mehr gelbe und blaue Pöppel in Benutzung sind, desto größer die Verluste durch Hunger und Korruption. - Wer Freude daran hat, etwas zu managen, was sich nie hundertprozentig in den Griff bekommen lässt, ist hier genau richtig.

Was taugt es? Gerade das Epische an IM WANDEL DER ZEITEN fasziniert so sehr. Man startet klein und bescheiden und arbeitet sich schrittweise nach oben. Damit sich dieses Gefühl einstellen kann, darf IM WANDEL DER ZEITEN gar nicht allzu viel schneller gehen.
Von einer Partie zu viert rate ich allerdings ab. Das Spiel wird in dieser Besetzung nicht besser, doch statt einem oder zwei muss ich nun gleich drei Leuten beim Hin- und Herschieben ihrer Klötzchen zuschauen.
Auch spiele ich nicht so gern die kriegerische Vollversion. Hier wird einiges an Material und Zeit verpulvert, um am Ende doch nur ein Gleichgewicht des Schreckens herzustellen. Verweigert sich jemand dem Aufrüstungswahnsinn, bekommt er eins auf den Deckel und verliert nun nachträglich Material und Zeit, um den Rückschlag wieder aufzuholen.
Andererseits wird ein Teil der Karten im Weltfrieden uninteressanter oder komplett wertlos. Ewiges Leben oder Sofortrente für mich und meine Mitspieler vorausgesetzt, könnte ich ein paar Partien mehr spielen und würde dann ohne Rücksicht auf Zeitersparnis immer Spiel „mit scharf“ wählen.
IM WANDEL DER ZEITEN ist sehr gut ausgetüftelt. Im Grundablauf gibt es keine komplizierten Sonderregeln. Alles Weitere geht dann aus den Karten hervor. Über viele Partien hinweg gibt es Neues zu entdecken und auszuprobieren. Bauten und Technologien, die anfangs schwach erscheinen, offenbaren bei fortgeschrittener Spielweise plötzlich ihre Stärke.

IM WANDEL DER ZEITEN von Vlaada Chvátil für zwei bis vier Spieler, Pegasus.


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Freitag, 7. August 2009

Bombay

Von YS über CAYLUS bis METROPOLYS hat Ystari Games zur Genüge bewiesen: Das Segment der etwas anspruchsvolleren Spiele liegt ihnen. BOMBAY scheint nun der Versuch eines so genannten „Familienspiels“ zu sein, und wir sehen: Gerade das Leichte ist am Ende doch das Schwierige!

Wie geht BOMBAY? Die Spieler scheuchen ihre Elefanten quer durch Indien. In Handelsstationen laden sie Seidenballen auf, in Städten verkaufen sie den Krempel wieder. Je länger die entsprechende Ware nicht angeliefert wurde, desto höher der Preis. Am Ende gewinnt der Spieler mit dem meisten Geld, doch zwischendurch ist eine andere Ressource noch wichtiger: der Aktionspunkt.
Ganze drei Pünktchen stehen pro Zug zur Verfügung. Fürs Herumziehen und Auf- und Abladen sind sie ruckzuck verbraucht. Jeder durch Fehlplanung verschenkte Punkt ist ärgerlich.
Als zusätzliche Wertungs-Ebene kommen noch Städte-Marken (Ziel: viele verschiedene haben) und Kunden-Chips (Ziel: Mehrheitswertung) ins Spiel. Und als alternative Geldquelle können Spieler ihre Seidenballen auch unterwegs abwerfen, worauf an Ort und Stelle ein Palast aus dem Boden sprießt. Fremde Elefanten, die an Palästen vorbeitrampeln, zahlen Zoll.

Was passiert? Dank hervorragend gemachter Piktogramme auf den Sichtschirmen fällt das Regellernen überraschend leicht. Und überraschend flott verläuft das Spiel. Gefühlt sogar zu flott: Wegen der Reduktion auf viele kleine Teilschritte flutscht BOMBAY zwar ganz wunderbar, doch flutscht es an den Spielern vorbei, denn offenbar wurde im Reduktionsprozess auch gleich jegliche Atmosphäre aus den Abläufen herausdestilliert.

Was taugt es? BOMBAY setzt statt Thema auf Mechanik, und die Mechanik wiederum offenbart ihre Geheimnisse recht schnell. Exakt ebenso schnell gibt es dann auch keinen Grund mehr, das Spiel noch einmal auf den Tisch zu bringen. Guter Spielfluss allein ist kein gutes Argument.

BOMBAY von Cyril Demaegd für zwei bis fünf Spieler, Ystari.


54 % der Leser dieser Rezension lasen auch: Sylla
48 % lasen: Der Palast von Eschnapur
1 % lasen: Dino Detektive

Dienstag, 4. August 2009

Hier werden Sie nicht geholfen

Ach, die Menschen haben ja so fürchterlich viele Probleme! Und anscheinend keine Freunde, mit denen sie darüber reden können. Früher schrieb man in solchen Fällen ein paar anrührende Zeilen ins Tagebuch, heute wird die Suchmaschine angeworfen. Doch die weiß es natürlich auch nicht und schiebt die zerrütteten Existenzen irgendwelchen Bloggern zu. Sollen die sich doch drum kümmern.

Da möchte zum Beispiel jemand „dinosaurierknochen in münchen selbst graben“. – Ja, Spitzenidee! Aber dann machen Sie es doch auch selbst! Oder soll ich noch beschreiben, wo beim Spaten hinten und vorne ist?
Ein anderer sucht Hilfe beim „hängende gärten selbst bauen“. Für den Balkon? Oder darf´s noch ein bisschen mehr sein? Ein neues Weltwunder vielleicht? Das zu wissen wäre schon wichtig für meine Zeitplanung, also nächstes Mal bitte etwas mehr Präzision bei der Suchphrase.
Ein Dritter schließlich fragt: “was bedeutet enke?“ Keine Ahnung. Gegenfrage: Was erlauben Strunz?

Doch auch bei spielrelevanten Fragen ist REZENSIONEN FÜR MILLIONEN zugegebenermaßen nicht immer die richtige Adresse. „strategien beim tichu“ etwa... Hust, krächz, ja klar sind Andy und ich nahezu unbesiegbar, das hatte ich ja mal geschrieben, aber...
Themenwechsel: „race for the galaxy lernen“ – Hahahah! Man hat Sie hereingelegt! Ohne Jodel-Diplom ist das völlig unmöglich.
Und schließlich: „ubongo wie wird gespielt“, „ubongo extrem lösung“, „ubongo extreme lösung strategie“, „ubongo extrem forum“, „ubongo tip“ und so weiter und so weiter. – Ja, wie traurig ist das denn? Offenbar sitzen da völlig verzweifelte Menschen vor ihren UBONGO-Plättchen und können weder weiterspielen, noch weiterleben. – Das tut mir echt Leid, Leute, aber falsch verbunden. Hier ist nicht das UBONGO-Sorgentelefon.
Falls jedoch jemand da anruft: Ähm, Tableau 17... ob wohl wer für mich nachfragen könnte? Danke schön.

Freitag, 31. Juli 2009

Gern gespielt im Juli 2009

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?


DOMINION - DIE INTRIGE: Hier bin ich wirklich sehr flexibel und kompromissbereit. Wir können dieses Spiel entweder einzeln oder in Kombination mit...



... DOMINION spielen. Ganz wie meine Mitspieler es wünschen. Das Ende meiner unendlichen Kompromissbereitschaft ist erst dann erreicht, wenn jemand allen Ernstes weder das eine, noch das andere will!

DIE WILDEN FUSSBALLKERLE: 1 : 0 Deniz (89. Minute).




RACE FOR THE GALAXY - REBELLEN VS. IMPERIUM: Ich habe Zweifel, ob das Spiel die Option des Kriegführens wirklich braucht. Aber hey: Neue Karten! Hechel, gier...


IM WANDEL DER ZEITEN: Das wollte neulich nachts um eins tatsächlich niemand mehr erlernen. - Weicheier!



FILTHY RICH: Die Fläche des Buchladens ist genauso groß wie die von Granny´s Guns. Preisfrage: Welches Geschäft hat mindestens 500 Prozent mehr Kundschaft?


Donnerstag, 30. Juli 2009

Sylla

Der Gag mit dem obligatorischen „Y“ im Titel der Ystari-Spiele wirkt mittlerweile yberstrapaziert. Wenn den Machern für ihr Rom-Spiel tatsächlich nichts Besseres als SYLLA einfällt, obwohl der Diktator tendenziell wohl doch eher Sulla hieß und als vor unserer Zeitrechnung Gestorbener aller Wahrscheinlichkeit nach auch nichts mit Christen und ihrer Verfolgung zu tun gehabt haben kann, ist es entweder an der Zeit, ayurvedische Kreativ-Seminare mit Aromadusche und Kuschelkur zu belegen oder den Lieblings-Gag schlicht unter den Tisch fallen zu lassen.

Wie geht SYLLA? Die Spieler sammeln Siegpunkte, indem sie sich im Alten Rom um Demokratie, Gesundheit oder Muße verdient machen. Farbige Chips symbolisieren das Ausmaß der Profilierung in jedem dieser Bereiche. Wie viel jede Marke wert ist, hängt am Ende davon ab, welches Thema der Bevölkerung am Herzen liegt, und dies wiederum lässt sich manipulieren.
Zentrales Spielelement ist die wachsende Zahl von Gefolgsleuten, die jeder Politiker um sich schart (siehe Foto). Hauptsächlich dienen sie als Stimmvolk und entscheiden darüber, welcher Spieler bei Versteigerungen Bauwerke gewinnt, die ihm nun entweder Chips, Geld oder Siegpunkte einbringen. Doch jede Figur besitzt noch eine Zweitfunktion. Die kommt zum Tragen, wenn die Karte nicht zum Gebäudeerwerb eingesetzt wurde.
Vestalinnen beispielsweise verzögern oder beschleunigen kommende Ereignisse, die wiederum für manche Spieler harte Schicksalsschläge darstellen: Plünderungen verringern das Einkommen, die Christenverfolgung eliminiert gläubige Gefolgsleute, Kaiserkult lässt das Interesse an Demokratie ins Bodenlose sinken.

Was passiert? Sehr viel ist bei SYLLA miteinander verzahnt. Fast schon zu viel, denn langfristig planbar ist das Ganze kaum. Insbesondere die Regelung der Ereignisfolge täuscht mehr Machbarkeit vor als tatsächlich gegeben. Fast alles bei SYLLA beschränkt sich deshalb auf taktische Entscheidungen für den Augenblick.

Was taugt es? SYLLA würde vermutlich noch mehr Spaß machen, hätte man den Eindruck, einen großen Plan verfolgen zu können. Doch immerhin verläuft das Spiel sehr abwechslungsreich und unterhaltsam: Mal stürzt die Römische Republik in Anarchie, mal entsteht ein Vorzeigestaat mit blendendem Gesundheitswesen. Ein paar Partien lohnen sich schon, um zu erforschen, was alles passieren kann. Trotz yberflyssigem „Y“ also ein weiteres grundsolides Ystari-Spiel.

SYLLA von Dominique Ehrhard für drei bis vier Spieler, Ystari.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Montego Bay

Oho, Queen Games hat ein neues Schachtelformat ausgeheckt! Doch die Grafik wirkt so, als käme sie mit den geänderten Flächen noch nicht ganz zurecht: Der unattraktive Schriftzug ruiniert das Cover, und von der Seite lässt ein hellbrauner Grundton die Schachtel unattraktiv und billig wirken. Was deshalb tragisch ist, weil innen drin alles so schön aussieht wie eh und je.

Wie geht MONTEGO BAY? Jeder Spieler besitzt zwei Hafenarbeiter, die ihre Bewegung möglichst vor einem Lager mit vielen Rumfässern beenden sollten. Die ergatterten Fässer werden nach eigenem Gutdünken auf Schiffen verstaut. Alle voll beladen Schiffe legen sofort ab sowie bei Rundenende zusätzlich das am Kai vorderste. Sobald ein Schiff lostuckert, erfolgt eine Mehrheitswertung der geladenen Fässer.
Der eigentliche Witz ist der Figuren-Rundlauf. Geheim und gleichzeitig wird für jeden Mann erst die Zugweite festgelegt, anschließend rennen alle in einer vorher bekannten Reihenfolge los. Landet ein Arbeiter auf einem besetzten Feld, schubst er den Kollegen auf die gegenüber liegende Seite der Lagerhalle, wo dieser hoffentlich viel weniger, manchmal ärgerlicherweise aber auch mehr Fässer vorfindet.

Was passiert? Ein bisschen Zock, ein bisschen Berechnung, ein bisschen Erahnen, was die anderen wohl tun wollen - und ansonsten auf das Beste hoffen. Der Bewegungs-Mechanismus passt zu einem kleinen, flockigen Spiel. Ganz rund wirkt der Ablauf allerdings nicht, denn für die Zuletzt-Ziehenden ergeben sich bisweilen dröge Blockade-Situationen.
Und offenbar erschien den Machern "klein und flockig" als nicht ausreichend und es sollte unbedingt noch eine bodenständige Zutat mit hinein. Tja, und was könnte nun bodenständiger sein als die gute alte Mehrheitsgeschichte...?
Das Herumtaktieren mit den Fässern ist nicht besonders interessant, passt nicht stimmig ins Geschehen und nimmt dem restlichen Spiel viel Wind aus den Segeln. Ebenso halbfertig wirkt auch „Lazy Jack“. Die Spezialfigur soll ein wenig ausgleichende Gerechtigkeit schaffen, doch Regel- und Material-Aufwand stehen in keinem rechten Verhältnis zum Effekt.

Was taugt es? MONTEGO BAY ist weder Fisch noch Fleisch. In der riesengroßen Schachtel steckt vergleichsweise wenig Spiel. Insofern ist die Sache mit der Cover-Optik dann eigentlich auch wieder egal. Aber schön, dass wir mal drüber geredet haben.

MONTEGO BAY von Michael Feldkötter für zwei bis vier Spieler, Queen Games.

Mittwoch, 15. Juli 2009

Valdora

Valdora ist ein dreckiges Fleckchen Erde. Unordentlich liegen auf den Wegen lauter Edelsteine herum, und wenn man nicht aufpasst, tritt man mitten rein. Igitt. Lobenswert also, dass sich eine Handvoll unerschrockener Abenteurer der Straßenreinigung annimmt. Doch mal eben so mit dem Kehrbesen geht das hier nicht. Gemäß Sondermüllverordnung (und Spielregel) benötigen wir Spezialwerkzeuge, um die Klunker aufzuheben. Und anschließend kommen die Steinchen nicht einfach auf die Deponie, sondern zu ausgeschilderten Sammelstellen.

Wie geht VALDORA? Gemäß ihrer Aufträge schleppen die Spieler Edelsteine von hier nach dort und gewinnen dafür Punkte. Jeder besitzt dieselbe Anzahl Züge, deshalb kommt es darauf an, die Tour zu optimieren. Wer größere Transportkapazitäten hat, kann mehr Edelsteine zugleich auflesen. Wer mehrere Aufträge gleichzeitig erledigt, spart Wege.
Laderaum und Aufträge gibt es in den Städten. Dort befinden sich die so genannten Kataloge: Dies sind Kartenstapel zum Umblättern und erstes von zwei interessanten Spielelementen. Das Umblättern kostet Geld. Nur sichtbare Karten dürfen gekauft werden.
Das zweite interessante Element ist das Punkte-Bonus-System. Wer Edelsteine abliefert, bekommt ein Plättchen derselben Farbe. Viele verschiedene Plättchen zu sammeln bringt besonders viele Punkte. Es gibt da jedoch einen Trick, der mit der kreisförmigen Anordnung der Plättchen im Bankvorrat zu tun hat: Ist eine Sorte aufgebraucht, bekommt man ersatzhalber eins von der im Uhrzeigersinn nächsten. (Beispiel siehe Foto unten: Wer ständig blau abliefert, bekommt trotzdem irgendwann Plättchen in Grün.)

Was passiert? Bis auf das Blättern in den Katalogen geht bei VALDORA alles ruckizucki. Und trotzdem steckt einiges drin und es lohnt sich, über mögliche Strategien nachzudenken: Wie viele Transportmittel sollte ich besitzen? Wie organisiere ich die elegante Plättchenabgreife? Gehe ich besser auf wenige schwere oder viele leichte Aufträge...?

Was taugt es? Das ist alles so weit ganz prima, und schön gestaltet ist VALDORA außerdem. Nachdem ein paar Dinge ausprobiert sind, sinkt der anfängliche Reiz allerdings ab. Die Abläufe sind zu abstrakt, um auch emotional zu berühren und so den Wunsch nach immer mehr zu wecken. Besser als Mittelmaß ist VALDORA auf alle Fälle, rundum super aber auch nicht.

VALDORA von Michael Schacht für drei bis fünf Spieler, Abacusspiele.